Ohrid See - der See der lebenden Fossilien
- Geschrieben von Portal Editor
Gemeinsam mit dem Baikal See und dem Tanganjika See zählt der Ohrid See in Albanien bzw. Mazedonien zu den ältesten aber auch zu faszinierendsten Seen unserer Welt.
Von den Eiszeiten, die teilweise ganz Europa bedeckten, kaum betroffen, entwickelte sich im Ohrid See eine Tierwelt mit bis heute entstandenen 146 endemischen Arten einzigartig.
Mehrfach sind wir mit unserem Kanu auf den Ohrid See hinaus gerudert, hatten uns in die Schilfgebiete "eingeschlichen" um Wasservögel oder die hier ansässigen Wasserschlangen zu beobachten. Durch den oftmals vorhandenen sanften Wind bewegte sich das Schilf unter leichter Geräuschentwicklung stetig, trotzdem ist es sehr schwierig an die scheuen Wasservögel wie Komoran und Reiher heran zu kommen. Enten lassen sich auf dem See treiben, dann und wann verschwindet ein Blässhuhn im Schilf. Auch einige Schwäne haben sich angesiedelt. Eine Idylle, die es nicht mehr so oft gibt auf dieser Welt.
Wenn man von Albanien kommend Richtung Ohrid See und Pogradec fährt, ist der See bereits von der Passhöhe Quafe Thane auf 960 Meter aus in seiner gesamten Ausdehnung gut zu erkennen, die Wasserfläche von 350 Quadratkilometern ist im Vergleich mit der des Neusiedlersees unwesentlich größer. Mit einer Tiefe von bis zu 289 Metern liegt der „Liqeni i Ohrit“, wie der See auf albanischer Seite genannt wird, allerdings im Ranking der europäischen Binnengewässer weit vorn.
Wie Eingangs erwähnt, zählt der Ohrid See zu den ältesten Seen der Welt. Die sein Alter betreffenden Schätzungen schwanken zwischen zwei und fünf Millionen Jahren. Mit wesentlich präziseren Informationen als die Geologen warten die Archäologen auf. Die Halbinsel, die heute das malerisch gelegene, albanische Dorf Lin beherbergt, ist zumindest seit der Eisenzeit besiedelt. Zu den ältesten kunstgeschichtlichen Zeugnissen zählen die Fußbodenmosaike der dortigen frühchristlichen Basilika aus dem 6. Jahrhundert.
Im Gegensatz zum reizvollen Lin weist die Stadt Pogradec kaum alte interessante Bausubstanz auf. Ein Streifzug durch die Märkte der albanischen Stadt, in der rund 40.000 Menschen leben, führt vor Augen, dass das Ohrid Wasser in der ansonsten trockenen Region einen intensiven Obst- und Gemüseanbau ermöglicht. Landwirtschaft stellt neben der Fischerei und dem Fremdenverkehr die wichtigste Erwerbsquelle der Bevölkerung dar. Apropos Tourismus, Enver Hoxha pflegte sich von den "Strapazen" seiner Tätigkeit als Diktator am Ufer des Ohrid Sees zu erholen, und zwar im Ort Tushëmisht am südlichen Seeufer unmittelbar vor der Grenze zu Makedonien. Eine Vielzahl an unansehnlichen Betonbunkern erinnert auch hier heute noch an den von Paranoia getriebenen Politiker.
Etwa zwei Drittel des Ohrid Sees befinden sich auf mazedonischem Staatsgebiet, wobei Ohrid sowohl wirtschaftlich als auch touristisch als Zentrum fungiert. Die direkt am Seeufer gelegene und von der Samuel-Festung überragte Stadt zählt zu den schönsten des Balkans und wartet auch mit vielen Sehenswürdigkeiten wie dem malerischen Altstadtviertel, einigen Kirchen aus dem frühen Mittelalter, einem römischen Theater sowie mehreren Moscheen und Museen auf.
Die interessantesten Zeugen der frühen christlichen Kultur der Region lassen den Weg an das der Stadt Ohrid gegenüberliegende Ufer als lohnenswert erscheinen. Zwischen Struga und Radozda klammern sich einige winzige Kirchen Adlerhorsten gleich an die steil aufragenden Felsen. Am eindrucksvollsten: Sveti Atanas bei Stenje mit Fresken aus dem späten 14. Jahrhundert und einer einfachen mit Schnitzarbeiten verzierten Ikonostase sowie Sveti Arhangel Mihail in Radozda. Diese mehr als 700 Jahre alte Felsenkirche ist mit Fresken aus den verschiedensten Epochen geschmückt. Die ältesten Wandbilder – davon ein Porträt des Erzengels – stammen aus dem 13. Jahrhundert, während jüngere Schichten mit farbkräftiger wirkenden Fresken aus dem 15. und 16. Jahrhundert aufwarten.
Kultur macht hungrig und das Ufer des Ohrid Sees bietet sich geradezu für ein Picknick an. Davon lässt sich eine kleine Schlange nicht beirren und schwimmt keine zwei Meter an den pausierenden Reisenden vorbei. Ob es sich um ein endemisches Reptil handelt? Ursache für die Konzentration an nirgendwo anders vorkommenden Tieren ist der Umstand, dass der See nie vergletschert war und damit unbeschadet an der Eiszeit vorbeischrammte. Der Ohrid wird deshalb auch als „Museum der lebenden Fossilien“ bezeichnet.
Etwas kurios mutet der Umstand an, dass das Gewässer ohne wesentlichen Zufluss das Auslangen findet. Der See wird durch Quellen gespeist, wobei sich die wichtigste bei Sveti Naum befindet. Hier beginnt sich nach Sonnenuntergang der Wasserspiegel in mannigfaltigen Rottönen zu verfärben. Draußen auf dem See geht noch ein einziger Fischer seinem Handwerk nach und holt Netze ein – in der Hoffnung, dass darin ein Exemplar der berühmten Ohrid-Forelle zappeln möge. Die endemische Fischart ist zwar vom Aussterben bedroht, wird aber dennoch rund um den See als Delikatesse geschätzt und in diversen Restaurants allem Artenschutz zum Trotz angeboten.
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