Innsbruck Wilten - einst Römersiedlung Veldidena
- Geschrieben von Portal Editor
Im Zuge unserer Projektentwicklung " Verständigungs- und Kulturreise entlang Römischer Straßen" zur Konzeptionierung moderner Camperrouten in den Süden führte unsere Routenplanung zwangsläufig auch über die Alpen.
Zu römischer Zeit gab es von Augsburg ausgehend zwei Routen, die zur Querung der Alpenpassage nach Italien genutzt und ausgebaut wurden. Die ältere der beiden Routen wurde unter Nero Claudius Drusus errichtet, weshalb sie mit Via Claudia Augusta bezeichnet wird. Im Jahr 15 nach Christus eröffnet, führte sie von Veneto über Verona, Bozen (Pons Drusi), Meran (Statio Maiensis), durch den Vinschgau, über den Reschenpass, Finstermünz und den Fernpass über Füssen (Foetes) bis nach Augsburg (damals Augusta Vindelcorum).
Die zweite Route, die unter Septimius Severus um 200 nach Christus als Via Raetia eingerichtet wurde, führte von Verona über Bozen, Sterzing (Vipiteno), den Brenner und Matrei (Matreio) nach Wilten / Innsbruck (Veldidena) und über Zirl (Teriolis) und Mittenwald (Scarbia), Partenkirchen (Parthanum), Coreliacus und Epfach (Avodiaco) nach Augsburg (Augusta Vindelcorum).
Beide Routen waren als Handelsrouten schon weit vorher bekannt und genutzt worden, es oblag jedoch den Römern, sie als zumindest teilweise befestigte Fahrwege zu gestalten und auszubauen. Zur Sicherung der Routen waren zwangsläufig auch Stationen notwendig, die als Römerlager oder als Kastelle häufig Vorläufer späterer Ansiedlungen wurden.
Vor diesem Hintergrund und im Zuge der Grenzsicherung im Norden und der Eroberungen der Räter und Noriker legten die Römer unter Kaiser Augustus zum Schutz der späteren Reichsstraße Via Raetia um 15 v. Chr. bereits die Militärstation Veldidena (Wilten) an, die bis in die Spätantike bestand und erst um 600 zerstört wurde. Besiedlungsspuren auf dem Wiltener / Innsbrucker Stadtgebiet lassen sich bis in die Jungsteinzeit zurückverfolgen. Vorrömische Ortsnamen und Urnengräberfelder in Wilten, Amras, Hötting und Mühlau sowie Funde aus der Latènezeit am Adolf-Pichler-Platz in der Innenstadt zeigen, dass das Innsbrucker Becken seit mehr als 3.000 Jahren durchgehend besiedelt war.
So war Veldidena ursprünglich eine römische Zivilsiedlung und ein nur mäßig befestigtes Nachschubdepot der Grenztruppen, aber auch eine wichtige Etappenstation an der römischen Handelsroute über den Brenner. Seine Überreste liegen auf dem Gebiet der heutigen Landeshauptstadt Innsbruck im Zentrum des Stadtteiles Wilten, Bundesland Tirol. Seine herausragende Lage an der Einmündung des Wipp- in das Inntal machte es zur bedeutendsten römerzeitlichen Siedlung in Nordtirol. In Forschungskreisen ist der Ort vor allem durch seine mannigfaltigen Siedlungsreste und reichen Gräberfunde bekannt geworden.
Das Grabungsareal umfasst heute etwa 40 Hektar, wobei ein Großteil der Fläche modern überbaut ist. Den südlichsten Fundpunkt bildet das Gräberfeld auf dem Lorenziacker mit spätantiken Körperbestattungen und mittelkaiserzeitlichen Brandgräbern an der südwestlichen Ecke. Vom Vicus sind das teilweise erforschte Haus 3 im Norden, einige Gebäudereste an der Kreuzung Fritz-Konzert-Straße / Anton-Melzer-Straße und Münzfunde bis zum Kaiserschützenplatz bekannt. Im Kreuzungsbereich Anton-Melzer-Straße / Leopoldstraße / Graßmayrstraße wurde ein Badegebäude entdeckt. Am östlichsten Fundpunkt, Frauenanger / Neurauthgasse / Graßmayrstraße, standen drei große Lagerhäuser, von denen zwei im 4. Jahrhundert in ein Kastell integriert wurden.
Der Stadtteil Wilten liegt direkt am Bergisel, am nördlichen Ausgang des Innsbrucker Beckens, auf einer breiten, leicht gegen das Inntal abfallenden Schwemmterrasse der Sill. Dort erreichte die Römerstraße über den Brennerpass das Inntal. Der Bergisel deckte das Terrassenplateau gegen Süden ab, im Osten erschwerte die Sill eine Annäherung. Von dort aus hatte man einen guten Überblick über das Innsbrucker Becken in Richtung Norden und Westen. Aufgrund dieser Vorzüge war der Platz schon in vorrömischer Zeit besiedelt.
Bei Veldidena traf auch die römische Inntalstraße vom Reschenpass auf die Brennerstraße. Die Inntalstraße verlief bei Wilten durch den Hohlweg vom heutigen Sonnenburgerhof bis zur Abzweigung von der Brennerstraße zur Bergisel-Sprungschanze und weiter durch die Haymongasse nordwestlich der Stiftsbasilika. Sie hatte die standardmäßige Breite einer via publica, 5,5 m, verfügte über einen 30–40 cm starken Unterbau und eine festgestampfte Pflasterung aus Flusssteinen. Die Entfernungen zwischen den größeren Siedlungen wurden auf Meilensteinen angegeben. Einer von ihnen steht noch in der Wiesengasse in Amras auf seinem ursprünglichen Platz, ein anderes Exemplar, aus der Zeit des Septimius Severus, wurde im 18. Jahrhundert am Sonnberg entdeckt.
Das dann errichtete Kastell diente als Nachschublager für die Grenztruppen und als Etappenstation auf dem Weg zum Donaulimes und zur rätischen Provinzmetropole Augusta Vindelicorum. Diese Annahme wird durch die Nennung des zehn Kilometer entfernten Teriolis in der Notitia Dignitatum bekräftigt, in der explizit die Sicherung der Nachschubwege als Aufgabe der Kastellbesatzung angeführt ist. Möglicherweise wurden auch die aus dem Umland zusammengetragenen Güter, die annona militaris, dort zwischengelagert. Veldidena wird auch als Hauptort der Inntal-Breonen angesehen.
Ab dem 3. Jahrhundert nahm die Bedeutung des Ortes noch mehr zu, da nun auch eine direkte Straßenverbindung nach Brigantium (Bregenz), die via Decia, bestand. Nach dem Zerfall des weströmischen Reichs kam das Gebiet zunächst unter baierische Hoheit, bevor es ab 788 mit der Einverleibung des baierischen Herzogtums im fränkischen Reich Karls des Großen aufging. In den folgenden Jahrhunderten wurde das Gebiet um Innsbruck wieder ein Teil des neu gegründeten Herzogtums Bayern und befand sich in späterer Folge unter der Herrschaft der Grafen von Andechs.
Bitte lesen Sie auch: