Salzgewinnung Bad Kissingen - Gradierwerk im Park
- Geschrieben von Portal Editor
Über 1 000 Jahre lang wurde in Bad Kissingen Salz gewonnen – davon zeugt noch heute das imposante Gradierwerk, das wir gegen Abend besuchen konnten.
Als Teil der ehemaligen Salzgewinnungsanlagen diente diese aufwendige Holzkonstruktion der Verdunstung des Wassers zur Konzentration der Salzlösung. Durch sie konnte der eher niedrige Salzgehalt der Kissinger Natursole deutlich erhöht werden. 1968 wurde die Salzgewinnung in Bad Kissingen zwar eingestellt, seitdem spielt das Gradierwerk jedoch eine wichtige Rolle bei der Soleinhalation, sprich dem Bädertourismus.
Am Standort der heutigen Unteren Saline ist bereits für das Jahr 823 die Existenz einer superioris salina bekannt; der hier ebenfalls befindliche Reiche Brunnen ist bereits für die karolingische Zeit und das Mittelalter verbürgt. Die umgebende Landschaft zeigt fast parkähnlichen Charakter und lädt zu ausgiebigen Spaziergängen bis in die Innenstadt von Bad Kissingen ein. 1562 entstand hier das erste Gradierwerk – eine technische Innovation, die sich in kurzer Zeit über ganz Europa verbreitete. Die dazu gehörige Ausstellung „Salz und Salzgewinnung“ im Museum Obere Saline führt interessierte Besucher in die Welt des weißen Goldes und zeigt, wie Sole, Salz und die Heilquellen die wirtschaftliche Entwicklung Bad Kissingens beförderten.
Seit Beginn des 16. Jahrhunderts sind Kissinger Kurgäste sogar namentlich überliefert. Die Anfänge und Geschichte des Heilbades Kissingen, die Heilquellen und die Kurmedizin werden in der Abteilung des Museums „Heilbad Kissingen“ dargestellt.
Entwicklung durch K. Seiler und B. Holzschuhmacher
In die Holzbalken des Gradierwerkes sind auch heute noch Schwarzdornbündel eingearbeitet, an denen die Sole herabrieselt und wobei ein Teil des Wasser verdunstet. Dabei gelangen geringe Mengen gereinigter Salzteilchen in die Luft und erzeugen rund um das Gradierwerk ein gesundheitsförderndes Mikroklima. In seiner Wirkung ähnelt es dem Klima an der Nordsee. Eine bewusste Inhalation kann dazu beitragen, die Atemwege zu reinigen, die Lungenfunktion zu regenerieren und das Immunsystem zu stärken.
Salzhaus gegenüber der Unteren Saline.
Nach einem Erliegen der Salzproduktion durch den Dreißigjährigen Krieg bemühte sich Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn-Buchheim 1655 um deren Neubelebung. Er ließ die Quellen reinigen und die Sudanlagen wieder herrichten. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde gegenüber der Unteren Saline das zugehörige, als Gutsolereservoir dienende Salzhaus errichtet; es beherbergt zwei große Solebecken. Zur gleichen Zeit entstanden zwischen Oberer Saline und Unterer Saline zwei langgestreckte Gradierwerke, die im Lauf der Zeit je nach Bedarf mehrfach in Stand gesetzt wurden.
Ein erstes, turbinenbetriebenes Pumpwerk an der Unteren Saline entstand 1848; ein weiteres in den Fachwerkhäuschen installiertes Pumpwerk folgte 1883. Im Jahr 1867 wurden nach Einstellung der Salzgewinnung die je nach Bedarf immer wieder in Stand gesetzten Gradierwerke bis auf wenige Reste abgerissen; einziger erhaltener Rest des zur Unteren Saline gehörenden Gradierwerks ist der Wasserturm.
Nach Erliegen des Reichen Brunnens bekam die Untere Saline eine neue Bedeutung, als man die heilende Wirkung von Salz erkannte. Die noch erhaltenen Reste des Gradierwerks wurden verstärkt zum Inhalieren von Salzluft genutzt; in den Jahren 1994/1995 erfolgten ein Abriss und teilweiser Neubau der Gradierwerke. Im Jahr 1837 errichtete Architekt Friedrich von Gärtner eine gusseiserne Soleleitung nach Kissingen, die bis zum ehemaligen Solereservoir in der Salinenstraße 8 reichte.
Zeugen der Vergangenheit in der Umgebung des Gradierwerks
Im Jahr 1841 entstand über dem Solesprudel das Salinenbad. Es bestand aus Badekabinetten entlang eines Mittelflurs und wurde mehrfach (etwa 1862–1863 und 1875–1876) umgestaltet. Bereits 1850–1852 war der Anbau eines Logierhauses erfolgt. Das Salinenbad verfügte über ein Kaiserbad am Südende sowie über ein für Reichskanzler Otto von Bismarck eingerichtetes Fürstenbad. Im Jahre 1965 wurde das Salinenbad für den Bau der inzwischen nicht mehr existenten Heinz-Kalk-Klinik abgerissen.
Gemeinsam mit dem Salinenbad entstand, ebenfalls 1841, neben dem Gradierwerk das Salinen-Café. Es entwickelte sich aus kleinen Anfängen, die zunächst unter anderem Selbstbedienung vorsahen, zu einer Ausflugsgaststätte mit Gartenbetrieb. Auf Grund seiner Fachwerkbauweise mit großzügiger Verglasung erhielt es im 19. Jahrhundert die Bezeichnung „Glaspavillon“. Die um das Hauptgebäude befindlichen Lauben wurden wegen der Korkauskleidung ihres Holzwerks als „Rindencafé“ bezeichnet. Zwischen Salinen-Café und Gradierwerk befand sich der Musikpavillon. Als das Salinenbad seinen Betrieb einstellte, gab es keinen Zulauf für das Salinencafé mehr, so dass es 1964 abgerissen wurde.
Durch eine Gefährdung des zur Unteren Saline gehörenden Runden Brunnens durch die bisherige Hausener Abwasserentsorgung (das Abwasser wurde in den Nüdlinger Bach, in den Mühlbach sowie in die Fränkische Saale geleitet) wurde im Jahr 1953 mit Planungen begonnen, ein Kanalisationssystem in Hausen einzurichten. Es wurde in Erwägung gezogen, eine eigene Kläranlage für Hausen einzurichten oder den Ort an die Bad Kissinger Kanalisation anzuschließen; doch fiel die Wahl auf letztere Variante. Das Projekt wurde ab 1969/70 umgesetzt und kam 1974/75 – beschleunigt von der zwischenzeitlichen Gemeindegebietsreform von 1972 – mit den letzten Maßnahmen zum kompletten Kanalisationsanschluss an Bad Kissingen zum Abschluss.
Im Jahr 1994 beginnt mit Gesamtkosten in Höhe von 1,7 Millionen DM der Neubau des im Vorjahr abgerissenen Nordflügel des Gradierwerks; ebenfalls 1994 wurde der Südflügel unter Erhaltung der Fundamente abgerissen (Kosten: 360.000 DM). Im Jahr 1998 folgte wegen Baufälligkeit der Abriss des Treppenturms (Kosten: 1,6 Millionen DM).
Neben einer Neubohrung des Schönbornsprudels findet seit dem Winter 2010 ein Bauprojekt zur Erneuerung der Wasserleitungen statt, die auch die Wasserleitung des Runden Brunnens beinhaltet; die Bauarbeiten sollen 2012 beendet sein. Eine Generalsanierung des Runden Brunnens ist, wie eine Untersuchung durch das Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen ergab, jedoch nicht erforderlich.
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