Es ist ein herrlich, sonniger Tag auf dem Campingplatz Pielenhofen an der Naab, einmal mehr lädt das Wetter zu einer Fahrradtour auf dem Naabtal Radweg ein.
Hin und Wieder hörte man in der Nacht das Rascheln erster Blätter, die von den prächtigen, hohen Birken auf unseren Projekt-Wohnwagen herab fallen, deutliche Anzeichen, dass es langsam Herbst wird. Also nutzen wir die wunderbaren Sonnenstunden und fahren die Naab hinab in Richtung Regensburg, einer zumindest teilweise schon bekannten Route, die wir bis Mariaort / Pfettendorf an der Einmündung der Naab in die Donau schon zurück gelegt hatten.
Der Donauradweg folgt dabei auch Teilen der antiken Römerstraße Via Istrum
Heute soll es allerdings auf ein Teilstück des bekannten Donauradweg gehen, der als Radfernweg auf einer Strecke von ca. 2.850 km von der Quelle der Donau bis zu deren Mündung ins Schwarze Meer führt und auf großen Teilstücken auch die Grenzlinie des einstigen Römischen Reiches bildete. Der Donauradweg folgt dabei auch Teilen der antiken Römerstraße namens Via Istrum / Via Danubia entlang des Donaulimes, der die Stationen, Kastelle und Festungen bis zum Donaudelta verband.
Kurz vor der Einmündung der Landstraße St 2165 in die B8 wollen diesmal den Abzweiger nicht verpassen, der den Rad- und Fahrweg entlang der Naab weiterführt. So unterqueren wir die Landstraße St 2165 durch einen Fußgängertunnel, fahren dann wenige hundert Meter entlang der B8 (Überquerung der Naab), um dann am Ortseingang Etterzhausen an der Pizzeria nach links in die Mariaorter Straße abzubiegen. Für Radwanderer wären hier einige zusätzliche Hinweisschilder recht nützlich.
Noch am Ufer der Naab entlang radelnd, treffen wir erneut auf das Römerschiff "Regina", auf dem wieder eine Gruppe "römischer" Bürger unter den "gestrengen" Kommandos des Centurion im gleichmäßigen Ruderrythmus unterrichtet werden, kommandierende Pfiffe sind am Ufer gut zu hören. Es ist bestimmt nicht einfach, das lange und schwere hölzerne Schiff fortzubewegen und auch noch zu navigieren.
Schwimmwagen nach einer Konstruktion von Hans Trippel
Wir passieren dann die Wallfahrtskirche von Mariaort bevor es auf die Eisenbahnbrücke zur Überquerung der Donau geht. Parallel zu den Gleisen gibt es einen schmalen Fahrrad/ Fußgängerweg, der einen herrlichen Blick entlang der Donau gewährt, so sieht man einerseits Donau aufwärts die mächtigen Betonpfeiler der Autobahnbrücke A3 sowie Donau abwärts die Einmündung der Naab bei Mariaort. Uns fällt auch ein etwas merkwürdig aussehendes Wasserfahrzeug auf, das gemächlich aber motorbetrieben die Donau hinab gleitet. Ein wirklich nur noch selten zu findendes Amphibienfahrzeug namens "Amphicar", ein Schwimmwagen nach einer Konstruktion von Hans Trippel aus dem Jahr 1961, von dem im Werk Quandt in Lübeck und Berlin insgesamt 3878 Fahrzeuge fertig gestellt wurden, 3046 Fahrzeuge wurden in die USA exportiert. In den 60er Jahren kostete das Amphicar soviel wie zwei VW Käfer, wohl ein Grund für die geringen Verkaufszahlen in Deutschland.
Im heutigen Ortsteil Kumpfmühl entstand ein erstes Kohortenkastell
Nach dem Verlassen der Eisenbahnbrücke fuhren wir ein kurzes Wegstück zurück an die Donau, wo uns schon von der Brücke aus, einige Informationstafeln aufgefallen waren, die, wie wir dann feststellen sollten, auf diverse römische Bauten im Donaubogen gegenüber der Naabmündung hinwiesen. Im ersten nachchristlichen Jahrhundert eroberte das Römische Reich die Gebiete nördlich der Alpen und errichtete in Schritten eine befestigte Grenze, die zum Donaulimes ausgebaut wurde, wobei parallel die Via Istrum entstand, um schnell von einem Kastell zum anderen zu gelangen. Die Gründung der ersten militärischen Niederlassung römischer Soldaten im Regensburger Donaubogen erfolgte in den 70er Jahren des 1. Jahrhunderts nach Christus. Im heutigen Ortsteil Kumpfmühl entstand ein erstes Kohortenkastell, das wie üblich zunächst aus Holzpalisaden und Erdwällen bestand.
