Sitz-Möbel wurden bereits in der Antike populär, grob gesagt und nachweislich belegt nach der neolithischen Revolution. Ursprünglich saßen die Menschen auf dem nackten Erdboden, auf Felsen oder auf umgekippten Baumstämmen; in kälteren Regionen legte man Tierfelle unter, flocht Matten, webte Decken oder knüpfte Teppiche.
In einigen Kulturen Afrikas und Asiens saß man auch wie heute noch längere Zeit in einer Art „Hockstellung“.
Hölzerne Sitzmöbel als Symbol der Macht
Die ersten Nachweise von Möbeln stammen aus der Pharaonenzeit und aus Funden aus Akrotiri (Santorin) aus der Zeit um 1500 v. Chr. Aus dem alten Ägypten ist eine bereits eine weit entwickelte, handwerkliche Möbelschreinerei bekannt. Funde von Tischen, Thronen und Liegen aus dieser Zeit zeigen Kenntnisse im Drechseln, Furnieren, Intarsieren und Bemalen. Im Alten Ägypten saßen bzw. thronten nur die Pharaonen, die Könige des Vorderen Orients oder die Kaiser Chinas auf steinernen oder hölzernen Sitzmöbeln als Symbol ihres Machtstatus. In einfacheren Kreisen kannte man – wenn überhaupt – nur einfache Handwerkerschemel mit einem geflochtenen Sitzbett. Berühmte Stücke stammen aus dem Grab des Tutanchamun aus dem 14. Jahrhundert v. Chr.
Arbeitsschemel in höheren Gesallschaftsschichten
Als Vorläufer des Brettstuhls kann der in der ersten Hälfte des zweiten Jahrtausends v. Chr. in Ägypten aufgekommene Arbeits-Schemel mit drei eingezapften Beinen bezeichnet werden. Doch auch von höheren Gesellschaftsschichten wurden um 1400 v. Chr. dreifüßige Schemel benutzt. Von Ägypten aus verbreitete sich der Dreibeinschemel in andere Kulturen, wie die des antiken Griechenlands und Roms. Auf römischen Darstellungen zeigt sich die Herausbildung einer vierfüßigen Variante mit viereckigem Sitz. Bis ins Mittelalter hinein war der Schemel mit eingezapften Füßen jedoch meist eine Sitzgelegenheit der unteren sozialen Schichten.
Werkzeuge und modische Accesoires an Stühlen
Altgriechische Häuser waren mit Stühlen, Hockern, Tischen, Betten, Truhen, Kommoden und Liegen ausgestattet. Auch die alten Griechen (ab dem 8. Jahrhundert v. Chr.) kannten bereits das Drechsel-Handwerk. Sie nutzten einfache mechanische Drechselbänke, die mit den Füßen zu bedienen waren. Das wohl bekannteste antike Möbelstück nutzten die Römer: die „Kline“, eine Art Bett, auf das man sich zu Festgelagen und für normale Mahlzeiten legte. Die Oberschicht in der römischen Kaiserzeit besaß Möbel mit Versilberungen, Vergoldungen, Schildpatteinlagen und wertvollen Furnieren wie Citrus.
Die weitere Verbreitung der Sitzhaltung vollzog sich, beginnend mit den Thronen der Könige und Fürsten, an den Plätzen weltlicher und geistlicher Macht, in Herrscherhäusern und Klöstern (z. B. auf Holzbänken in Rittersälen oder auf Steinbänken in Kapitelsälen). Einzelstühle blieben jedoch für hochrangige Personen reserviert.
Sitzen auf Stühlen wird zur Normalität
In der Folge, etwa ab dem 16. Jahrhundert, wurde die Praxis des Sitzens auf Stühlen vom erstarkenden Bürgertum oder von Gutsherren übernommen. Erst ab dem 18./19. Jahrhundert wurde das Sitzen auf Stühlen in weiten Bevölkerungskreisen allmählich zum Normalfall, wobei jedoch lange Zeit noch zwischen einem dem Hausherren vorbehaltenen Armstuhl und einfacheren Sitzmöbeln (Bänke, Hocker etc.) für die übrigen Familienangehörigen oder gar fürs Gesinde unterschieden wurde.
