Ein vertrocknet aussehendes, krautiges Büschel im leicht dunklen Abstellraum hatte unsere Aufmerksamkeit erregt und so war denn die Frage, ob denn dieses Büschel mit im biologischen Abfall zu entsorgen sei.
Britas Blick sprach Bände: „Kein Abfall, das ist doch meine Rose von Jericho“. Und um es gleich vorweg zu nehmen, tatsächlich konnte dieses vertrocknete, krautige Büschel durch einfache Wasserzugabe am folgenden Tag „wieder belebt“ werden.
Sting mit dem algerischen Sänger Cheb Mami in dem Lied „Desert Rose“
Wer hat nicht schon einmal von der „Echten Rose von Jericho“, die auch Wüstenrose genannt wird, gehört. Selbst Musiker nutzen die Symbolhaftigkeit dieses merkwürdigen Gewächses aus den Wüstengebieten Israels, Jordaniens, des Sinai und Teilen Nordafrikas in ihren Liedern, allen voran Sting im Duett mit dem algerischen Sänger Cheb Mami in dem Lied „Desert Rose“ oder auch das Lied der Augsburger Band Backdoor Connection mit der Eigenkomposition „Rose in the Desert“.
„Kaff Maryam“ in der Bedeutung „Handballen der Maria“
Während der Kreuzzüge durch zurückkehrende Soldaten und durch Pilger, die von den heiligen, christlichen Stätten nach Europa zurückkehrten, gelangte auch die „Rose von Jericho“ in unsere Breiten. Erste Erwähnung findet diese Pflanze allerdings schon in den Legenden zur Flucht Maria und Josefs nach Ägypten um nach der Geburt Jesu dem geplanten Kindermord durch Herodes zu entfliehen. Angeblich soll Maria während der Flucht die Pflanze gesegnet haben, die sie dann während des langen Fluchtwegs durch Bewuchs am Wegrand begleitet haben soll. Selbst im modernen Ägypten ist der Bezug zur Legende Maria und Josefs noch heute in der Namensgebung zu erkennen: „Kaff Maryam“ heißt die Pflanze dort in der Bedeutung „Handballen der Maria“. Auch in Algerien ist noch heute der Bezug zur Maria-Legende erkennbar: „ Id Fatma Bint el Nabi" in der Bedeutung „Hand der Fatma, Tochter des Propheten“. Einmal mehr wird deutlich, dass die modernen Religionen fast ohne Ausnahme auf den gleichen Ursprung zurück zu führen sind. Wie dumm von den Verkündern des Glaubens, das alleinige Ursprungsrecht für sich in Anspruch nehmen zu wollen.
Noch heute ist es in vielen Bauernfamilien üblich, eine Rose von Jericho von Generation zu Generation weiter zu vererben, um damit Glück und Segen auf den Nachwuchs zu übertragen.
Mit dem Einsetzen der Wehen, so ein alter Brauch vieler Hebammen, wird deren Rose von Jericho gewässert, die zur Erleichterung der Geburt beitragen soll. Mit dem Erblühen der Rose wird dann das Kind geboren und die Rose von Jericho in der Folge an das Kind übergeben.
Auch direkte heilende Wirkung soll von der Pflanze ausgehen. So verwenden Biduinenfrauen nach dem Einweichen der Pflanze deren Sud um Krankheiten zu heilen.
Ein Vertreter der seltenen Verbreitungsart „Chamaechorie“
Die Pflanze wächst als einjähriges Kraut, dessen Größe davon abhängig ist, wie viel Wasser während der Wachstumsphase zur Verfügung steht. Als Keimling entstehen an den Stielen zunächst kleine grüne Blätter, später dann weiße, kleine Blüten. Ist die Wachstumsphase beendet, rollt sich die Pflanze ein und stirbt ab. Da auch nur sehr geringes Wurzelwerk vorhanden ist, wird sie von den Stürmen in der Wüste fast immer ausgerissen und rollt dann über viele Kilometer durch die Wüste. Dabei verliert sie nach und nach ihre Samen, die nach einem kräftigen Regenguss sofort mit dem Keimen beginnen. Immer wird nur ein Teil der Samen freigegeben, die dann beim nächsten Regenguss zu keimen beginnen. Aufgrund dieses Phänomens ist die Echte Rose von Jericho ein Vertreter der seltenen Verbreitungsart „Chamaechorie“, womit sie auch die einzige Pflanzenart der Gattung Anastatica aus der Familie der Kreuzblütengewächse ist.
Der Vorgang lässt sich beliebig oft wiederholen
Unser trockener, fast kugeliger Busch wird über Nacht in eine Schale lauwarmen Wassers gelegt. Schnell sieht man bereits, wie sich die feinen Ästchen zu entrollen beginnen und ein Verfärbungsprozess beginnt. Waren es zunächst leicht grau-braune Farbtöne, verfärbt sich die Pflanze Zunehmens zu einem satten Grünton. Am nächsten Morgen war der Verfärbungsprozess fast komplett abgeschlossen. Laut Britas Erfahrung kann man die Pflanze jetzt etwa 1 Woche lang im Wasser stehen lassen um ihren Anblick zu genießen. Um einem Schimmelprozess vorzubeugen, sollte man sie dann allerdings aus dem Wasser nehmen und erneut zur Trocknung an der Sonne auslegen. Eine Heizung tut es selbstverständlich auch. Jetzt lässt sich die Rose von Jericho wieder einlagern und bei „Verlangen“ erneut wiederbeleben, daher der Name Auferstehungspflanze, denn der Vorgang lässt sich beliebig oft wiederholen.
Der Begriff Wiederbelebung ist dabei eigentlich falsch, denn die Pflanze ist und bleibt abgestorben. Das Wiedererwachen ist ein physikalischer Vorgang, in dem sich die Zellen aufgrund von Kapillarität mit Wasser vollsaugen. Die dabei entstehende hydrostatische Kraft sorgt für das Entrollen der Ästchen und die Verfärbung in der Pflanze. Eine erneute Assimilation findet nicht mehr statt.
Es ist doch immer wieder verwunderlich wie sich Pflanzen- und Tierwelt auf ihre Lebensbedingungen einstellen und spezialisieren. Ähnlich eines modernen Autos muss auch die Rose von Jericho über einen „Regensensor“ verfügen, woher sonst sollte sie wissen, dass es gerade regnet und damit die Zeit gekommen ist, erneut für den Nachwuchs in Form von Samenfreigabe zu sorgen.
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