Aus vielen Ländern der Welt kennt man Wasserräder, die das fließende Wasser als ökologische Energiequelle zum Betrieb von Maschinen oder Geräten wie Getreidemühlen oder Sägewerke nutzen, indem die Wasserkraft ein Rad in Drehbewegung versetzt und die Rotationsenergie dann über Riementriebe auf die Maschinen übertragen wird.
Das Foto dankenswerterweise von: Von Obersachse - Eigenes Werk, CC BY 3.0
Das Prinzip der Wasserräder wird allerdings auch genutzt, um z. B. Höhendifferenzen im Wasserfluss zu überwinden, die zur Be- oder Entwässerung von Anbauflächen oder gar Städten genutzt werden. Oftmals auch unter dem Begriff Schöpfräder bekannt, konnte man diese Wasserräder bis zur Erfindung der elektrisch betriebenen Pumpen fast überall auf der Welt vorfinden.
Seit wann genau die Technik der Wasserräder bekannt ist, bzw. wer eigentlich deren Erfinder ist, wird wahrscheinlich nicht mehr zu ermitteln sein. Bekannt ist allerdings, das bereits vor 2300 Jahren die Römer mit ihrer exzellenten Wasserbautechnik auch Wasserräder am Orontes Fluss bewusst zur Versorgung ihrer teilweise neu errichteten Städte eingesetzt haben. Für manche Experten gelten diese Wasserräder, die teilweise übrigens noch heute in Betrieb sind, deshalb als die ältesten Maschinen der Menschheitsgeschichte. Das besondere dieser noch heute funktionierenden Wasserräder am Orontes ist ihre überdimensionale Größe, weshalb sie fast als Wunderwerke der Technik bezeichnet werden. Teilweise weit über 20 Meter im Durchmesser groß, schöpften sie Wasser aus dem Fluss Orontes, heben dieses Wasser auf bis zu 30 Meter höheres Niveau und werden dabei nur von der Fließkraft der Strömung im Fluss angetrieben.
Imposante Wasserbaukunst der Römer - auch am Pont du Gard
Mehrfach schon haben wir von den imposanten Wasserbauwerken der Römer berichtet, so u. a. von den Viadukten, die man teilweise noch heute funktionierend in einigen Ländern betrachten kann, so auch das wohl bekanntes Aquädukt „Pont du Gard“ bei Nimes in Südfrankreich. Aber auch in der Türkei gibt es bei Selcuk ein imposantes Aquädukt. Was also lag näher, als eine neu zu gründende Stadt etwas erhöht über dem Flussbett zu errichten um auf alle Zeit vor Überflutungen sicher zu sein. Dies war nur dann möglich, wenn man Wasser heben konnte. Denn gerade die Römer nutzen das fließende Wasser nicht nur zur Versorgung der Stadt mit Frischwasser sondern auch zur Entsorgung des Grauwassers.
Zugegebener Maßen ist die Reise nach Hama in Syrien momentan nicht ohne ein gewisses Risiko möglich, allerdings gibt es nur noch dort die riesigen Wasserräder zu sehen, die einst von den Römer gebaut und während der Jahrhunderte immer wieder erneuert, ergänzt und repariert wurden. Waren es zunächst die Byzantiner, die diese Technik übernahmen und fortsetzten, waren es in der Folge die neuen Volksgruppen, die sich in der Region ansiedelten und die Wasserräder durch Ersatz und Pflege weiter nutzten. Trotz all der Unruhen ist man sich in Syrien durchaus der langen Geschichte der Wasserräder von Hama bewusst, entsprechend werden sie geschützt. Von den Syrern mit Norias bezeichnet, sind die Wasserräder von Hama schon von Weitem allein aufgrund ihres quietschend, schleifenden Geräusches zu hören. Kein Wunder, denn die Römer waren zwar begnadete Wasserbautechniker, aber Kugellager zur Lärmminderung kannten sie nicht. Wen wundert es also, wenn die mit Moss bewachsenen riesigen Räder, die allesamt auf Holzachsen die in Steinen gelagert sind, laufen, das ein ständiges Knarren oder Jaulen verursacht wird, das allein schon durch die Größe der sich bewegenden Massen entsteht. Allein das Geräusch wird für immer im Kopf bleiben, ganz abgesehen von der imposanten Erscheinung.
Riesige Wasserräder versorgen die Stadt Hama
Heute wird das Wasser des Orontes zwar nicht mehr zur Frischwasserversorgung der Stadt Hama genutzt, die riesigen Wasserräder versorgen allerdings über die teilweise noch intakten Wasserwege der Römer Ländereien und Felder der Bauern, die ohne Wasser einfach verdorren würden. Natürlich ist die ganze „Maschine Wasserrad“ kein perfektes Beispiel moderner Maschinentechnik, denn überall ist es nass und man wird förmlich geduscht beim Näherkommen, aber was macht es, wenn das abtropfende Wasser zurück in den Fluss gelangt und keine elektrische Energie verschwendet wird. Eine, sagen wir einfach mal, fast perfekte Konstruktion, diese Norias.
Heute gibt es noch etwa 100 dieser Wasserräder entlang des Orontes, wovon allerdings nur 17 noch in Betrieb sind und bis auf den Zeitraum, wenn das Wasser des Orontes zur Füllung des Staudamms von Homs aufgestaut wird, laufen zumindest diese 17 Norias nach wie vor. Ähnliche Wasserräder, allerdings wesentlich kleiner, kann man auch entlang des Göksu Flusses finden, der bei Silifke ins Meer mündet.
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