Stolberg - die Perle des Südharzes
- Geschrieben von Portal Editor
Auf dem Weg zum Autorentreff nach Halle wollten wir das Harzstädtchen Stolberg noch einmal besuchen, das wir während unserer Harzexkursion im Frühjahr aufgrund des Zeitmangels nur durchfahren konnten, dass uns aber in bester Erinnerung aufgrund der herrlichen Fachwerkgebäude geblieben war.
Bei Seesen verließen wir entsprechend unserer Planung die BAB 7 in Richtung Osterode und Bad Lauterberg. Die überwiegend 4-spurig ausgebaute Schnellstraße 243 brachte uns zügig bis Nordhausen zur Autobahnanbindung BAB 38 in Richtung Halle. Bereits wenige Kilometer später verließen wir an der Abfahrt Berga die Autobahn (schon in Sichtweite des Kyffhäuserdenkmal / Kaiser Barbarossa) und fuhren nun auf der L236 in Richtung Rottleberode. Von der Autobahnabfahrt sind es lediglich 17 Kilometer bis Ortsmitte Stolberg. Wir fanden mitten im Ortskern auch einen Parkplatz, da nur noch wenige Touristen im Ort weilten.
Stolberg - ein El Dorado für Freunde mittelalterlicher Fachwerkgebäude
Interessant und wohl einmalig inDeutschland ist die Straßengestaltung in Stolberg. An den Eingängen der Stadt steht je ein Schild für Tempo 30- und Parkverbotszone (mit Parkscheibe darf in gekennzeichneten Flächen eine Stunde geparkt werden). Ansonsten wird auf jegliche Straßenschilder im Ort verzichtet. Wenngleich eine klare Trennung zwischen Bürgersteig und Straße besteht, kann man dies als frühe Form des Shared-Space-Ansatzes in der Bedeutung "gemeinsam benutzter Raum" ansehen. Shared-Space bezeichnet eine Planungsphilosophie, nach der vom Verkehr dominierter öffentlicher Straßenraum lebenswerter, sicherer sowie im Verkehrsfluss verbessert werden soll. Charakteristisch ist dabei die Idee, auf Verkehrszeichen, Signalanlagen und Fahrbahnmarkierungen zu verzichten. Gleichzeitig sollen die Verkehrsteilnehmer vollständig gleichberechtigt werden, wobei die Vorfahrtsregel weiterhin Gültigkeit besitzt. Im Gegensatz zur konventionellen Verkehrsberuhigung soll auch eine Anwendung in Hauptverkehrsstraßen möglich sein.
800 Jahre Stadtgeschichte der Stadt Stolberg
Kleines Bürgerhaus - ein typisch spätgotisches Handwerkerhaus
Zur Ausstattung des Kleinen Bürgerhauses gehören eine Schuhmacherwerkstatt und eine Küche im Erdgeschoss sowie eine Holzstube, ein Wohn- und ein Schlafraum im Obergeschoss. Kaum zu glauben, das in der Küche die ganze Familie Platz gefunden hat. Der Kirchner J.A. John lebte hier im Haus zusammen mit weiteren 6 Personen. Die authentische Darstellung der Räume inspirierte auch Filmschaffende, die das Haus bereits als Filmkulisse nutzten.
Die bereits erwähnte Holzstube, eine so genannte Bohlenstube, gehört zu den ältesten ihrer Art. In Stolberg wurden bei Restaurierungsarbeiten bereits mehrere dieser Holzstuben wieder entdeckt. Die Stuben wurden dank einer besonderen Technik vollständig mit Holz ausgekleidet und liegen meist im Obergeschoss. Erhaltene Eckständer sind im Ratskeller und im Museum Alte Münze zu sehen, vollständig restaurierte Stuben im Gebäude Am Markt 12 und in der Rittergasse 11. Die winzige Schlafstube lässt zunächst ein Kinderzimmer vermuten. Früher schliefen viele Menschen jedoch im Sitzen.
Aus den Archiven ist bekannt, das aus der Familie der Johns unter anderem der Kirchner Kilian John hier in diesem Haus lebte. Im Jahr 1627, so die Aufzeichnungen, bat Kilian John um finanzielle Unterstützung für die Reparatur des Hauses. 1735 verkaufte es der Zinngießer Johann Friedrich Vockenrodt an Just Reidemeister für 285 Gulden. Zuletzt war das Haus im Besitz des Schuh- und Leistenmachers Worch.
Die Grafenfamilien - Graf Botho zu Stolberg
Unter dem in Stolberg geborenen Bauernführer Thomas Müntzer gab es im Verlauf der so genannten Deutschen Bauernkriege auch einige heftige Kämpfe in und um die Stadt. Am 2. Mai 1525 drangen aufständische Bauern in die Stadt ein und zwangen den regierenden Graf Botho zu Stolberg zur Annahme ihrer Forderungen (24 Stolberger Artikel). Nach der Niederschlagung der Bauernaufstände wurden diese Forderungen allerdings auch umgehend wieder rückgängig gemacht.
Seit dem Hochmittelalter wurden in Stolberg auch Münzen geprägt. Dieses Handwerk entfaltete sich im 16. Jahrhundert zu seiner größten Blüte, während es mit dem Bergbau immer weiter bergab ging, da die Gruben zunehmend weniger lukrativ in der Ausbeute wurden. Eines der schönsten Gebäude Stolbergs steht in der Niedergasse 19, wo man im Rahmen eines Museums "Alte Münze" an die Zeit der Münzprägung erinnert. Eine weithin sichtbare Inschrift über dem Tor weist auf die Entstehung im Jahr 1535 hin. Erbauer des stattlichen Fachwerkhauses war der Kaufmann, Münz- und Bürgermeister Kilian Kessler, der es als Werkstatt und Wohngebäude nutzte.
Fachwerkkonstruktionen - erhalten bis heute - ein Museumsort
Die Münzherstellung war ein komplizierter Prozess und stellte an alle Mitarbeiter hohe Anforderungen. Für jeden Arbeitsschritt gab es Spezialisten, wie z. B. Streck- und Prägemeister, Schmelzer und Justierer.
In der Grafschaft Stolberg wurde überwiegend Bleiglanz gefördert und vor Ort verhüttet. Das gewonnene Silber lieferten Spezialtransporte in die Münzwerkstatt. Dort wurde das wertvolle Edelmetall zunächst geschmolzen und in Barren gegossen. Vom Schmelzprozess bis zur Prägung der Münzen können im Werkstattbereich des Museums alle Schritte nachempfunden werden. Stolberger Münzen zeigen sehr oft das Wappen bzw. das Porträt der regierenden Grafen sowie den Hirsch, das Wappentier der Grafen zu Stolberg. Das Grundprinzip der Prägung hat sich vom Beginn der Münzherstellung bis heute nicht geändert, wohl aber die technische Entwicklung.
Anlässlich dieser einst wichtigen wirtschaftlichen Münzprägestelle findet am 1. Januar jedes Jahres das so genannte Anprägen der Jahresmedaille im Museum "Alte Münze" statt. Stolberg kann mit dieser Prägestelle stolz auf die damit verbundene einzige vollständig erhaltene historischen Münzwerkstatt des 18. Jahrhunderts im europäischen Raum verweisen. Ein weiterer Grund Stolberg im Winter zu besuchen.
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