Erst nach und nach wurden steinerne Gebäude errichtet. Dieses erste Kohortenkastell diente als Auxiliarlager und Versorgungslager zur Stationierung von mindestens 500 römischen Fußsoldaten und Reitern, das jedoch schnell auch zur Ansiedlung von Händlern und Handwerkern in der Umgebung beitrug. Eine zweite Siedlung (vicus), die ebenfalls durch ein Kastell geschützt wurde, liegt heute unterhalb der westlichen Altstadt von Regensburg. Durch den Einfall der Germanen im Jahr 167 nach Christus wurden Kastelle und Siedlungslager zerstört, so das heute keine Bauten an der Oberfläche mehr existieren. Im letzten Viertel des zweiten Jahrhundert wurden dann die neuen, stärker befestigten Lager in Großprüfening sowie das riesige Militärlager im Bereich der heutigen Altstadt gebaut.
Im Historischen Museum von Regensburg
In der Mitte der Donauniederung gegenüber der Einmündung des Flusses Regen entstand eine mächtige steinerne Festung namens Castra Regina, auch Reginum genannt. Mit Ausbau und Fertigstellung des Lagers erfolgte hier die Stationierung der 3. Italischen Legion von über 6.000 Mann Stärke. Der Fund der berühmten steinernen Bauinschrift, die sich heute im Historischen Museum von Regensburg befindet, belegt die Fertigstellung des Lagers im Jahr 179 nach Christus unter Kaiser Marc Aurel. Der beeindruckende Wehrbau aus Steinquadern maß 540 x 450 Meter, umfasste folglich eine Fläche von etwa 25 Hektar. Das Lager besaß einen vor gelagerten Wehrgraben, 22 Mauertürme und vier Stadttore, von welchen die Lagerhauptstraßen als rechtwinkliges Lagerachsenkreuz ausgingen. Die noch teilweise erhaltene Porta Pretoria, das Nordtor an der Donauseite, ist neben der Porta Nigra in Trier der einzige noch erhaltene Torbau aus der Römerzeit nördlich der Alpen. Ein weiteres stark befestigtes Tor durch den Limes ist auch das Dalkinger Tor gewesen, von dem allerdings nur die Fundamentmauern noch erhalten sind.
In der neuzeitlichen Bebauung Regensburgs sind weitere Reste der alten Lagerbefestigung noch in Form der Nordost und Südostecke des Lagers erkennbar sowie auch größere Abschnitte der Ostflanke der Lagermauer. Die Reste der einstigen Innenbebauung des Militärlagers liegen allerdings etliche Meter unterhalb des heutigen Altstadtkerns von Regensburg begraben. Trotz der immensen Befestigung des Militärlagers musste es weitere Zerstörungen durch die Germanen im vierten Jahrhundert hinnehmen, was auch zur Verwüstung des Umlandes führte und viele Siedler zur Aufgabe in der Bewirtschaftung des Landes zwang. Westlich des Lagers befand sich der größere Siedlungsteil mit einem riesigen Gräberfeld. Bei Ausgrabungen wurden mehr als 6.000 Brand- und Körpergräber gefunden, die bis zum Abzug der Römer im 5. Jahrhundert hier angelegt worden waren.
Das wesentlich kleinere zweite römische Kastell befand sich auf der Fläche gegenüber der Naabeinmündung am heutigen Ortsrand des Stadtteils Großprüfening. Das ebenfalls aus Stein erbaute Kastell hatte eine Größe von 60 x 80 Meter, was der Unterbringung von etwa 70 Soldaten entsprach. Ihre Aufgabe bestand in der Überwachung der Naabmündung. Die Naab war für die Germanen ein wichtiger Verkehrsarm im freien Teil Germaniens. Auch hier hatte sich ein Lagerdorf mit Händlern und Handwerkern gebildet, die die Besatzung des Kastells mit den notwendigen Dingen des Lebens versorgten.
