Schleitz – Rennstrecke, Kleinstadt und Konrad Duden
- Geschrieben von Portal Editor
Nachdem wir nun schon einige Tage in Schleiz aufgrund des 100-jährigen Bestehens des Schleizer Dreiecks in der Region verbringen wollten, war klar, dass wir zumindest einige Stunden auch in Schleiz selbst erkunden wollten.
Aufgefallen waren uns bereits bei der Anfahrt die beiden imposanten Türme der Burg oberhalb der Altstadt und der große, nennen wir ihn vorab Marktplatz, im Stadtzentrum, wo sich auch einige Cafés und Restaurants befinden. Aber dazu später mehr, denn uns waren auch einige Personen-Skulpturen aufgefallen, deren Verbindung zu Schleiz nicht gleich klar waren. So galt es auch, wieder etwas Recherchearbeit zu betreiben.
Vom slawischen Dorf zur Burg Schleiz
Einer der Hauptgründe der Entwicklung zum Oppidum, lateinisch für Stadt, war die günstige Lage an der Verbindungsstraße von Nürnberg nach Naumburg und Leipzig. Eine seit etwa 1200 bestehende Siedlung („Altstadt“) und eine unmittelbar neben dieser Siedlung gegründete „Neustadt“ sind weitere Wurzeln von Schleiz.
Die Neustadt beherbergte eine Burg und war von einer Stadtmauer umgeben. Altstadt und Neustadt von Schleiz waren lange Zeit völlig selbständige Orte, deren Bürger mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten versehen waren.
Von 1647 bis 1848 residierten im Schloss die Grafen und späteren Fürsten Reuß-Schleiz. Diese Anlage brannte 1689 ebenfalls vollständig ab. Der alte Bergfried – Hausturm genannt – wurde ebenfalls mit den anderen Befestigungsanlagen 1689 abgetragen. Das Schloss erweiterte man im 18. Jahrhundert bis 1753 der Barockbau vollendet wurde. Im August 1721 gab Johann Sebastian Bach gemeinsam mit der hiesigen Hofkapelle Konzerte auf dem Schleizer Schloss.
Nach einem neuerlichen Großbrand im Jahre 1837 entstand auf den Gewölben des Erdgeschosses jenes Schloss, welches 1945 im Bombenhagel unterging. Die heute noch als Ruine stehenden Rundtürme am Rand des Polizeigeländes stammen aus dieser Zeit.
Konrad Duden – Gymnasialdirektor und Wörterbuch
Nach vier Semestern brach er das Studium – vermutlich aus finanziellen Gründen – ab und nahm 1848 eine Stelle als Hauslehrer in Frankfurt am Main an, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Er war von 1848 bis 1854 Hauslehrer bei der Familie des Senators Eduard Franz Souchay. In dieser Zeit unternahm er ausgedehnte Studienreisen in das Vereinigte Königreich und in die französische Schweiz.
1854 holte er mit besonderer Genehmigung, die ihn aufgrund seiner Hauslehrertätigkeit vom weiteren Studium befreit hatte, das Staatsexamen an der Universität Bonn nach und erlangte die Lehrbefähigung für die Fächer Latein, Griechisch, Französisch und Deutsch. Im gleichen Jahr promovierte Duden in absentia an der Philosophischen Fakultät der Universität Marburg mit der Dissertation De Sophoclis Antigona.
1869 wurde er als Gymnasialdirektor nach Schleiz ans Rutheneum berufen, wo er erste Regeln für das spätere Wörterbuch erarbeitete, weil in Schleiz fränkische, thüringische und sächsische Dialekte zusammentrafen und die Beurteilung der Orthographie eines Schülers davon abhing, in welcher Sprachtradition der jeweilige Lehrer aufgewachsen war. Durch sein Standardwerk hatte Duden insbesondere bildungsfernen Schichten das Lesen und Schreiben erleichtern wollen.
Duden setzte sich sein Leben lang für die Vereinheitlichung der deutschen Rechtschreibung ein. Im Jahre 1871 veröffentlichte er erstmals in den Jahresberichten des Schleizer Gymnasiums Rechtschreibregeln mit kurzen Erläuterungen unter dem Titel „Zur deutschen Rechtschreibung“. Er folgte dabei dem phonetischen Prinzip „Schreibe, wie Du sprichst“. Diese Schrift, zum Gebrauch in seinem Gymnasium bestimmt, war bald in Fachkreisen sehr bekannt und erschien im Folgejahr im Verlag B. G. Teubner in Leipzig mit dem Titel „Die deutsche Rechtschreibung“; dem Werk war bereits ein Wörterverzeichnis beigegeben. Dieser später sogenannte „Schleizer Duden“ beeinflusste die Debatte um die Rechtschreibung in Deutschland maßgeblich und wurde zur Vorlage der folgenden orthographischen Wörterbücher.
Geflügeltes Wort: Schlag im Duden nach
Das am 7. Juli 1880 im Verlag Bibliographisches Institut erschienene Werk „Vollständiges Orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache“ gilt als der „Urduden“ und enthält 27.000 Stichwörter auf 187 Seiten. Bismarck verbot per Erlass, die in den preußischen Schulen gelehrte Orthographie in der Verwaltung anzuwenden. Erst 1901 beschlossen Vertreter der deutschen Bundesstaaten und Österreich-Ungarns auf einer Konferenz in Berlin eine einheitliche deutsche Rechtschreibung auf der Grundlage von Dudens Wörterbuch. 1902 beschloss der deutsche Bundesrat Dudens Regeln für die deutsche Rechtschreibung nebst Wörterverzeichnis für alle Bundesstaaten des Deutschen Reiches als verbindlich; Österreich-Ungarn und die Schweiz schlossen sich an. 1956 wurde Dudens 14. Auflage „Regeln für die deutsche Rechtschreibung“ nebst Wörterverzeichnis unter Leitung von Paul Grebe zum amtlichen Rechtschreibwörterbuch erhoben.
Nach so vielen neuen Erkenntnissen, die uns nicht zuletzt auch in Gesprächen mit lokalen Bürgern im Straßencafé am Marktplatz vermittelt wurden, wo es übrigens sehr leckeres, hausgemachtes Yoghurteis mit Früchten gibt, war eine Ruhepause angesagt, bevor es wieder zurück zum Schleizer Dreieck gehen sollte.
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