Warften, Wurten und Hallig - uralte Siedlungshügel
- Geschrieben von Portal Editor
Nicht zu Unrecht behauptet man vom hohen Norden, das Land sei so "platt", das man am Freitag schon sehen könnte, wer am Sonntag zu Besuch kommt.
Eine interessante Formulierung, die sicherlich, wie viele Sprüche in unserem täglichen Sprachgebrauch, auch ein Quäntchen Wahrheit enthalten werden.
Schutz von Menschen und Tieren bei Sturmfluten
Archäologische Untersuchungen von Warften und Wurten
„Gesehen haben wir im Norden die Völkerschaften der Chauken, die die größeren und die kleineren heißen. In großartiger Bewegung ergießt sich dort zweimal im Zeitraum eines jeden Tages und einer jeden Nacht das Meer über eine unendliche Fläche und offenbart einen ewigen Streit der Natur in einer Gegend, in der es zweifelhaft ist, ob sie zum Land oder zum Meer gehört. Dort bewohnt ein beklagenswertes Volk hohe Erdhügel, die mit den Händen nach dem Maß der höchsten Flut errichtet sind. In ihren erbauten Hütten gleichen sie Seefahrern, wenn das Wasser das sie umgebende Land bedeckt, und Schiffbrüchigen, wenn es zurückgewichen ist und ihre Hütten gleich gestrandeten Schiffen allein dort liegen. Von ihren Hütten aus machen sie Jagd auf zurückgebliebene Fische. Ihnen ist es nicht vergönnt, Vieh zu halten wie ihre Nachbarn, ja nicht einmal mit wilden Tieren zu kämpfen, da jedes Buschwerk fehlt. Aus Schilfgras und Binsen flechten sie Stricke, um Netze für die Fischerei daraus zu machen. Und indem sie den mit den Händen ergriffenen Schlamm mehr im Winde als in der Sonne trocknen, erwärmen sie ihre Speise und die vom Nordwind erstarrten Glieder durch Erde (damit ist die Nutzung von Torf als Brennmaterial gemeint). Zum Trinken dient ihnen nur Regenwasser, das im Vorhof des Hauses in Gruben gesammelt wird.“ – Plinius: Naturalis historia XVI 1, 2-4
Nordwestdeutsche Seemarschen in Meeresnähe als erste Siedlungen
Erste Warften entstanden, die meist aus Mist und Klei in Kreisform errichtet wurden, auf die dann das Wohngebäude aufgesetzt wurde. Meist nur etwa einem Meter über Geländeniveau hoch, boten diese Erdhügel zumindest einen gewissen Schutz vor dem Hochwasser. Durch die weitere Erhöhung entstanden Hof- oder auch Kernwurten verstreut entlang der Meeresküste. Aus dem Zusammenschluss mehrerer Einzelhügel zu einer Dorfwurt bildeten sich im 2. und 3. Jahrhundert nach Christus größere Wurtendörfer auf meist um 4 Meter erhöhten Flächen gegenüber dem Umland heraus.
Neubesiedlung des Küstengebiets durch Friesen und Sachsen
Erneut entstanden in einer Phase eines niedrigen Meeresspiegels Flachsiedlungen, die im 9. Jahrhundert wiederum zu Wurten erhöht werden mussten, da erneut der Meeresspiegel anstieg.
Während des 1. Jahrtausends wurden Warften mit Mist und eventuell einer Abdeckung mit Kleisoden hergestellt, seit dem 11. Jahrhundert wurde hauptsächlich mit Klei aufgewarftet und die entstandenen Hügel boten bis dahin den einzigen Schutz vor Sturmfluten. Auf den Halligen sind sie bis heute der einzige Hochwasserschutz.
Warftendörfer in der Gemeinde Krummhörn
Eine große Ansammlung alter Warftendörfer in Ostfriesland bietet die Gemeinde Krummhörn, insbesondere durch das Dorf Rysum. In Friesland liegen zahlreiche Wurten im Wangerland, wie beispielsweise Minsen. Wurtendörfer haben einen ähnlichen Aufbau wie ein Rundlingsdorf im Binnenland. Ihre Höfe sind kreisförmig auf dem Hügel angeordnet und stehen mit der Stirnseite am Wurtfuß nach außen. Um die Wurt führt ein Ringweg. Von der Mitte der Anlagen verlaufen strahlenförmig Fußwege nach außen, die sich als Feldwege in der Flur fortsetzen.
Das Dorf Ziallerns bei Hohenkirchen
Regenwassersammelstelle auf jeder Wurt
Erhöhter Dorfplatz mit Kirche
Ebenfalls im Wangerland liegt das Warfendorf Wüppels. Um den Dorfplatz herum stehen Kirche, Schule, Dorfkrug, Armenhaus, Küsterhaus und Pastorei. Häufig findet man in Norddeutschland die Kirche auf dem höchsten Punkt der Warft, die damals regelmäßig auch der letzte Fluchtpunkt der Menschen bei Sturmflut war (siehe die Kirchen in Cleverns oder Sillenstede). Auf den Halligen, die höchstens mit einem Sommerdeich geschützt sind, sind Warften noch heute unverzichtbar. Die Warft mit der größten Fläche ist mit drei Hektar die Hanswarft auf der Hallig Hooge. Die jüngste Warft ist die nach fünfjähriger Bauzeit 1896 fertig gestellte Neupeterswarft auf Langeneß; sie ist allerdings seit 1962 verlassen, als das dortige Wohngebäude bei einer Sturmflut zerstört wurde.
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