Als ein weiteres Highlight während unseres Besuchs in Halle, hatte Detlef vor dem Kurzbesuch in Dresden auch noch einen Stopp in Meißen in der Porzellan Manufaktur eingeplant.
Nach unserem Aufbruch in den frühen Morgenstunden, war der Weg bis Meißen schnell zurückgelegt und das Museums- bzw. Ausstellungsgebäude der Meissener Porzellanmanufaktur schnell erreicht. Auch einen Parkplatz fanden wir schnell, obgleich zu unserer Überraschung schon einige Reisebusse mit Gästen angerollt waren. In aller Welt für feine Porzellanfiguren, das berühmte Meissener Geschirr und die Kunstartikel der Manufaktur berühmt, nutzen vor allem auch Asiaten während ihres Aufenthalts in Europa den Besuch in der Meissener Manufaktur in großer Zahl.
Chinesischer Porzellane lösen wahre Stürme der Begeisterung aus
Porzellan war schon seit dem Mittelalter ein begehrtes Handelsprodukt aus Asien, das die hohen Fürstenhäuser mit viel Geld zu bezahlen bereit waren, da man in Europa nicht um die feine und filigrane Porzellanherstellung Bescheid wusste. Man sprach hochachtungsvoll sogar vom „Weißen Gold“. Gegen Ende des Mittelalters löste der Import feiner chinesischer Porzellane wahre Stürme der Begeisterung aus. So auch am Hofe des sächsischen Landesherren, August der Starke (1670 – 1733), der sogar versuchte das Geheimnis um die Porzellanherstellung zu lüften. Und er war mit dieser Idee nicht allein, denn überall in Europa war man stark daran interessiert, feine Porzellane selbst herstellen zu können. August der Starke bemerkte bei sich selbst sogar eine Art Sucht, die er selbst mit „maladie de porcellaine“ bezeichnete.
In der Folge ging August der Starke sogar wirklich außergewöhnliche Wege, um endlich dem Geheimnis der Porzellanherstellung auf den Grund gehen zu können. Er nahm kurzentschlossen den Alchimisten Friedrich Böttger (1682 – 1719) in Schutzhaft und „beauftragte“ ihn gemeinsam mit dem ebenfalls inhaftierten Ehrenfried Walther von Tschirnhaus (1651 – 1708), Gottfried Pabst von Ohain (1656 – 1729) und weiteren sächsischen Berg- und Hüttenleuten das Geheimnis des „Weißen Goldes“ zu entschlüsseln. Nach vielen Jahren in eben dieser Schutzhaft in der Dresdener Jungfern Bastei gelang den Inhaftierten tatsächlich am 15. Februar 1708 den ersten Brand eines weißen Porzellans in Sachsen herzustellen. Nur ein kleiner Zettel einer Labornotiz vermerkte dieses außergewöhnliche Ereignis: das erste europäische Hartporzellan war geschaffen worden.
Geburtsstunde der sogenannten „Gekreuzten Schwerter“
Nur zwei Jahre später wurde in einem allerhöchsten Dekret der sächsischen Hofkanzlei in lateinischer, französischer, deutscher und holländischer Sprache die Gründung einer Porzellan Manufaktur am 23. Januar 1710 veröffentlicht. Bereits fünf Monate später wird die Meißener Albrechtsburg zur Produktionsstätte des europäischen Porzellans ausgewählt. Wenige Jahre später gab es erste, weitere Manufakturen in Europa, die ebenso weißes Porzellan brennen konnten. So wurde es höchste Zeit, das in Meißen produzierte Porzellan einheitlich zu kennzeichnen, so dass es gegen Nachahmungen und Kopien geschützt werden konnte. Am 8. November 1722 macht der Manufaktur-Inspektor Johann Melchior Steinbrück den Vorschlag, doch die Chur-Schwerter als „Markenzeichen“ zu wählen. Dieser Vorschlag gilt als die Geburtsstunde der sogenannten „Gekreuzten Schwerter“ als spätere Handelsmarkenzeichen der Manufaktur Meissen, die sich allerdings im Laufe der Zeit auch einige Änderungen erfuhren, die Marke Meissener Porzellan® war geschaffen.
Designer der Meissener Porzellanmanufaktur
Mit Beginn der Produktion orientierten sich die Designer der Meissener Porzellanmanufaktur noch stark an den Vorbildern aus China und Japan aber auch der Einfluss der Gold- und Silberschmiedekunst war noch sehr stark. Als im Jahr 1720 der Porzellanmaler und Farbenchemiker Johann Grgorius Höroldt (1696 – 1775) zur Manufaktur kam, konnte sich aufgrund seiner Entwicklung hitzebeständiger Schmelzfarben erstmals eigenständige Dekore entwickeln und somit ein erstes Zeichen europäischer Porzellanmalerei gesetzt werden. Durc h die Mitarbeit des Bildhauers Joachim Kaendler (1706 – 1775) trat dann erstmals ab 1731 die plastische Gestaltung der Objekte in den Vordergrund. Ihm ist die erste europäische Formensprache zu verdanken, die in der Tisch- und Tafelkultur bis heute gilt.
