Wanderung durchs Neandertal – entlang der Düssel
Wer hat nicht schon einmal vom Neandertal gehört, dem so bedeutenden Fundort der Überreste unseres menschlichen Vorgängers homo sapiens neandertalensis so weit im Norden, konfrontiert mit den Eiszeiten und kargen Lebensumständen.
Natürlich war das Zwischenziel auch das modern gestaltete Museum zur menschlichen Entwicklungsgeschichte, aber dazu später mehr. Zunächst wollten wir während eines ausgedehnten Spaziergangs rund um das Tal erste Eindrücke gewinnen.
Das Neandertal war früher eine knapp ein Kilometer lange und etwa 50 Meter tiefe enge Schlucht im mitteldevonischen Kalkstein mit teils überhängenden Wänden, Wasserfällen, vielen kleineren Höhlen und großem Artenreichtum.
In der Hügellandschaft des Niederbergischen, einer Fastebene mit eingeschnittenen Bachtälern, war ein derartig enges Felsental eine für die damalige Bevölkerung ungekannte, fremdartige Erscheinung, weshalb sie mitunter sogar mit der Graubündener Schlucht Viamala verglichen wurde.
Trotz zahlreicher erhaltener Naturstudien, unter anderem von Schülern der Düsseldorfer Malerschule, und einiger Fotografien früher Abbauzustände liegt die damalige Topographie der Schlucht bis heute großenteils im Dunklen.
Die ursprüngliche, einst weithin bekannte Schlucht von knapp einem Kilometer Länge wurde im 19. Jahrhundert leider durch den Abbau von Kalkstein vollständig zerstört.
Unmittelbar danach erlangte das Neandertal weltweit Berühmtheit durch den Fund fossiler Überreste eines Urzeitmenschen aus dem Pleistozän, der als Neanderthaler Namensgeber dieser Spezies wurde.
War das Tal vom Bau der ersten westdeutschen Eisenbahnlinie von Düsseldorf nach Erkrath noch nicht unmittelbar betroffen, so veränderte der 1849 einsetzende industrielle Kalksteinabbau das Tal vollständig.
Von den ursprünglichen Kalkfelsen war hiernach nichts mehr zu sehen, da sämtliche Gesteinsformationen und Höhlen innerhalb von weniger als 100 Jahren dem Kalksteinabbau komplett zum Opfer gefallen waren.
Nur der sogenannte Rabenstein, eine Felsnase unmittelbar an der Straße und am Eingang zum Fundort des Neandertalers, ist übriggeblieben.
Die nahezu gesamte Zerstörung der ursprünglichen Natur erregte schon zu damaliger Zeit Kritik:
„Noch steht unangetastet die Neanderhöhle, ebenso sprudelt noch immer die kleine Quelle herab. Es ist dies ein kleiner, aber der schönste Theil. Die dortige Aktiengesellschaft, welcher das Ganze gehört, hat bis heute entweder in heiliger Scheu, doch ein solches Naturwerk anzutasten oder aus liebenswürdiger Geneigtheit für ein naturliebendes Publikum diese Schönheit unangetastet stehen lassen. […] In wenigen Jahren wird auch die bisher respektierte Formation der Sprengung zum Opfer fallen. Dann werden spätere Generationen es nicht begreifen, ja für unglaublich halten können, wie eine gewöhnliche Kalkindustrie solche berühmten Stätten zerstören konnte.“
– Mettmanner Zeitung 1887
Heute stehen an der Stelle, wo sich einst die Höhle mit dem Fundort des Skeletts des Neandertalers befand nur noch einige Vermessungsstangen, die den ungefähren Standort der Höhle wiedergeben – allerdings etwa 20 Meter über dem heutigen Geländeniveau (so erläutert uns der Parkguide).
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