Der jüdische Friedhof in Rödelsee am Schwanberg
- Geschrieben von Portal Editor
Während des vergangenen Jahres waren wir während eines Besuchs in Kitzingen auch auf den nahe liegenden Schwanberg gefahren, um einige Fotos von den Weinstöcken und der umgebenden Landschaft zu machen.
Der hoch gelegene Standort hatte unseren Blick auch auf ein mit einer Mauer umgebenes, großes Gelände ermöglicht, dass, wie wir später erfuhren, ein jüdischer Friedhof ist. Unser Interesse wurde noch verstärkt, als wir erste Informationen über diesen jüdischen Friedhof, der als einer der größten in Bayern gilt, zusammen tragen konnten.
Wir wollten also die erneute Anwesenheit in Kitzingen nutzen, auch den jüdischen Friedhof aufzusuchen. Von Rödelsee aus verließen wir den Ort über die alte Iphöfer Straße, fahren dann etwas nach links und biegen dann auf den nächsten betonierten Weg nach rechts ab. Etwa auf Höhe des Friedhofs führt ein Fahrweg direkt zum Eingangsbereich, der jedoch nicht ganz erreicht wird. Etwa 200 Meter vorher sollte das Fahrzeug geparkt werden und der Rest des Weges zu Fuß zurück gelegt werden.
Rödelseer jüdische Friedhof wurde die zentrale Begräbnisstätte
Heute ist der Friedhof im Besitz der israelitischen Kultusgemeinde und wird von München aus verwaltet. Das Betreten des Friedhofs geschieht auf eigene Gefahr, zu locker sitzen einige Grabsteine aufgrund von Verwitterung und Stürmen in ihren Fundamente, so das sie leicht umfallen können.
Bereits vor und während der NS-Zeit wurde der Friedhof mehrfach geschändet (Zeitungsartikel belegen das Jahr 1929, 1932, 1936). Bei Novemberpogrom 1938 wurde das kleine Taharahäuschen gar in Brand gesetzt. 1950 wurde es endgültig abgebrochen. Der Waschstein aus dem Taharahaus wurde 1950 als Gedenkstein unfunktioniert und mitten im Gelände aufgestellt. 1981 wurde allerdings auch dieser zerstört. 1983 ist ein neuer Gedenkstein zur Erinnerung an die in der NS-Zeit umgekommenen Juden aus Rödelsee und Umgebung aufgestellt worden.
Geschichtlicher Abriss
1432 und 1526 Erste Erwähnungen des Friedhofs
1563 Wilhelm Moritz von Heßberg bewilligt Friedhof ,,am Steig". (Erste urkundliche Erwähnung)
1602 Friedrich Albert von Heßberg bewilligt den Bau einer Mauer und eines Leichenhauses für die rituelle Leichenwäsche.
1614 Erweiterung des Friedhofs
19. Jhd. Erneute Erweiterung
um 1920 Anlage eines Ehrenmals für jüdische Gefallene des Friedhofsbezirks
1929/1932/1936 Friedhofsschändungen
10.11.1938 SS-Leute stecken die Leichenhalle in Brand
1939 Grabsteine werden umgestoßen und zerstört
1942 Schließung des Friedhofs
1945 Instandsetzungsarbeiten an Steinen und an der Mauer durch ehemals aktive Nationalsozialisten.
1950 Abriss der Ruine des Leichenhauses. Der Waschstein wird mit einer Inschrift versehen und als Gedenkstein aufgestellt.
1981 Unbekannte zerstörten den Gedenkstein.
Presseverlautbarungen aus dem 19. Jahrhundert
Der Bau einer neuen Friedhofshalle und die Renovierung des alten Taharahauses (1921)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. September 1921:
"Kitzingen, 15. August (1921). Auf dem laut Rentamtskataster 'seit urdenklichen Zeiten' bestehenden israelitischen Zentralfriedhofe in Rödelsee wurde es bisher als großer Missstand angesehen, dass bei Beerdigungen die üblichen Gebete und Nachrufe unter freiem Himmel stattfinden mussten; ebenso war das vielleicht mehrere hundert Jahre alte Häuschen, in welchem die rituellen Waschungen stattfinden, in einem sehr baufälligen Zustande. Durch eine sehr namhafte, großherzige Spende des Herrn Julius Klugmann aus New York und seiner Gattin Fränzi, welch ersterer aus dem zum Friedhofbezirke gehörigen Wiesenbronn stammt, war es möglich, einen zeitgemäßen, stattlichen Bau zu errichten, sowie das alte Häuschen gründlich zu renovieren. Die edlen Stifter haben sich ein großes Verdienst erworben und wurden durch eine an dem Gebäude angebrachte Erinnerungstafel deren Namen für alle Zeiten verewigt."
Berichte von der ersten Friedhofschändung im November 1929
Friedhofsschändung in Rödelsee (Quelle: CV-Zeitung vom 8.11.1929). In der Nacht vom 3. zum 4. November wurden auf dem israelitischen Bezirksfriedhof in Rödelsee bei Kitzingen elf Grabsteine umgeworfen und acht von ihnen in vandalischer Weise zertrümmert. Unter den vollständig zerstörten befindet sich auch das Grabdenkmal des Rabbiners Thalheimer aus Mainbernheim. Zu den geschändeten Gräbern gehören fünf Kindergräber. Die Fußspuren zeigen nach Mainbernheim. Da dort kürzlich eine rechtsradikale Versammlung abgehalten wurde, liegt die Vermutung nahe, dass die Tat eine Frucht dieser Hetze ist. Die Nachforschungen sind sofort energisch aufgenommen worden. Die Friedhofsverwaltung hat für die Ergreifung der Schuldigen 500 Mark Belohnung ausgesetzt.
Kitzingen (Quelle: Bayerische Israelitische Gemeindezeitung vom 15.11.1929).
Michael Schneeberger und Christian Reuther schrieben ein Buch über den Rödelseer Friedhof: "Nichts mehr zu sagen und nichts zu beweinen. Ein jüdischer Friedhof in Deutschland." DM 36,00, Edition Hentrich
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