Street Art – Farbenprächtiges Quartier du Panier
- Geschrieben von Portal Editor
Die reine Neugier auf Entdeckung hatte uns die schmalen Seitengassen am Hafen Vieuw Port erkunden lassen, die teilweise recht steil und eng hinauf in die Altstadt von Marseille führen.
Und einmal mehr sollten wir nicht enttäuscht werden, denn es begann gleich recht farbenprächtig, fast wie in Metelkova, dem hippen Stadtteil von Ljubljana.
Und überall Grün – ob nun in alten Ölkanistern oder Tontöpfen. Idyllisch und entspannend zugleich.
Selbst wenn man gewöhnlich Street Art und Grafitti als Schmiererei abtut, hier in Marseille sind wirkliche Meisterwerke der Kleinkunst zu finden.
Das Quartier du Panier gilt neben dem Cours Julien und La Plaine nicht unberechtigt als Street Art Hotspot in Marseille: Murals (riesige Bilder an Häuserfassaden), Pochoirs (Schablonen-Graffitis), Mosaikbilder, Pappmaché-Totems und andere Werke zieren diese Stadtviertel.
Graffiti-Künstler Arnaud nimmt uns mit auf eine seiner farbenfrohen Stadtrundgänge durch Marseille.
Kurzer Exkurs in die Kategorien der Street Art
Das moderne Scratching, bei dem Tags mit (Schleif-)Steinen, Glasscherben, Schleifpapier oder Messern in Plastikoberflächen oder die Fensterscheiben von öffentlichen Verkehrsmitteln wie Zügen, Straßenbahnen und Bussen gekratzt werden, kam Mitte der 1990er Jahre als Reaktion der Writerszene auf eine zunehmend zeitnahe Reinigung von gemalten und gesprühten Graffiti auf. In vielen öffentlichen Verkehrsmitteln, insbesondere in Berlin, waren die Fenster zeitweilig teilweise bis zur Undurchsichtigkeit zerkratzt. Hier ist der Begriff der Sachbeschädigung an der Tagesordnung.
Die einzelnen Zeichen der oft mannshohen Schriftzüge, die auch figürliche Darstellungen enthalten können, haben meist eine einheitliche Höhe und sind klar voneinander abgegrenzt. Die Buchstaben sind meist recht hoch und schmal.
Unter dem Begriff Streetart (englisch für Straßenkunst) werden nicht-writing-bezogenes künstlerisches Graffiti, Stencils, die Stickerkunst, Plakatierung und auch Installationen im öffentlichen Raum zusammengefasst. Auch viele Akteure der Adbusting-Szene sind Streetartists. Bei der Streetart spielen bildliche Motive meist eine größere Rolle als die Schrift.
Häufig werden entsprechend der ursprünglichen Verwendung Politiker, politische Symbole, ideologisch dargestellte Personen oder gesellschaftskritische Motive gesprüht.
Als virale Graffiti bezeichnet man Graffiti oder Stencils, die mit einer „DNA“ versehen sind, um von jedem beliebig häufig reproduziert bzw. viral verbreitet zu werden. Innerhalb des viralen Graffito wird dafür zum Beispiel ein Link oder QR-Code platziert, der auf eine Website führt, auf der das ursprüngliche Graffito als Schablone heruntergeladen werden kann.
Außerdem sind sie Ausdruck der Wut gegen zum Beispiel Polizei und politische Machtverhältnisse (insbesondere in autoritären und totalitären Systemen) oder stellen allgemein Parolen oder auch nur Symbole dar.
Geführte Touren durch die Altstadt Quartier du Panier
So beschloss auch der dreißigjährige Graffiti-Künstler Arnaud vor einigen Jahren, Neugierige und Interessenten selbst durch die Straßen des historischen Zentrums von Marseille zu führen:
"Street Art hat in den 1980er Jahren mit dem Aufkommen der Hip-Hop-Kultur und der Entstehung einer von IAM und Fonky Family dominierten Kunstszene im folgenden Jahrzehnt natürlich auch in Marseille Fuß gefasst.", erklärt Arnaud, der seine Werke mit dem Pseudonym „Asha“ signiert.
Das Werk, das über die Häuserwand hinausgeht, stammt übrigens von Nhobi, einem brasilianischen Künstler aus Marseille, dessen Werke auch an anderen Ecken des Quartier Panier mit satten Farben und schlichten Charakteren zu finden sind.
Im Restaurant präsentiert Arnaud Werke im Calligraffiti-Stil, einer raffinierten Mischung aus orientalisch inspirierter Kalligraphie und Graffiti.
Andere Techniken gedeihen an den umliegenden Wänden: die Schablone mit dem Gesicht von General De Gaulle des Künstlers Mister P aus Lille oder aber ein hypnotisierendes Poster mit dem Porträt einer Frau in einem Strudel von Farben von Manyoly, ein Maler, der die Straßenkunst in Marseille für sich entdeckte.
Arnaud setzt seine Erklärungen fort: "Wir wählen eine Wand wegen ihrer Sichtbarkeit. Sie wird zur "Hall of Fame", wenn mehrere Graffitikünstler ihr Zeichen darauf setzen."
Hier, in der Nähe der Vieille Charité, einem ehemaligen Hospiz auf das wir später noch näher eingehen werden, mit monumentaler Architektur, befinden sich riesige farbenfrohe Fresken von Street Art Künstlern wie Gamo, Easy und Difuz oder Nhobi und Seek 313. Auf dem Werk des letzteren erkennen wir den Alten Hafen, Notre-Dame de la Garde sowie eine freche Möwe und einen Sardinenfischer, der kurz davor steht, aus seinem bunten Boot zu springen. Marseille und seine Street Art ist schon Besonders!
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