Pedanios Dioscurides - Materia Medica
Dioscurides stammte aus Anazarbus in Kiliken in der heutigen Türkei. Über sein Leben ist vorwiegend das bekannt, was er über sich selbst in der Vorrede zur „Materia Medica“ schreibt.
Meist wird er als Militärarzt bei den römischen Legionen bezeichnet; die entsprechende Textpassage kann aber auch anders übersetzt werden, nämlich als "Leben wie ein Soldat". Aus der Vorrede kann man ableiten, dass Dioscurides Arzt und Pharmakologe gewesen sein muss.
Ausgebildet wohl in Tarsos, dem bedeutendsten Zentrum botanisch-pharmakologischen Forschung im römischen Reich und weitgereist, verfasste er als Praktiker aufgrund von Autopsie und unter Heranziehung umfangreicher älterer Literatur in griechischer Sprache sein Hauptwerk, PERÍ HÝLES IATRIKÉS (lat. De materia medica) in fünf Büchern, eine Arzneimittellehre, die bereits Galenus (129-199) nach Vollständigkeit und Gründlichkeit als maßgebliches Handbuch anerkannte.
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Die Materia Medica, die ca. 1.000 Arzneimittel umfasst (813 pflanzlichen, 101 tierischen, 102 mineralischen Ursprungs) und 4.740 medizinische Anwendungen bietet, gliedert sich in fünf Hauptteile:
1. Genussmittel und pflanzliche Nahrungsmittel
2. tierische Stoffe
3. unmittelbare Arzneistoffe
4. Getränke (Weine)
5. Mineralien.
Anders als die zuvor übliche alphabetisch oder nach äußerlichen Merkmalen geordnete Behandlung des gesamten Arzneistoffs verwendet Dioscurides erstmals eine Systematik nach der qualitativen Verwandtschaft, der medizinischen Wirksamkeit der einzelnen Arzneimittel (wobei auch Magisches nicht fehlt). Vorbildcharakter für spätere Kräuterbücher bis in die frühe Neuzeit hatte mehr noch Dioscurides’ Methode der Pflanzenbeschreibung: der Name der Pflanze und Synonyme, Herkunft, botanische Beschreibung, medizinische Eigenschaften, Zubereitung und Anwendung, gegebenenfalls auch Hinweise auf Lagerung, Aufdeckung von Fälschungen usw. Bereits die älteste und wichtigste überlieferte Dioscurides-Handschrift, der prachtvoll illustrierte „Wiener Dioscurides“ (Cod.med.gr.1, ÖNB) von 512/3 n. Chr., bietet zudem (ebenso wie spätere Handschriften) kunsthistorisch wichtige Abbildungen der besprochenen Heilpflanzen.
Die Arzneimittelkunde des Dioscurides, in zahllosen, immer wieder neuen Bearbeitungen, Paraphrasen und Übersetzungen (lateinisch, syrisch, arabisch, englisch, hebräisch, türkisch und mehr) verbreitet, behauptete für über 1.600 Jahre uneingeschränkt ihre autoritative Geltung in Abendland und Orient auf dem Gebiet der Pharmazie, der Pflanzen- und Drogenkunde und ist als eines der einflussreichsten Werke in der Geschichte der Medizin und Pharmakologie überhaupt zu betrachten. Der Aufstieg der organischen Chemie im 19. Jahrhundert verdrängte seine Nutzung auch aus der Alltagspraxis von Kräuterkunde, pharmazeutischer Herstellung und Anwendung.
Die aus fünf Büchern bestehende "Materia Medica" von Pedanius Dioscurides gilt als das wichtigste und einflussreichste antike Werk zu den Arzneimitteln. Es ist eine Sammlung von Monographien zu über 1000 Arzneimitteln. Das Werk entstand im 1. Jh. nach Chr. und bildete bis ins 16. Jh. die Grundlage für die Beschäftigung mit Arzneimitteln aus der Pflanzen- und Tierwelt und den Mineralien. Die großen Kräuterbücher der Neuzeit, von Autoren wie Tabernaemontanus oder Leonhard Fuchs basieren auf der Materia Medica.
Die Faszination für die Materia Medica liegt unter anderem darin, dass sie empirisch gewonnene Aussagen über Wirkungen, Toxizität und Verfälschungen enthält, welche bis heute aktuell geblieben sind und wissenschaftlich verifiziert wurden. Beispiele dafür sind: die schmerz- und hustenstillende Wirkung von Schlafmohn (Opium), die Anwendung von Pfefferminze bei Kopfschmerz, die Toxizität von Eisenhut, die dopaminerge Wirkunge von Keuschlamm oder die adstringierende Wirkung von Eiche und Weide.
Dioscurides ordnet die Präparate nach qualitativen Verwandtschaften. Jedem Präparat / Stoff ist ein eigenes, systematisch gegliedertes Kapitel gewidmet:
1. Pflanzennamen und in verschiedenen Ländern gebräuchliche Synonyme, 5
2. Vorkommen,
3. genaue Beschreibung,
4. Wirkung und Eigenschaften;
5. Die Kapitel enden mit Anweisungen über die erzeugten Präparate und Rezepturen.
6. Bei einigen Präparaten gibt Dioskurides Hinweise zur Prüfung auf Echtheit und Qualität.
7. Gewichtsangaben und Hinweise zu bestimmten Gerätschaften, zum Sammeln, Verarbeiten und Lagern schließen bei einigen Präparaten das Kapitel ab.
Maria Przybylo (Technische Universität München) hat freundlicherweise ihre Arbeit über Dioskurides und sein Werk für diese Homepage mit zur Verfügung gestellt. Wir möchten ihr an dieser Stelle ganz herzlich dafür danken.