Jährlich sind es einige Tausend Touristen, die ihren Urlaub in der Türkei auch mit dem Einkauf immer noch günstiger Textilien kombinieren.
Sind die Zahlen aufgrund günstiger Angebote in Europa auch rückläufig, so kann man trotzdem noch von türkischem Textilientourismus sprechen, der seine Ursache zum einen im Lohngefälle bei der Herstellung aber auch im Rohstoffangebot hat.
Ein Großteil der zur Textilienherstellung benötigten Baumwolle wird nämlich auch in der Türkei produziert. Sind es manchmal kleine Felder privater Baumwollbauern, die recht mühsam von Hand abgeerntet werden, so gibt es überwiegend Felder, die großtechnisch bearbeitet werden.
Baumwoll - ein Naturprodukt seit Jahrhunderten
Schon der griechische Philosoph und Historiker Herodot wusste 500 vor Christus über die indische Baumwolle folgenden Satz zu berichten: „Es gibt wild wachsende Büsche, aus deren Früchte man eine Wolle gewinnen kann, die die Schönheit und Qualität der Schafwolle weit übertrifft. Die Inder machen aus dieser Baumwolle ihre Kleider.“
Dabei ist die Nutzung der Baumwolle schon wesentlich früher bekannt gewesen, so ist man sich heute sicher, das schon vor etwa 12.000 Jahren die Ägypter Baumwolle zur Herstellung leichter Kleidung nutzten. Im antiken Babylon hatte Baumwolle einen so hohen Stellenwert, das man sie mit Weißem Gold bezeichnete. Funde von Kleidung in Höhlen Mexikos deuten auf ein Alter von mehr als 7.000 Jahren hin.
Die genauesten Aufzeichnungen über die Nutzung der Baumwolle stammen allerdings aus Indien und deuten auf bereits kultivierten Anbau der Pflanze vor über 3.000 Jahren hin. Überhaupt hat wohl Indien das größte Wissen und die größte Vielfalt an Baumwollsorten kultiviert. Zentren der Baumwollverarbeitung waren hier die Regionen Bengalen, Punjab, Coromandel und vor allem Gujarat, dessen Baumwolle über die verschiedensten Handelsrouten bis in den Nahen Osten gelangte.
Baumwolle als Luxusgut - teurer als Seide
Dabei war Baumwolle noch bis in das 16. Jahrhundert hinein ein Luxusgut, das meist teurer war als Seide. Die Gründe hierfür lagen einfach in dem hohen Aufwand an Arbeitskraft im Entfernen der Samenkapseln aus der Baumwolle und dem mühsamen Kardieren, dem Ausrichten der losen Fasern zu einem Flor. Im Vergleich zur Schafwolle aber auch zur Seide hat die Baumwolle einen Nachteil, der aufgrund der sehr kurzen Faserlängen hohen Arbeitsaufwand erforderte. Aus den historischen Aufzeichnungen kann man heute entnehmen, das zur Gewinnung von nur einem Pfund verarbeitungsfähiger Baumwollfäden 13 Arbeitstage nötig waren, für eine vergleichbare Menge von Seidenfäden lediglich 6 Arbeitstage. Um die gleiche Menge Fäden aus Leinen herzustellen waren nur zwei bis fünf Arbeitstage notwendig und für Schurwolle lediglich zwei Arbeitstage. Selbst mit Beginn der technischen Industrialisierung in England, die sich aufgrund ihrer Kolonialpolitik der indischen Baumwolle bediente, waren um 1750 englische Spinner nicht in der Lage, Baumwollfäden zu spinnen, die fest genug waren um daraus reine Baumwolltextilien herzustellen. Diese Kunst blieb weiterhin den Indern vorbehalten.
Baumwollernte durch Saisonarbeitskräfte
Je nach Region werden die Baumwollfelder meist im März bzw. April bepflanzt und im September abgeerntet. Hierzu bedient man sich auch hierzulande billiger Arbeitskräfte, die meist als Saisonarbeiter entlohnt werden und häufig aus dem Osten oder gar aus dem Ausland stammen. Zwar sind die Methoden der schwarzen Sklavenhaltung der amerikanischen Baumwollernte wohl einzigartig in der Geschichte gewesen, Lohndumping ist aber noch immer an der Tagesordnung. Die großen, watteähnlichen Blüten werden gepflückt und zum Abtransport in große Säcke gestopft. Für die Textilindustrie ist es dabei wichtig, möglichst große Faserlängen zu erhalten, die dann über den Preis entsprechend vergütet wird. Die Faserlänge wird in der Industrie auch mit Stapellänge bezeichnet. Beste Qualität, sprich Stapellänge, liefert in der Regel die Gossypium barbadense (gebräuchliche Handelsnamen sind Ägyptische Mako-Baumwolle, Pima-Baumwolle und Sea-Island-Baumwolle), die über 32 Millimeter Stapellänge erreichen.
Baumwolle kratzt nicht
Aufgrund des starken Trends zurück zur Natur hat auch die Baumwolle wieder einen hohen Stellenwert in der Textilindustrie erreichen können, trotz der mittlerweile so vielfältigen „Alleskönner“ Kunstfasern. Baumwolle nimmt zwar einerseits leicht Verschmutzungen auf, gibt diese aber auch sehr leicht wieder ab ohne dabei an Qualität und anderen Eigenschaften zu verlieren. Der größte Vorteil der Baumwolle liegt aber wohl in seiner Hautfreundlichkeit und dem Allergiepotential. Baumwolle kratzt nicht, ist ein zu 100% natürliches Material, das kaum negative Eigenschaften aufweist.
Glücklicherweise achten mehr und mehr Menschen auch beim Kauf ihrer Textilien auf 100% reine Baumwollfasern, die aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen auch entsprechend gekennzeichnet sind. Gleich ob bei der Unterwäsche, den Socken oder Hosen und Pullovern, der eigene Körper wird es danken.
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