Von Kitzingen über Nördlingen nach Augsburg
Die nächsten Tage unserer Vorbereitungstour wollen wir bei unseren Freunden Lydia und Georg in Kutzenhausen, einem kleinen Dorf in der Umgebung von Augsburg verbringen, die schon einige Male angerufen hatten und nach einem genauen Ankunftstermin fragten.
Auf dem Weg von Kitzingen fuhren wir bewusst nicht die BAB sondern wählten die Bundesstraße 25, die uns über den mittelalterlichen Ort Nördlingen und die Donau nach Kutzenhausen / Augsburg bringen sollte. Von Brita hatten wir einige Anregungen und Tipps erhalten, so das wir beschlossen, auch Nördlingen kurz aufzusuchen. Ergänzende Recherchen im Internet wiesen auf die Tatsache hin, das die heutige Region Nördlinger Ries einst von einem riesigen Meteoriten geschaffen wurde, der vor etwa 15 Millionen Jahren hier in die Alb eingeschlagen war. Noch heute sind die Kraterränder dieses etwa 23 bis 25 Kilometer im Durchmesser messenden Einschlagkraters gut zu erkennen, denn sie bilden die fast kreisrunde Einfassung um das Ries. Wie wir später feststellten ist das besonders gut vom Kirchturm „Daniel“ aus zu erkennen.
Bereits nach zweistündiger Fahrt erreichten wir Nördlingen, wo wir der Beschilderung bis in die Stadt hinein folgten. Auch ein Parkplatz unterhalb der Stadtmauer war schnell gefunden, so das wir mit unserem Rundgang beginnen konnten. Ähnlich wie schon in Rothenburg ob der Tauber ist auch die Stadtmauer von Nördlingen aus dem Jahr 1327 sehr gut erhalten und mit ihren fünf Toren in den Tortürmen, den elf weiteren Türmen und den Bastionen vermittelt sie einen tiefen Einblick in die Zeitgeschichte des Mittelalters, der durch den Rundweg auf dem hochgelegenen Wehrgangs noch verstärkt wird. Da wir in der Nähe des Berger Tors im Süden geparkt hatten, begannen wir auch hier unseren „Wehrgang“. Im Uhrzeigersinn folgte das Baldinger Tor, das Löpsinger Tor, wo wir auch dem Stadtmauermuseum einen Kurzbesuch abstatteten, dann folgte das Deininger Tor sowie das Reimlinger Tor. Im Stadtmauermuseum konnten wir auch erste weitere Informationen zum Meteoriteneinschlag erhalten, die uns auch den Kirch-Turm erklimmen ließen. Deutlich konnte man von oben den Umriss des Kraters bereits von hier aus erkennen. Interessant auch die alte Bastei, die in zwei Geschossen bis zu 10 Geschütze nebeneinander aufnehmen konnte und sehr gut erhalten ist. Mit Feilturm, Löwenturm, oberer Wasserturm, Backofentürmen, Spitzturm, unterer Wasserturm und Reißturm sollen die weiteren Turmbauten an dieser Stelle zumindest erwähnt werden. Ein typisch mittelalterliches Städtchen halt, das in seinem Kern erhalten geblieben ist.
Wir verließen dann den Wehrgang der Stadtmauer, denn der 90 Meter hohe Kirchturm der in den Jahren 1427 bis 1505 erbauten gotischen St. Georgs-Kirche lockte dann doch zu sehr. Der von den Einwohner liebevoll „Daniel“ genannte Kirchturm kann über abenteuerliche Stein- und Holztreppen bestiegen werden und eröffnet dem Besucher einen herrlichen Ausblick über die Stadt und vor allem das gesamte Ries so das jetzt der Kraterrand des Meteoriteneinschlags klar am Horizont zu erkennen ist. Etwa 90 Meter hoch und 360° Rundumblick erlaubten sogar den Blick in die Kinderstube eines Storchenpaares, das auf dem Dach eines Stadthauses gebrütet hatte. Die Kirche selbst stand unter Restaurationsarbeiten, so das die Besichtigung sehr kurz ausfiel.
