Seit einigen Jahren sind wir mit Frank und seiner Frau befreundet, die neben den Weinanbauflächen auch eine kleine Pension in Dernau betreiben und seit einigen Jahren auch recht erfolgreich wirklich erlesenen Wein in der Türkei produzieren.
Mehrfach schon stand deshalb der Besuch des Weinortes Dernau auf unserem Reiseprogramm, allein, es fehlte immer die Zeit. Dernau ist eine kleine Ortschaft im Landkreis Ahrweiler im Norden von Rheinland-Pfalz, das uns bislang nur während der Durchfahrt vom uns wirklich begeisternden Museum der Römischen Villa in Ahrweiler auf dem Weg zum Nürburg Ring bekannt ist.
Am frühen Donnerstagmorgen starten wir die Reise in Richtung Dernau, vorbei an Frankfurt, durch das Rheintal bis Koblenz, wo es dann Richtung Ahrweiler geht. Erstaunlicherweise ist wenig Betrieb auf den Straßen, so dass wir weit vor der verabredeten Zeit in Dernau ankommen. Und wie so oft, nutzen wir die Zeit, um die Umgebung etwas genauer zu erforschen. Allein die Autofahrt durch das Ahrtal ist ein Erlebnis: kleine, idyllische Weinorte entlang des Flussufers der Ahr, herrlich gelegene Campingplätze und eine erwachende Frühlingslandschaft, die zum Wandern oder zum Radfahren einlädt. Früher selbst begeisterter Motorsportler lockt natürlich auch die in der Nähe gelegene Nordschleife des Nürburg Rings extrem, zumal es nur 35 Kilometer bis zur Rennstrecke sind.
Ein Abstecher zur Rennstrecke Nürburgring
Bis Altenahr nutzen wir die Landstraße 267, dann auf der 257 bis nach Adenau, wo wir einen kurzen Stopp auf dem Parkplatz zur zweiten Einfahrt in die Nordschleife einlegen, um hier einen Blick auf diese so berühmt berüchtigte Rennstrecke zu werfen. Von der Quiddelbacher Höhe kommend, verläuft die Streckenführung der Nordschleife hier als Brücke über die Landstraße. Und wie immer herrscht reges Treiben auf der Nordschleife und am Parkplatz der Zufahrt. Man kann nur hoffen, das trotz der aus den Medien bekannten Querelen um die Nürburgring GmbH diese historische Strecke „Grüne Hölle“ erhalten bleibt. Schnell sind wir im Gespräch mit anderen Besuchern verwickelt und werden dabei auch auf einige „Erlkönige“ hingewiesen, die sich zu Testfahrten auf der Nordschleife befinden. Wir werden auch darüber und über den Besuch auf der Nürburg noch getrennt berichten.
Der Rotweinwanderweg - ein touristisches Highlight
Langsam wurde es Zeit zurück nach Dernau zu fahren, denn der abgesprochene Zeitpunkt unseres Treffens näherte sich. Frank erwartet uns schon vor dem Haus und ein Kaffee steht auch schon fertig auf dem Tisch, dazu ein Stückchen Kuchen, was will die liebe Seele mehr. Schnell sind wir im Austausch der Erlebnisse und Ereignisse der letzten Monate vertieft und die Zeit fliegt dahin. Frank hat ein kleines Picknick auf dem Hausberg von Dernau eingeplant, so dass wir uns am späten Nachmittag auf den Weg zum Krausberg machen. Neben einem aus Naturstein gemauertem Aussichtsturm gibt es ein kleines Lokal, das hier oben durch einen Verein, privatwirtschaftlich organisiert, betrieben wird. Für die lokale Bevölkerung ein gern besuchtes Naherholungsziel mit herrlichem Blick auf das Ahrtal und Dernau im Besonderen. Für Veranstaltungen kann die Lokalität angemietet werden, so das häufig auch private Feiern stattfinden. Auf einer Schautafel sind Wanderwege angegeben, die an den Hängen des Ahrtals entlang durch die Weinberge führen. Von hier oben sind diese Pfade natürlich besonders gut zu erkennen. Ein ganz besonderer Weg ist der sogenannte Rotweinwanderweg, der wohl zu den schönsten und bekanntesten Wanderwegen Deutschlands zählt. Immer entlang der Ahr führt der Rotweinwanderweg auf einer Strecke von ca. 30 Kilometern entlang einer abwechslungsreichen Wanderroute mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad. Eine Empfehlung ist die Teilnahme am sogenannten Dernauer Frühling, da neben den Wanderwegen viele Winzer ihre Türen geöffnet haben oder sich mit Ständen entlang der Wanderroute aufstellen. So ist für das leibliche Wohl während der Wanderung immer gesorgt. Wir beenden jetzt die erste Erkundung der Umgebung Dernau`s, denn es wird merklich kühl hier oben am Krausberg.
