Gleichgültig ob man eine der wohl bekanntesten US-Sitcom Serien nun mag oder nicht, jetzt sind die gelben Figuren der Kultsendung „Die Simpsons“ bis in die Spitze der türkischen Politik vorgedrungen.
Nach Presseinformationen soll der Hintergrund der jetzt wieder heiß diskutierten „Medienfreiheit“ ein Sketch in einer Folge der Simpsons sein, in der der Teufel den Herrgott fragt, ob er ihm einen Kaffee machen könnte.
Wer auch immer Auslöser der neuerlichen Diskussion gewesen sein mag, klar ist die Anschuldigung: Wegen der Beleidigung religiöser Werte ist von der türkischen Rundfunkaufsicht RTÜK für die Ausstrahlung dieser Sendung eine Geldstrafe von 23.000,- € gegen den Sender CNBC – E verhängt worden. Klar, nicht jeder mag den teilweise wirklich deftigen Humor der Simpsons, das ist wohl ohne Zweifel richtig. Wenn zur Weihnachtszeit der Spruch „Mal einen heben auf Christi Geburt“ fällt, mag das so manchen Zuschauer verwundern, aber ob dies gleich Anlass zum Einschreiten der türkischen Rundfunkbehörde aufgrund von Gotteslästerung notwendig macht, sei einmal in den Raum gestellt.
Direktor der nationalen Rundfunkbehörde RTÜK beschwichtigt
Auch wenn jetzt der Direktor der nationalen Rundfunkbehörde RTÜK, Davut Dursun, beschwichtigt und als Grund für die Bestrafung nicht die Gotteslästerung an sich beschreibt, sondern den Schutz der Kinder vor Gewaltszenen in der Comic Serie vorschiebt, bleiben erhebliche Zweifel. Wer die Serien und Filme im türkischen Fernsehen kennt, weiß wovon die Rede ist, denn Waffen und Gewalt gegen Personen sind an der Tagesordnung, auch schon im Nachmittagsprogramm. „Wir wollten die Kinder schützen,“ so wird Davut Dursun in den türkischen Medien zitiert, das kann es also nicht sein, denn dann müsste es vor Strafen nur so regnen.
New York Times beschreibt Serie als eine Art osmanisches „Sex and the City“
Schon einige Male ist RTÜK in den vergangenen Monaten gegen Programme im Fernsehen vorgegangen, so auch gegen die Hauptfigur in einer Krimiserie, die als eine Art türkischer Schimanski ein schlechtes Vorbild für die Jugend sei, so die Argumentation. Auch die Kritik des Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan an der Darstellung des osmanischen Sultans Süleyman dem Prächtigen aus der türkischen TV-Serie "Muhtesem Yüzyil" bedeutete im Ergebnis eine Strafe wegen angeblicher Gewaltverherrlichung. In den Verlautbarungen aus der Presse klingt das freilich ganz anders: „Süleyman der Prächtige hätte schließlich mehr als 30 Jahre im Sattel verbracht“, so wird Ministerpräsident Erdogan zitiert, wie also sollte er genügend Zeit gehabt haben, zu so viel dargestellter Intrige und so lockerem Lebenswandel. Das Bild Süleymans in der Serie, die mit „Prächtiges Jahrhundert“ übersetzt werden könnte, werde völlig falsch dargestellt. Dies gilt als klare Aufforderung für RTÜK, sich im Rahmen der Gesetze mit der sehr erfolgreichen Serie, die bislang in 22 Länder verkauft werden konnte, auseinander zu setzen. Die New York Times hatte die Serie gar als eine Art osmanisches „Sex and the City“ beschrieben.
Zu den genannten Vorgängen spottet das türkische Blatt „Hürriyet“ in treffender Weise: „In einem Land, in dem ein Premierminister in einer TV-Serie einen Dokumentarfilm sieht, könne man nicht erwarten, dass ein Rundfunkkontrolleur eine Zeichentrickkomödie versteht".
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