Civitas – die römische Bürgerschaft
- Geschrieben von Portal Editor
In den Artikeln zur römischen Entwicklungsgeschichte fällt immer wieder auch der Begriff Civitas, was in der wörtlichen Übersetzung aus dem lateinischem so viel wie „Bürgerschaft“ bedeutet.
Sehr früh schon waren römische Siedlungen in ihrer Verwaltung gut organisiert. So wurde in den städtischen Zentren eine von Rom halbautonom unabhängige Verwaltungseinheit auf mittlerer Ebene geschaffen, die Stadt und Umgebung durch Vertreter aus der Bürgerschaft verwalteten. Diese Verwaltungseinheiten, die für das städtische Zentrum sowie das Umland verantwortlich waren, wurden meist mit dem Namen des Hauptortes sowie dem Zusatz Civitas betitelt.
Civitas entstanden überwiegend an den Orten, die auch eine Vielzahl von repräsentativen Bauten wie Forum, Basilika, Theater, Tempel, Bäder und Wasserleitungen verfügten. Auch Raststationen für durchreisende Händler, im alten Rom mit „mansiones“ bezeichnet, waren ein typisches Anzeichen für eine existierende Civitas. Neben dem Stadtrat, der mit „curia“ bezeichnet wurde, gab es weitere Amtsträger, so auch einen Bürgermeister, der mit „duum virn“ betitelt war. Der „duum virn“ war gleichzeitig auch der regionale Ansprechpartner der römischen Zentralverwaltung.
In der Regel gab es drei große Untergruppen, die oft auf die jeweilige Anfangsphase in der Beziehung zu Rom zurückzuführen ist:
- civitas stipendiaria (abgabepflichtige Gemeinde)
- civitas foederata (verbündete Gemeinde)
- civitas libera (freie Gemeinde)
Bekannte civitates in der Provinz Germania superior
Ladenburg (lateinisch Lopodunum) = Civitas Ulpia Sueborum Nicretum (nach den Neckarsueben);
Wimpfen = Civitas Alisinensium;
Cannstatt (?) = Civitas Aurelia G… (Theorie von C. Sebastian Sommer);
Rottenburg (lateinisch Sumelocenna) = Civitas Sumelocennensis;
Rottweil (lateinisch Arae Flaviae)
Baden-Baden (lateinisch Aquae) = Civitas Aquensis;
Worms (lateinisch Borbetomagus) = Civitas Vangionum (nach den Vangionen);
Speyer (lateinisch Noviomagus) = Civitas Nemetum (nach den Nemetern);
Wiesbaden (lateinisch Aquae Mattiacorum) = Civitas Mattiacorum (nach den Mattiakern);
Frankfurt am Main – Heddernheim (lateinisch Nida) = Civitas Taunensium;
Dieburg (lateinisch Med… (Rest des Namens unbekannt)) = Civitas Auderiensium
Civitas entstanden auch entlang der Grenzen des römischen Imperiums, meist zunächst als Militärlager. Als Beispiel sei hier ein römisches „Alen“ genannt, wo römische Reitereinheiten stationiert waren. Rottweil, das römische „Arae Flaviae“, bildete zum einen eine Civitas, zum anderen auch eine „Municipia“, was sich während der Kaiserzeit nicht immer klar trennen lies. Sollte die Neugründung einer Stadt erfolgen, war dies besonders im westlichen Teil des Römischen Imperiums recht einfach zu bewerkstelligen. Im Osten dagegen griff man meist auf schon bestehende Strukturen der „Poleis“ zurück, die aber meist auch ähnlich der Civitas organisiert waren.
- Die Lage als Kreuzungspunkt von fünf Römerstraßen
- Die Größe von 15 – 20 Hektar Siedlungsfläche
- Die Garnison von ca. 1.000 Pferden
- Die Entfernung zu anderen Civitas Hauptorten
Allein diese Punkte deuten auf eine Civitas hin. Allerdings fehlen hierfür die Belege. Ähnliches gilt auch für das römische Pforzheim, das seit dem dritten Jahrhundert einige der wichtigen repräsentativen Gebäude erhalten hatte. Auch hier gibt es keine bekannten Civitas in der näheren Umgebung, so dass hier eine Civitas sinnvoll gewesen wäre. Nachweise gibt es auch hier bislang nicht.