Schuster bleib bei deinen Leisten - Apelles
In unseren Artikeln über die antike Stadt Kolophon (etwa 35 Kilometer von Izmir entfernt auf dem Weg nach Kusadasi liegend) und deren bedeutende Bürger hatten wir bereits über den herausragenden Philosophen Xenophanes und den Dichter Mimnermos aus der Zeit des antiken Griechenlands berichtet.
Ein weiterer großer Name zum Altertumzugehörig war der des Malers Apelles, der um etwa 375 vor Christus ebenfalls in Kolophon geboren wurde und dort aufwachsen konnte.
Als Zeitgenosse Alexanders des Großen zog es Apelles zunächst nach Ephesos, wo er durch Ephorus von Ephesos und Pamphilos von Sikyon in der künstlerischen Malerei ausgebildet wurde.
Obwohl keines der Bilder des Apelles erhalten geblieben sind, gelten seine Kunstwerke als Krönung der antiken Malerei. Natürlich fragt sich der geneigte Leser dann, warum gerade Apelles zum Meister seines Faches erkoren wurde. Die Begründung hierfür liegt in der Vielzahl der literarischen Aufzeichnungen, die allerdings in überlieferter Form vorliegen. So schrieb der Satiriker Lucilius:
„da ich ein Gemälde des Apelles gesehen habe, das weit über allen anderen Kunstwerken steht, die ich in meinem Leben erblickte“
Im Werk „Satyricon“ des Satirikers Petronius beschreibt dieser ein Gemälde Apelles wie folgt:
„Vollends aber der sogenannte Mann auf einem Bein von Apelles ließ mich geradezu in Anbetung sinken. Denn mit solcher Feinheit waren die Konturen auf den Bildern dem Leben nachgezeichnet, daß man hätte meinen können, die Malerei habe auch die seelischen Vorgänge erfasst. Auf der einen Seite entführte der Adler hoch in Lüften den Hirten vom Ida, auf der anderen stieß Hylas, strahlend schön, die zudringliche Najade zurück. Apollon verwünschte seine Mörderhände und beglückte seine noch entspannte Leier mit der eben entstandenen Blume.“
„Auf der rechten Bildseite sitzt ein Mann mit langen Ohren, bei denen wenig fehlt, das man sie für Midas-Ohren halten könnte. Seine Hand ist nach der Verleumdung ausgestreckt, die aus dem Hintergrund auf ihn zukommt. Neben ihm stehen zwei weibliche Gestalten, die ich als die Unwissenheit und das Misstrauen ansehe. Von der linken Seite nähert sich ihm die Verleumdung in Gestalt eines außerordentlich reizenden, aber erhitzten und erregten Mädchens, deren Züge und Bewegungen Wut und Zorn ausdrücken: In der Linken hält sie eine brennende Fackel; mit der Rechten schleift sie einen jungen Mann an den Haaren herbei, der die Hände zum Himmel empor streckt und die Götter zu Zeugen anruft. Vor ihr her geht ein bleicher, hässlicher Mann mit stechendem Blick, der aussieht, als hätte ihn eine lange Krankheit ausgemergelt: Jeder wird in ihm den Neid erkennen. Dahinter kommen zwei weibliche Gestalten, die auf die Verleumdung einreden und sie herausputzen und zu schmücken scheinen: Diese sind - wie mir der Museumsführer erklärte - die Arglist und die Täuschung. Ganz hinten folgt eine trauernde Gestalt in schwarzem, zerrissenem Gewand: die Reue, die sich weinend nach rückwärts wendet und voller Scham die herannahende Wahrheit anschaut.“
(Zitate übernommen aus wikipedia)
Weitere der bekanntesten Bilder, die überall gefeiert wurden, waren ein Bildnis Alexanders mit dem Blitz in der Hand, das für den Tempel der Artemis in Ephesos bestimmt war, eine Charis für das Odeon in Smyrna (heuteIzmir) und ein Bildnis des Alexanders beim Besteigen eines Siegeswagens.
Selbst von seinem stärksten Rivalen Protogenes wurden Anmut und sinnlicher Reiz, blühendes Kolorit gepaart mit wissenschaftlicher Strenge und Korrektheit im Ausdruck der Werke Apelles hoch gelobt. Der Hintergrund seiner sikyonischen Grundausbildung war deutlich sichtbar. Für ein Bildnis der aus dem Meer auftauchenden Aphrodite soll sich Apelles gar der berühmten Phryne als Modell bedient haben.
Angeblich war Apelles in der Lage, trotz des Gebrauchs von lediglich vier Hauptfarben Weiß, Rot, Gelb und Schwarz mit allen Mischungen und Nuancen, vertiefte Schatten in seine Gemälde zu integrieren, die dann mit einer speziellen Firnis bedeckt, vielmehr an Feinheit und Zartheit in den Gemälden zum Ausdruck brachten.
Angeblich geht sogar das heute immer noch genutzte Sprichwort „Schuster bleib bei deinen Leisten“ auf Apelles zurück. Eine der Eigenarten Apelles soll das Belauschen der Gespräche der Betrachter seiner Werke gewesen sein, in dem er sich hinter seinen Bildern versteckte. Eines Tages soll ein Schuster bemängelt haben, das an einem gemalten Schuh eine Öse für den Schnürsenkel fehlte. Nach Korrektur des Bildes durch Apelles war es erneut der Schuster, der dann etwas an den Schenkeln der dargestellten Person kritisierte. Apelles wurde daraufhin zornig und entgegnete dem Schuster, das er wohl die Schuhe beurteilen könnte, sich aber über alles was über dem Schuh läge kein Urteil erlauben dürfe: "... ne supra crepidam sutor iudicaret ..." (Plinius der Ältere), woraus sich die häufig verwendete Redewendung "Ne sutor ultra crepidam" entwickelte.
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