Während unseres Aufenthalts in Straßburg hatten wir aufgrund des Besuchs im Museum Palais Rohan bereits einige Informationen zu römischen Epoche Straßburgs zusammen getragen.
So hatten wir bereits berichtet, das zunächst der römische Feldherr Drusus im Jahr 12 vor Christus hier auf der Illinsel einen militärischen Außenposten errichtete, die den Namen Argentoratum erhielt, was in der Übersetzung so viel wie „Silberburg“ bedeutet. In unmittelbarer Umgebung gab es seiner Zeit bereits eine Siedlung belgischer Gallier, auch Belgen genannt, die stark mit Germanen durchsetzt, zwischen der Seine und Marne und dem Rhein siedelten.
Gallischer Krieg durch Julius Caesar
Der Begriff Gallier wurde seiner Zeit als eine übergreifende Bezeichnung für die keltischen Stämme auf dem Territorium Galliens genutzt, was in etwa dem heutigen Frankreich, Belgien und dem Schweizer Mittelland entspricht.
Erst nach den Feldzügen während des sogenannten Gallischen Kriegs durch Julius Caesar (von 58 – 51 vor Christus) wurden auch die Gruppen der Gallier neu ihren Siedlungsgebieten zugeordnet.
So unterschieden die Römer zwischen aquitanischen Galliern (die eher der Gruppe der Basken als denen der Kelten zuzurechnen waren), die in etwa die Region zwischen den Pyrenäen und der Garonne besiedelten, sowie den keltischen Galliern oder Kelten zwischen der Garonne und der Seine – Marne sowie den bereits erwähnten Belgen.
Die Festlegung dieser beiden Achsen
Das Zentrum des Militärlagers befand sich auf der Illinsel, wo sich auch heute noch das Zentrum Straßburgs befindet. Fast ohne Ausnahme sind alle Römerlager an einer Hauptachse angelegt, die meist in Nord – Süd – Richtung zeigte. Diese Anlage bezeichneten die Römer selbst mit „Cardo“, aus der sich mit der Weiterentwicklung des Römerlagers zur Stadt auch die Ausrichtung der Stadt ergab. Senkrecht zu dieser Hauptachse wurde auch die Ost – West – Richtung als Achse festgelegt, die mit Decumanus bezeichnet wurde. Das Zentrum des Lagers oder der späteren Stadt lag folglich im Kreuzungspunkt (locus gromae) dieser beiden Achsen. Die Festlegung dieser beiden Achsen war fast so etwas wie ein göttlicher Akt, so dass in der Regel stets ein Priester anwesend war. Schon die Römer besaßen eine Art „Nivelliergerät“, das es ihnen ermöglichte, die Himmelsrichtungen genau zu bestimmen. Über dieses Gerät, Groma genannt, haben wir bereits berichtet. Zu den beiden Hauptachsen „cardo maximus“ und „decumus maximus“ wurden dann die Nebenachsen angelegt, so das sich in der Regel schachbrettartige Stadtpläne ergaben, die bei Ausgrabungen heute noch gut erkennbar sind. Da die Römer auch immer zunächst die Infrastruktur in Form von Frischwasserzufuhr und Grauwasserentsorgung anlegten, ergab das schachbrettartige Muster in der die Umgebung überragenden Lage immer einen doppelten Sinn. Noch heute lässt sich in Straßburg der „cardo maximus“ in der Rue du Dôme und „decumus maximus“ in der Rue des Hallebardes erkennen.
Sechs Mal von Großfeuern betroffen
Erst aufgrund der starken Zerstörungen während des zweiten Weltkriegs konnten im größeren Umfang in Straßburg Ausgrabungen durchgeführt werden, die zunächst die Anwesenheit des Militärlagers dokumentierten und aufgrund der dann systematisch betriebenen weiteren Grabungen in den Jahren 1947 bis 1953 weitere Details der römischen GeschichteStraßburgs preis gaben. Hier waren es besonders die Grabungen von Prof. Jean-Jaques Hatt, der auch die Nachweise der verschiedenen Großbrände in den Jahren 70, 97, 235, 355 sowie im letzten Viertel des 4. Jahrhunderts und in den ersten Jahren des 5. Jahrhunderts exakt belegen konnte. Insgesamt wurde das Militärlager Argentoratum, das sich längst zur Stadt entwickelt hatte, sechs Mal von Großfeuern betroffen und auch sechs Mal wieder neu errichtet. Unter der Herrschaft des römischen Kaisers Trajan und nach dem verheerenden Großbrand des Jahres 97 nach Christus hatte Argentoratum seine größte Ausdehnung erreichen und damit einhergehend auch die stärkste Befestigung, die sich von Holzpalisaden längst zur steinernen Befestigung entwickelt hatte.
Straße von Augusta Vindelicorum bis nach Argentoratum
Mit dem zunehmenden Ausbau des Militärlagers wurde, unter dem Kommando von Gnaeus Pinarius Cornelius Clemens, von der Legio VIII Augusta im Jahr 74 eine Straße von Augusta Vindelicorum (Augsburg) bis nach Argentoratum (Straßburg) gebaut, die man heute mit „Kinzigtalstraße“ bezeichnet. Eine weitere Straße entstand mit der Verbindung zur Rheintalstraße bis nach Mobontiacum (Mainz). An der heute mit Route des Romains bezeichneten Römerstraße konnten vor allem im westlichen Stadtteil Kœnigshoffen zahlreiche archäologische Überreste der römischen Ansiedlung gefunden werden. Aus den zahlreichen Funden schließt man heute, das hier wohl der am dichtesten besiedelte Ort der Zivilbevölkerung des Lagers bestand, was auch durch die ausgedehnten Nekropolen belegt wird. Ein forschender Vorgänger Hatts mit Namen Robert Forrer hatte schon in den Jahren 1911 – 12 in Kœnigshoffen gegraben und dabei zahlreiche Fragmente eines groß angelegten Mithräums freigelegt. Wahrscheinlich entstammte es aus vorchristlicher Zeit und wurde dann von den aufkommenden Christen zerschlagen. Reste des Mithräums befinden sich im Archäologischen Museum von Straßburg.
Ab etwa 90 nach Christus war die Legio VIII permanent in Straßburg stationiert. Wie bereits erwähnt folgte dann nach dem Großbrand der Wiederaufbau zu bisher nicht dagewesener Größe von etwa 20 Hektar. Neben der eigentlichen Legio VIII wurde auch eine Kavallerieabteilung im Lager Argentoratum untergebracht, zeitweilig auch die Legio XIV Gemina und die Legio XXI Rapax, die unter der Führerschaft Neros stand.
Die Abbildung zeigt die Rekonstruktion des römischen Kastells Boppard, in Größe und Bedeutung mit Straßburg vergleichbar.
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