Wert eines Mittelklassewagens übersteigen
Wir betreten diese so bedeutenden Räume der Meissener Manufaktur mit einer gewissen Ehrfurcht, denn allein aus der Familie sind Sammlungen des Geschirrs mit den gekreuzten Schwertern und der mit ihnen verbundene Wert durchaus bekannt. So gelangen wir denn auch schnell in die ersten Ausstellungsräume, die riesigen Zahlen an Kaffee- und Essgeschirr der bekannten Designs zum Verkauf anbieten. Unser Rundgang führt uns über Ausstellungen reinen „Gebrauchsgeschirrs“ schnell auch zu den kunstvollen Fertigungen des Geschirrs für die etwas besser situierten Menschen unserer Gesellschaft. So sind dankenswerterweise preislich gekennzeichnete Stücke zu sehen, die leicht den Wert eines Mittelklassewagens übersteigen. Es folgen Vasen, dekorative Assessors für die Vitrinen, kunstvolle Wandbilder aus weißem Porzellan, Masken und Figuren, die wohl als einmalig zu gelten haben.
Ein netter Mitarbeiter des Hauses nimmt sich unser an und führt uns ein wenig durch die Räume. Die dazu gelieferten Erläuterungen über Käufer und Besteller der ausgestellten Stücke gibt einige interessante Namen aus Kunst und Kultur, vor allem aber aus der Aristokratie zum Besten. Er bietet auch an, doch an einer geführten Rundtour durch die Produktion teilzunehmen, um die wirklich aufwendige Herstellung besser nachvollziehen zu können. Diesen Vorschlag greifen wir gerne auf und wenige Minuten später sitzen wir in einem der ersten Vorführungsräume, in der wir einen kurzen Film zur Entwicklung des Porzellanmaterials sowie der Meissener Manufaktur anschauen können. Sehr professionell und ansprechend sind sowohl der Film selbst als auch die Ausstattung des Vorführraumes. Allein in dieser Zuhörergruppe sind Interessenten aus 8 verschiedenen Ländern, die per Kopfhörer alle Informationen in ihrer Sprache erhalten.
Warum das Meissener Porzellan seinen Preis hat
Im folgenden Raum werden einige Details zum Material selbst und den Herstellungsverfahren erläutert. Natürlich werden hier keine Rezepturen verraten, denn die sind logischer Weise Betriebsgeheimnisse. Sehr anschaulich führt ein junger Angestellter die grobe Fertigung einer Tasse vor, die aus der Rohmasse per Hand gedreht wird. Verschiedene Modelle sorgen dann für die End Form der Tasse. Sehr deutlich sind dann allein die Größenunterschiede zwischen Fertigung und erstem Brand zu erkennen. Allein hier beginnt die Kunst in der Porzellanherstellung: Brand des Geschirrs ohne Risse und sonstige Beschädigungen.
Im nächsten Vorführungsraum werden Fertigungen von Verzierungen erläutert und gezeigt, hier am Beispiel einer Dekorrose. Welch ein Aufwand an filigraner Arbeit und damit verbundenem Zeiteinsatzes notwendig ist, um allein eine Rose herzustellen, macht schon deutlich, warum das Meissener Porzellan seinen Preis hat. Die künstlerische Arbeit an den Details benötigt absolute Fingerfertigkeit und großes Können. Das wird selbst uns Laien nach wenigen Minuten deutlich.
Bedeutende Künstler wie K.O. Götz und Otto Piene werden engagiert
Als letzter Vorführungsraum gelangen wir in die Porzellanmalerei. Auch hier sitzt eine aktive Mitarbeiterin, die anhand eines Tellers ihre zu erledigende Arbeit erläutert. Allein der Farbauftrag von Hand nimmt auch hier die volle Aufmerksamkeit des Malers in Anspruch. Vorgezeichnete Strukturen auf dem glatten Porzellan helfen den Ausführenden natürlich beim Auftrag der Farben. Allerdings muss auch die vorgezeichnete Struktur zunächst händisch aufgetragen werden. Jedes Porzellanwerkstück ist also wirklich echte Handarbeit.
Wir lernen auch, das die Meissener Manufaktur immer wieder versucht, durch Neuerungen künstlerische Maßstäbe zu setzen. So werden bedeutende Künstler wie K.O. Götz, Otto Piene oder auch die aufstrebenden iranischen Künstler Roknaddin und Ramin Haerizadeh engagiert um auf dem Meissener Porzellan zu arbeiten. So wurden bedeutende Kunstwerke geschaffen.
Im Jahr 2010 konnte die Manufaktur gemeinsam mit zahlreichen Gästen den 300 Geburtstag feiern. Für uns war es ein äußerst interessanter Besuch und tiefer Einblick in die Geschichte und die Fertigung des Meissener Porzellans, anschaulich präsentiert und dokumentiert. Ein Besuch, den wir nur empfehlen können.
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