Erst durch umfangreiche Bodenuntersuchungen, auch aus der Luft, konnten sowohl Position als auch Überreste der Kastelle sowie einiger Bauten eindeutig bestimmt werden. Nachfolgende Grabungen bewiesen dann die Richtigkeit der Luftmessungen. Im Historischen Museum der Stadt Regensburg ist heute das schönste bisher ausgegrabene Fundstück aus der Siedlung zu sehen, die Bronzestatuette der Göttin Minerva.
Im Rahmen der Ausgrabungen fand man auch verschiedene Produktionsstätten, manchmal recht eindeutig auf die einstige Nutzung verweisend. Manche der Fundstellen lassen aber auch mehrere Möglichkeiten der Nutzung zumindest spekulativ zu. Wir hatten in einem Artikel gelesen, das man hier auch die bislang einzige Bierbrauanlage nördlich der Alpen gefunden hätte. Ein zusätzlicher Anreiz für uns, diese Stätte aufzusuchen. Längst hatten wir unsere Tour entlang der Donau fortgesetzt, waren an einer Übung der Wasserwacht Bayern fasziniert "hängen" geblieben, die mit ihren Booten auf der Donau den Ernstfall probten, gelangten dann in die Innenstadt von Regensburg, ohne auf einen weiteren Hinweis zur Braustätte zu stoßen.
Erst durch das Studium der Fahrradkarte wurde klar, das es einen zweiten Weg näher am Ortsteil Großprüfening geben müsse, wo auch das neu errichtete Schutzgebäude der ausgegrabenen Braustätte liegen müsste. Es ist schade, das nicht direkt am Donauradweg schon Hinweisschilder auf die Braustätte angebracht sind, sicherlich gäbe es unter den Radlern einige kulturell interessierte Besucher, die sich die Braustätte gern ausschauen würden.
Die nicht ganz unumstrittene Deutung des Fundortes Bierbraustätte beruht auf der Tatsache, das in dem Gebäude sämtliche Einrichtungen existierten, die man zum Bierbrauen benötigt:
- ein Brunnen zur Wasserversorgung
- ein großes Becken zum Wässern des Getreides oder zum offenen Gären des Bieres
- eine Darre (beheizbarer Trocknungsraum) zum Rösten des gekeimten Grünmalzes
- eine gemauerte Kochstelle zum Erwärmen der Maische und Aufkochen der Bierwürze
Es war dann doch ein Nachfragen bei Passanten notwendig, bis wir das Schutzgebäude der Bierbrauanlage im Kornweg 24 auffinden konnten, das zum Schutz der Ausgrabungen allerdings nur von außen eine Betrachtung durch Raum hohe Glasscheiben zulässt. Immerhin sind gemauerter Ofen und Becken deutlich erkennbar. Die Ausstattung mit Brunnen, einem großen Becken, einer Darre mit Feuerungsgrube und einer Kochstelle lässt allerdings mehrere Deutungen zu, sagt z. B. Dr. Lutz-Michael Dallmeier vom Amt für Archiv und Denkmalpflege. Nach Ansicht eines Kölner Wissenschaftlers könnte der Betrieb auch durchaus eine Färberei oder Gerberei gewesen sein. Auch die Nutzung als Schwitzkammer und Darre zur Trocknung von Früchten sei möglich.
Wie auch immer und ob nun als Bierbraustätte oder Färberei oder Schwitzkammer, es ist schade, dass dieses aufwendige Gebäude nicht eindeutiger beworben wird. „Regensburg ist so reich an Besichtigungsstücken in der Innenstadt, dass sich durch die Abgelegenheit im Westen kaum jemand dorthin verirrt“, meint Stadtheimatpfleger Dr. Werner Chrobak und weiter: „Es wäre sicher eine Bereicherung, wenn man in Regensburg eine Spezialführung mit sichtbaren Zeichen der Römer macht und dabei auch Großprüfening einbezieht“.
Vielleicht würden konkretere Hinweisschilder direkt am Donauradweg auch vorerst schon genügen. Wir jedenfalls setzen unseren Rückweg zum Campingplatz in Pielenhofen in dem Gedanken fort, weitere Kastelle entlang des Donaulimes aufzusuchen.
Vielleicht konnten wir ja auch Ihr Interesse ein wenig wecken und Sie verspüren Interesse und Lust an einem Besuch der Naab und der Donau bei Regensburg, wo wir am Wochenende vom 16.10.2014 bis zum 19.10.2014 gern auch zum 1. Deutsch-Türkischen Literatur und Begegnungsfestival einladen.
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