Ein markantes Ziel - Römervilla in Ahrweiler
Am Abend sitzen wir noch eine Weile zusammen und erfahren so auch einige Details zur Gemeinde selbst. Das Auffinden der Römervilla in Ahrweiler deutet schon darauf hin, das auch das Ahrtal von den Römern besiedelt war. Als man im Jahr 1884 mit den Arbeiten zur Gründung der Keller des Dernauer Winzervereins beschäftigt war, stieß man auch hier auf Teile einer römischen Hofanlage, die über eine Warmwasserversorgung, über Badeanlagen und ein Gräberfeld verfügte. Diese Villa Rustica war wohl einmal vergleichbar groß zu der in Ahrweiler ausgegrabenen Hofstelle, jedenfalls weisen Mosaike und Münzfunde aus dem 3. und 4. Jahrhundert darauf hin.
Nach dem Zusammenbruch des Römischen Zeitalters besiedelten zunächst die Franken das Ahrtal. Zwei mittelalterliche Burgen, deren Ruinen wohl noch bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts zu sehen gewesen sein sollen, hat es, von den Ripuarern errichtet, hier gegeben. Die Flurstücke „Im Graben“ und „An der Burg“ weisen noch heute darauf hin.
Geschichtlicher Hintergrund Dernau und Umgebung
Bis um 843 gehörte die Region um Dernau zum fränkischen Karolinger Reich, dessen Aufteilung aufgrund der Beschlüsse des Vertrags von Verdun durch Lothar I, als Herrscher des sogenannten Mittelreichs und Namensgeber der späteren Region Lothringen, bekannt wurde. Nur 12 Jahre später teilte Lothar I sein Reichsgebiet, das von Friesland über das Rheintal bis an das Mittelmeer grenzte, erneut unter seinen Nachkommen auf.
Im Jahr 1588 war Dernau von den Truppen und Landsknechten des Martin Schenk von Nideggen geplündert worden, im Dreißigjährigen Krieg war die Saffenburg mehrfach Schauplatz von Hexenprozessen, die erst mit der Besetzung durch die Schweden im Jahr 1632 beendet werden konnten nachdem die Hexenjäger vertrieben worden waren. Erneut wurde Dernau, Mayschoß und Rech von den Truppen geplündert. Zur Verhinderung von weiteren Besetzungen der Saffenburg durch Söldnertruppen, ließ der Herzog von Jülich die Saffenburg im Jahr 1704 zerstören.
Trotz anfänglich strikter Geheimhaltungspolitik tauchte Dernau dann in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts immer wieder einmal in den Schlagzeilen der Presse auf: der geheimnisvolle Regierungsbunker wurde unter dem Decknamen „Dienststelle Marienthal“ zwischen Ahrweiler und Dernau gebaut. Insgesamt 12 Jahre arbeitete man an diesem Bau, der den damaligen Verfassungsorganen der Bundesrepublik Deutschland als Ausweichsitz der Regierung im Verteidigungsfall dienen sollte. Mit dem Ende des kalten Krieges und dem Umzug der Bundesregierung nach Berlin war es dann mit der strategischen Bedeutung des Regierungsbunkers vorbei. Heute dient ein kleiner Teil des Bunkers als Museum, das am 1. September 2008 eröffnet wurde. Wie immens groß die Bunkeranlage tatsächlich einmal gewesen ist, lässt sich an Hand der verschiedenen Eingangsportale nur erahnen. Einen Besuch ist das Bunkermuseum allemal wert.
