Film "Müll im Garten Eden" von Fatih Akin
Umwelt- und Naturschutzgedanken sind in der Türkei gerade erst im Entstehen und in der Masse der Bevölkerung längst noch nicht in ihrer Gesamtproblematik angekommen.
Noch wird nur auf Wachstum und Konsum gesetzt, werden riesige Bauprojekte mit eklatanten Sünden an der Umwelt rigoros umgesetzt. Die betroffenen Menschen stehen allein vor Problemen, die kaum in den Griff zu bekommen sind. Am Beispiel des Dorfes Çamburnu berichte der Filmemacher Fatih Akim über die Auswirkungen einer Mülldeponie.
Çamburnu ist ein kleines Bergdorf im Nordosten der Türkei. Dank des mild-feuchten Klimas des Schwarzen Meeres leben die Bewohner seit Generationen vom Teeanbau, von der Fischerei und im Einklang mit der Natur.Doch die Idylle ist gefährdet, als die Regierung vor zehn Jahren den Beschluss fasst, direkt oberhalb der Dorfgrenzen eine Mülldeponie zu bauen. Trotz der Proteste des Bürgermeisters und der Dorfbewohner entsteht eine Anlage, die wichtige Sicherheits- und Baustandards nicht erfüllt und fortan durch Unfälle und Havarien kontinuierlich die Umwelt verschmutzt. Die Luft ist verpestet, das Grundwasser verseucht, in der alljährlichen Regenzeit spült das Wasser den Müll die Abhänge herunter, Vogelschwärme und streunende Hunde belagern das Dorf. Den Teebauern, deren Plantagen unterhalb der Deponie liegen, ist die Lebensgrundlage genommen. Die Folgen sind verheerend und für jeden sichtbar und dennoch werden täglich weitere Tonnen Müll in die Deponie gefahren.
Der preisgekrönte Filmemacher Fatih Akin ("Gegen die Wand", "Crossing the Bridge – The Sound of Istanbul") kommt 2006 nach Çamburnu, um im Heimatdorf seiner Großeltern das Finale seines Spielfilms "Auf der anderen Seite" zu drehen. Als er von der drohenden Umweltkatastrophe erfährt, entscheidet er, mit seinen Mitteln dagegen anzukämpfen. Mehr als sechs Jahre dokumentiert er den Kampf des kleinen Dorfes gegen die mächtigen Institutionen, hält auch die unweigerlichen Katastrophen fest, die das ehemalige Paradies immer wieder heimsuchen. Er beobachtet vor Ort verzweifelte Bewohner und untätige Behörden. Dass er sich dabei nicht als prominenter Protestierer aufspielt, ist sehr nobel. Akin inszeniert seinen Dokumentarfilm als poetische Elegie, eine Art leises Klagelied über den Verlust eines kleinen Paradieses. Das hilft den Menschen vor Ort zwar wenig und lässt das Publikum frustriert zurück. Am Ende steht aber ein gelungener Film, der nun auch auf DVD erscheint. Fatih Akin beteiligte sich an den Protesten der Dorfbewohner.
MÜLL IM GARTEN EDEN ist zugleich ein bemerkenswertes Porträt der türkischen Gesellschaft abseits der Metropolen und ein bewegendes Plädoyer für Zivilcourage.
MÜLL IM GARTEN EDEN feierte seine Weltpremiere im Rahmen der 65. Internationalen Filmfestspiele von Cannes.
Der Bonusteil bietet zwei Extra-Videos: eine Kurz-Dokumentation, die Akins Motivation zu "Müll im Garten Eden" nachgeht, sowie ein etwas pathetisch geratener Clip, in dem Kinder der Dorfgrundschule ihre Gedanken zur Mülldeponie und deren Folgen präsentieren.