Uns war bereits vom Turm aus der historische Marktplatz aufgefallen, den wir nun als nächstes aufsuchten. Da gerade eine Gruppe von Touristen hier einige Erläuterungen durch den anwesenden Stadtführer erhielt, schlossen wir uns kurz der Zuhörergruppe an und erfuhren so einwenig von der Geschichte des Marktwesens in Nördlingen, der einmal im Jahr für etwa 10 Tage eher als Messe zu bezeichnen war. Tuchhändler präsentierten hier in dem 1442 – 1444 entstandenen Brot- und Tanzhaus ihre Waren während im Obergeschoss gefeiert wurde. Eine Brücke verband das Gebäude mit dem 1363 erbauten Fachwerkhaus Metzig, das normalerweise den Metzgern als Verkaufsraum diente, zu Zeiten der Messe allerdings der Erweiterung der Verkaufsfläche der Tuchhändler diente. Gegenüber liegt das Gasthaus zur Sonne, das um 1350 als Unterkunft für „hohe“ Gäste erbaut wurde. Neben Kaiser Friedrich III und Maximilian I um 1500 herum logierte hier im Jahr 1548 Karl V. Auch Johann Wolfgang von Goethe war im Jahr 1788 Gast des „Gasthauses zur Sonne“.
Überhaupt kann auch Nördlingen und das Nördlinger Ries auf eine weit zurückreichende Besiedlung verweisen, die Spuren in der Ofnethöhle führen bis in das Spätpaläolithikum zurück. Weitere Funde bestätigen die Besiedlung während des Jungneolithikums, der Urnenfelderkultur, der Hallstatt- und auch der Latènekultur. Im Ortsteil Baldingen lag auch eine römische Villa, die auch ein Brandgräberfeld umfasste. Im Jahr 85 nach Christus entstand ein römisches Kastell mit ersten Ansiedlungen von Händlern im Süden der heutigen Stadt, das jedoch 259 / 260 während der Eroberungszüge der Alamannen wieder unterging. Mit dem Fund der Peutingertafel (Tabula Peutingeriana) wurde klar, das der Name der ersten Siedlung sehr wahrscheinlich Septemiacum war, ob das allerdings genau die Siedlung um das Kastell betraf, bleibt unklar, denn im Stadtteil Holheim wurde auch ein römischer Gutshof ausgegraben. Diese mit Villa rustica bezeichneten Höfe waren immer ein deutliches Anzeichen römischer Siedlungen, denn sie dienten der Versorgung. Die Ausgrabung der Villa rustica kann ebenfalls besichtigt werden, was unseren Zeitplan allerdings heute gesprengt hätte.
Wir hatten dann doch ein wenig die Orientierung hinsichtlich des Parkplatzes unseres Autos verloren und waren der Stadtmauer zu weit gefolgt. Dies hatte aber den Vorteil, das wir damit den kompletten Wehrgang abgelaufen waren. Doch schon etwas geschafft setzten wir dann den Weg nach Kutzenhausen fort, der nach weiteren 2 Stunden Autofahrt erreicht war. Georg erwartete uns schon am wunderschön gelegenen Haus inmitten der Idylle von Wiesen und Wald. Er begleitete uns in unser „home“ der nächsten Tage, das gleichzeitig auch sein ganz persönlich, privater Übungsraum für das Einstudieren neuer Musikstücke im Rahmen seiner Band Backdoor Connection bildet und so auf gewisse Weise eher einem Tonstudio gleicht.
Jedenfalls gibt es eine Reihe verschiedenster Gitarren, die als Wandschmuck platziert sind genauso wie 2 riesige PC Monitore mit Zubehör wo ein „echtes Studio“ in Form der entsprechenden Profisoftware installiert ist. Noch am Abend wohnten wir einem einstündigen Solokonzert als Fingerübung bei.
Später am Abend wurde im Garten gegrillt und ein kühles Blondes, zumindest für meine Frau und Georg, ließen den Abend gelassen ausklingen.
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