Der normale oder einfache Stuhl besteht heute in der Regel aus den vier Stuhlbeinen, der Sitzfläche und der Rückenlehne. Entscheidend ist jedoch nicht nur deren Funktion, sondern auch deren Qualität. Hier spielen u. a. die Baugruppe der Stuhlfüße, das Material, die Stuhlfedern und das Polster bezüglich der Haltbarkeit eine entscheidende Rolle.
Bauformen von Stühlen im Wandel der Zeit
Sowohl Stuhlbeine als auch Sitzfläche und Lehne können von geringer, aber auch hoher Qualität sein. Ein hochwertiger Stuhl kann ein Leben lang halten, während ein völlig gleich aussehender Stuhl minderer Qualität unter Umständen schon nach einem Jahr ein defektes Polster oder ein gebrochenes Stuhlbein aufweist. Auch können Stühle mit minderwertigen, zu scharfkantigen Stuhlfüßen den Teppich, auf dem sie stehen, zerstören.
Folglich ist besonders für übergewichtige Menschen und Menschen mit Einschränkungen die Wahl des richtigen Stuhles eine anspruchsvolle Aufgabe. Es ist darauf hinzuweisen, dass Stühle in der Regel, vom Kinderstuhl und Spezialanfertigungen abgesehen, nicht für alle Gewichtsklassen konzipiert werden.
Ein Polster puffert den Stuhl ab; hierzu werden oft sogenannte Zick-Zack-Federn verwendet, die das gesamte Polster nach unten elastisch machen und so zur gleichmäßigen Gewichtsverteilung beitragen. Zudem findet man hierauf auch nochmals Sprungfedern, die verhindern, dass der Sitzende das Polster bis auf Höhe des Rahmens eindrückt.
Sieht man nach Umdrehen des Stuhls nur einen Rost, auf dem das Polster ruht, ist dieser Stuhl eher von minderer Qualität, sofern keine Sprungfedern auf dem Rost befestigt sind. Kann man nur ein Sperrholzbrett ausmachen, ist es sogar sehr wahrscheinlich, dass sich der Hersteller hier nur auf die Füllung der Polsterung verlässt. Die Belastung eines Stuhls ist aber eine andere als die eines Kopfkissens – ein ähnlicher Aufbau wirkt der Nachhaltigkeit des Stuhls daher auch deutlich entgegen.
Auch die Baumaterialien wandeln sich - Stuhlmuseum
Für den Stuhlbau haben sich auch Materialien wie Aluminium und Stahl bewährt und teilweise durchgesetzt, da hier viele Nachteile des Holzes vermieden werden. Dennoch wirken Stühle aus diesen Materialien subjektiv oft kälter und unbehaglicher als Holzstühle. Tischler, die auf Grund des höheren Aufwandes und der Kosten, oftmals eher für sich selber, für Einzelaufträge oder auch im Rahmen der Meisterprüfung noch Stühle anfertigen, werden eher selten. Heute werden Stuhle in Großserien maschinell gefertigt.
Bevor es allerdings zur Serienfertigung kommt, werden Musterstühle gebaut. Oftmals auch in Verbindung mit bedeutenden Innenarchitekten und /oder Gestaltern, die im Auftrag der Industrie oder aus Gründen der Eigenproduktivität neue Formen entwickeln und dann später in die Fertigung gehen. Hier gibt es zahlreise hohe Persönlichkeiten, die zur Entwicklung beigetragen haben. Nicht zuletzt wird auch der künstlerisch gestaltete Stuhl zunehmend bedeutend, auch wenn so manch ein Designer manchmal über das Ziel hinausschießt.
Im Stuhlmuseum auf dem Vitra Gelände in Weil am Rhein kann man sich ausgiebit mit der Entwicklung aus jüngerer Vergangenheit auseinandersetzen, auch mit dem Design so manch eines utopisch anmutenden Modells. Aber sehen Sie selbst.
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