Die Lessingstadt Kamenz in der Sorbenregion Lausitz
- Geschrieben von Portal Editor
Einer Einladung von Claudia und Heinrich folgend, waren wir in die uns bislang völlig unbekannte Stadt Kamenz gefahren, wo uns bereits am Ortseingang eine erste Überraschung erwartete.
Auf dem Ortseingangsschild gab es neben der Ortsbezeichnung Kamenz auch das obersorbische Wort Kamjenc vermerkt, was in der Übersetzung in etwa "kleiner Ort am Stein" bedeutet. Dies war für uns das erste Anzeichen einer außergewöhnlich geprägten Region, die es nun kennen zu lernen galt.
Via Regia über die Schwarze Elster
Noch heute sind Teile der Via Regia auch in den Jakobs Weg eingebunden, so dass interkultureller Austausch entlang dieser Strecke nach wie vor stattfindet und somit für Völkerverständigung, Integration und Toleranz von großer Bedeutung ist, damit natürlich auch für uns. Nur wenig später sollten wir lernen, das allerdings auch hier, fern des Römischen Straßensystems, die Römer durchaus ihre Spuren hinterlassen haben. Aber dazu später mehr.
Landstädtchen Wittichenau und das Kloster St. Marienstern
In Kamenz wurden 1607–1655, wie in vielen Städten des Mittelalters, Hexenverfolgungen durchgeführt: 1607 wurde Peter Babus, Henker in Kamenz, in einem Hexenprozess zum Tode verurteilt und 1655 wurde im Zuge der Prozesse gar der Diakon Kaspar Dulichius enthauptet. Im Jahre 1707 vernichtete ein großer Stadtbrand die Mehrzahl der Häuser in der Altstadt. Soweit einige historische Daten und Fakten zur Stadt.
Dichter und Schriftsteller Gotthold Ephraim Lessing
Das Geburtshaus Lessings wurde beim letzten großen Stadtbrand im Jahr 1842 vernichtet, doch erinnert heute ein Museum sowie eine Gedenkstätte am ehemaligen Standort seines Elternhauses an den berühmtesten Sohn Gotthold Ephraim Lessing.
Wir machen uns mit dem Fahrrad auf, die Stadt Kamenz zu erkunden. Erst beim Anstieg in der Innenstadt fallen uns die doch erheblichen Höhenunterschiede der Stadtregion auf, so beschließen wir die Innenstadt zu Fuß zu erkunden.
Unser nächstes Ziel ist die St. Just Kirche an der Königsbrückerstraße, die wir leider komplett verschlossen vorfinden. Das ist sehr bedauerlich, denn gerade diese Kirche war eines der Hauptziele unserer ersten Erkundung. Kurz entschlossen setzen wir den Anstieg fort und gelangen so auf den Hutberg, der neben dem Lessingturm auch die Hutbergbühne aufweisen kann, eine Freilichtbühne für bis zu 10.000 Zuschauer. Plakate weisen auf einige bekannte Namen des Showbiz hin, die hier gastierten.
St. Marien ist die einzige aus Granit erbaute Hallenkirche
Vom Roten Turm aus führt unser Weg zur evangelischen Hauptkirche St. Marien, einer spätgotischen Hallenkirche, die zwischen 1275 und 1479 erbaut worden war. St. Marien ist die einzige aus Granit erbaute Hallenkirche nördlich der Alpen. Unmittelbar daneben steht die Katechismuskirche, eine Wehrkirche aus dem Jahr 1358.
Direkt gegenüber der Kirche befindet sich die bereits angesprochene Lessing-Gedenkstätte am ehemaligen Standort des Geburtshauses Lessings. Das Lessinghaus gehört zu den 20 kulturellen Gedächtnisorten in den neuen Ländern. Wir gelangen jetzt zum Rathaus, das 1847 bis 1848 durch Carl August Schramm im Stil der italienischen Neorenaissance erbaut wurde. Auf dem Markt vor dem Rathaus befindet sich der Andreasbrunnen mit Justitia-Statue aus Sandstein.
Anteil der Sorben schätzungsweise bei durchschnittlich 12 %
Zwei Drittel von ihnen leben in der sächsischen Oberlausitz, vorwiegend im katholischen Dreieck zwischen den Städten Bautzen, Kamenz und Hoyerswerda (in den fünf Gemeinden am Klosterwasser sowie in der Gemeinde Radibor und Teilen der Gemeinden Göda, Neschwitz, Puschwitz und in der Stadt Wittichenau).
Die Sorben sind ein ursprünglich westslawisches Volk, in der Regel zwar deutsche Staatsangehörige, die neben ihrer Sprache und Kultur auch noch immer eine eigene offiziell anerkannte Flagge und Hymne besitzen.
Angehörige dieser Volksgruppe, die auch mit Wenden oder früher mit Lausitzer Serben bezeichnet wurden, gelten als nationale Minderheit, die in Deutschland auch als solche anerkannt ist. Vor dem Hintergrund der großen Probleme in der Anerkennung von Kurden oder Armeniern innerhalb der türkischen Bevölkerung als gleichberechtigte Minderheit ein so interessantes Thema, das wir uns damit später noch einmal ausführlich beschäftigen werden.
Bisherige Ergebnisse der Altertumsforschung
Harald Hempel aus Wiesa wollte 1996 bei einem Streifzug durch den Kamenzer Spittelforst Pilze sammeln - er fand jedoch 476 römische Kupfermünzen und Münzfragmente aus dem 3. und 4. Jahrhundert nach Christus (Die Originale befinden sich im Münzkabinett in Dresden). Trotz der großen Anzahl hatten sie nur einen geringen Geldwert - also römische Peanuts anstelle Lausitzer Pilze. Der ehemalige Besitzer wollte das Kleingeld also wohl nicht verstecken; eher war es als Opfer gedacht.
Der größte Teil des Geldes wurde in den Münzstätten Siscia (Sisak / Kroatien), Sirmium (Sremska Mitrovica / Serbien) und Thessalonicia (Saloniki / Griechenland) geprägt und verweist somit auf Kontakte zur Balkaninsel.
Der Zweite Fund beim Spielen
Die Münzen wurden zwischen 64 und 164 nach Christus in Rom geprägt und sind zum Teil noch fast prägefrisch. Ein Denar gehört sogar in die nur 4-monatige Regierungszeit Kaiser Othos (69 nach Christus). Diese seltene Münze gelangte kaum in die Römischen Provinzen - umso verwunderlicher ist ihr Auftauchen in der (seiner Zeit) so barbarischen Westlausitz. Auch diese Münzen befinden sich im Original im Münzkabinett in Dresden.
Unser erster Ausflug in Kamenz neigt sich dem Ende zu und per Fahrrad geht es zurück zum Wohnwagen um möglichst schnell und umfänglich zu berichten, was hiermit geschehen ist.
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