Auf geht´s zum Rotweinwanderweg
Nach einem ausgiebigen Frühstück am kommenden Vormittag lädt uns Frank zu einem kleinen Spaziergang entlang des Rotweinwanderwegs ein, der uns aus dem Ortskern von Dernau hinaus auf die terrassenförmigen Hänge und Wege der Weinberge führt. Jetzt wird auch deutlich, wie beschwerlich der Weinanbau im Ahrteil wirklich sein muss, so steil sind die Hänge und so unterschiedlich sind die Veredelungsstrukturen der Weinstöcke. Manchmal sind die Weinstöcke sehr kurz geschnitten und nur ein Trieb ist an das von Menschenhand angebrachte Tragesystem angebunden, manchmal sind es mehrere Triebe. Dann wieder sind die Triebe fast kreisförmig gebunden, dann wiederum ist der Weinstock sehr hoch und zeigt eine Vielzahl von Trieben. Es ist ein sehr interessanter Spaziergang entlang der so unterschiedlichen Anbaumethoden und Sorten mit so umfassenden neuen Erkenntnissen, die uns bislang einfach unbekannt waren. Natürlich werden wir mit diesen erstmaligen Spaziergang nicht gleich zum Weinkenner werden, aber es wird zumindest klar, welch großen Einfluss Hanglage und Anbaumethode auf das Qualitätsergebnis der Weine haben wird.
Das Kloster Marienthal - eine Klosterkirchenruine
Über die mit Klosterstraße bezeichnete Wegführung verlassen wir die Weinhänge, denn Frank hat noch eine weitere Sehenswürdigkeit, die er uns vorstellen möchte: Das Kloster Marienthal. Um 1136 gegründet, von schwedischen Truppen im Jahr 1632 geplündert und von den Truppen Turennes im Jahr 1646 niedergebrannt, dann im Jahr 1699 komplett neu errichtet, wurde das Kloster unter Napoleon im Rahmen der Säkularisation 1802 aufgehoben. Heute eine moderneGaststätte und Weinproduktion, dient die Anlage als Naherholungsziel mit einem ganz besonderen Highlight: der Klosterkirchenruine. Es stehen zwar nur noch die Umfassungswände der Kirche, aber hier finden mehrfach im Jahr Konzerte oder andere kulturelle Veranstaltungen statt. So gastierte auch der wohl bekannteste deutsche Jazzrocker Klaus Doldinger bereits in der Klosterkirchenruine. Wir nutzen die Gelegenheit zur Besichtigung und beenden den Rundgang im herrlichen Klosterhof bei einen Glas Wein. Natürlich treten während des nun folgenden Gesprächs auch einige interessante Perspektiven hinsichtlich zukünftiger Veranstaltungen hier vor Ort auf. Der einstmals staatliche Weinbaubetrieb wurde 2004 von den lokalen privaten Winzerbetrieben übernommen und weiter ausgebaut.
Wir beenden weniger später unseren Rundgang durch Dernau bei einem befreundeten Winzer von Frank, der uns auch in seine „Weinschatzkammer“ führt. Einmal im Jahr sind die beiden Weinexperten irgendwo in der Welt unterwegs, um sich im Rahmen eines Konzepts zwischen Fortbildung und Erholung mit anderen Weinproduzenten auszutauschen. Während dieser Reisen werden dann neben vielen Erfahrungen und Informationen auch manchmal echte Raritäten aufgekauft und der Sammlung in Dernau hinzugefügt. Wir lernen hier auch, dass der Winzer durchaus auch spezielle Weine als Restbestand für spezielle Anlässe aufbewahrt und diese, auch trotz interessanter Angebote, nicht mehr verkauft. Ein interessanter und informativer Tag in Dernau neigt sich dem Ende zu.
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