Natürlich kamen wir schon während unseres Besuchs mit Brita und Gerda auf der Nordseeinsel Spiekeroog auch auf das Thema Nordseekrabben zu sprechen, die wohl deutschlandweit bekannte Spezialität aus dem Wattenmeer, die täglich frisch gefischt und gepult so lecker auf einem frischen Stück Brot sind.
Dabei sind allein schon die unterschiedlichen Bezeichnungen dieser Spezialität manchmal etwas irreführend. Der wohl wissenschaftlich richtige Name lautet „Nordseegarnele“, von Crangon Crangon wollen wir besser nicht sprechen, womit wohl auch nur die wenigsten etwas anzufangen wissen. Im Volksmund sagt man häufig Krabben oder Granat. Wie auch immer, gehört die Nordseegarnele in die Familie der Zehnfußkrebse.
Krabbenkutter bei der Ausfahrt aus dem Hafen Neuharlingersiel
Da lagen sie denn nun im Hafen von Neuharlingersiel am Kai, die Krabbenkutter. Ein recht imposantes Bild eröffnete sich uns schon beim Betrachten der einzelnen Kutter, so farbenprächtig und schön in der untergehenden Sonne. Und rechtzeitig zum Auslaufen bereit, denn Krabbenfang ist Tieden abhängig, was bedeutet, dass die Krabbenfischer bei auflaufendem Wasser aktiv werden. Nach unserer Rückkehr von Spiekeroog konnten wir wunderbar die ersten Krabbenkutter bei der Ausfahrt aus dem Hafen Neuharlingersiel beobachten.
Dabei gibt es Garnelen entlang vieler Küsten, vom Weißen Meer bis zur Atlantikküste. Die Garnelen lieben allerdings die sandigen und schlickigen Böden entlang der Nordsee, die wohl aufgrund der vielen eingespülten Nährstoffe durch die Flüsse besonders geschätzt sind. Allerdings findet man heute Populationen von Garnelen auch in der Ostsee, im Mittelmeer und im Schwarzen Meer, häufig wohl im Ballastwasser von Schiffen in die eigentlich fremden Regionen getragen und mittlerweile auch dort heimisch. (Bilder auch in Greetsiel aufgenommen).
Verminderte Salzgehalt die Tiere schützt vor ihren Fressfeinden
Während der wärmeren Jahreszeit findet man die Nordseegarnelen im Bereich vieler Flussläufe, wobei die Mischung aus Salz- und Süßwasser wohl kein Problem für die Garnele darstellt. Ja, die Wissenschaft vermutet gar, dass der verminderte Salzgehalt die Tiere gar vor ihren Fressfeinden schützt. Erst mit Erkaltung des Wassers ziehen sich die Garnelen in tieferes Wasser zurück. Die eingeschwemmten Nährstoffe, man vermutet auch die Düngemittel, haben zur starken Ausbreitung der Populationen beigetragen.
Bei einer Gesamtkörperlänge von bis zu 9 Zentimetern bei den ausgewachsenen weiblichen Tieren, die männlichen Garnelen sind meist etwas kleiner, sind es nicht allein die Beine, die zur Fortbewegung genutzt werden, sondern vor allem der stark ausgeprägte Schwanzfächer. Durch blitzschnelles, ruckartiges Einklappen des Schwanzfächers sorgt dieser Muskel während der schnellen Flucht vor Fressfeinden für das rasche Entweichen. Wer einmal eine Nordseekrabbe in der Hand hatte, kennt diese ruckartige Schwanzbewegung, die einen manchmal richtig erschrecken lässt. Gerade dieser Fächerschwanz, bzw. sein Muskel ist allerdings die von vielen Menschen so geliebte Delikatesse, denn dieser massive Muskel ist das genutzte „Krabbenfleisch“.
Bei Ebbe verbleiben Sie häufig in den Prielen
Während sich erwachsene Nordseegarnelen fast ausschließlich in tieferen Gewässern aufhalten, zieht es der Nachwuchs vor, während der wärmeren Jahreszeit den Gezeiten zu folgen und nutzt so das Wattenmeer auch zum Schutz vor Fressfeinden. Mit dem auflaufenden Wasser kommen sie auf die Watten Gebiete, bei Ebbe verbleiben Sie häufig in den Prielen. Nahen Fressfeinde wie zum Beispiel Möwen, graben sich die Nordseegarnelen im Sand ein, wobei sie auch ihre Körperfarbe der Umgebung anpassen können.
Schon im 17. Jahrhundert wurden Nordseegarnelen im Wattenmeer gefangen, damals allerdings nicht vom Fischkutter aus, sondern zunächst häufig durch Netze in einer Rahmenkonstruktion, Schiebehamen genannt, der vom Granatfischer bei auflaufendem Wasser über den Wattboden geschoben wurde. Die verwendete Größe der Öffnungen im Netz sortierte dann den Fang vor. In Belgien war es üblich, Nordseegarnelen vom Pferd aus zu fangen. Heute leider nur noch als touristische Attraktion ausgeführt, zogen die Kaltblüter mit den Fischern auf ihren Rücken die Netze hinter sich her. Direkt am Strand wurde der Fang gekocht und verkauft. So ist es noch heute beim Krabbenfest in Oostduinkerke in Flandern üblich. Noch aus den 70er Jahren sind uns private Granatfischer bekannt, die mit ihrem Schiebenetz recht erfolgreich während der Ferienzeit zu Fischern wurden.
Netz wird im flachen Wasser auf den Meeresgrund abgelassen
Die modernen, professionellen Fischer auf ihren Kuttern setzen sogenannte Baumkurren ein, um die Nordseegarnelen zu fangen. Mit dem auflaufenden Wasser verlassen die wenigen noch verbliebenen Fischkutter ihre Häfen und fahren in ihre Fanggebiete im Wattenmeer. Das Netz wird im flachen Wasser auf den Meeresgrund abgelassen und mit Hilfe der Baumkurre wie ein Grundschleppnetz über den Meeresboden gezogen. Nach einer gewissen Fangstrecke holt man die Netze ein und sortiert direkt an Bord den Fang durch. Beifang wird dabei möglichst schnell und lebendig wieder in das Meer zurück geworfen. Viele Krabbenfischer sind heute auch sehr ökologische denkend und gehen entsprechend schonend mit Natur und Tierwelt um. Der durchsortierte Rest des Fangs wird direkt an Bord mit Seewasser abgekocht, wodurch sich die Farbe der Garnelen zu rosa bis rotbraun verändert.
Ungepult direkt am Kutter an bereits wartende Liebhaber
Vom Fanggebiet zurück, werden die Nordseegarnelen durch Krabbensortiermaschinen nach Größe sortiert und bei Lagerung mit Kochsalz, Benzoesäure und Zitronensäure konserviert. Meist wird schon im Hafen ein Teil des Fangs ungeschält oder besser ungepult direkt am Kutter an bereits wartende Liebhaber verkauft. Wie früher, als das Krabbenpulen immer in Heimarbeit, meist von den Fischerfrauen erledigt wurde, nimmt der heutige Liebhaber seine ungepulten Krabben mit nach Hause und beginnt dort mit dem Pulen. Dazu werden Kopf und Hinterteil des Tieres jeweilig zwischen zwei Finger genommen, in der Mitte leicht eingeknickt und während einer leichten Drehung auseinander gezogen. Nach einiger Übung wird man leicht die persönlich beste Vorgehensweise für sich herausfinden und schnell eine gewisse Menge Krabben gepult haben. Man rechnet etwa mit einem Kilogramm Krabbenfleisch aus drei Kilogramm Rohware. Dabei enthalten 100 Gramm Krabbenfleisch etwa 18,6 Gramm Eiweiß, 1,44 Gramm Fett und 130Milligramm Jod (Für die Energiebewussten unter uns ca. 369 kJ oder 87 kcal).
Krabben per LKW nach Marokko
Aufgrund von hygienischen Vorschriften, die im Rahmen der EU Gesetzgebung entwickelt wurden, ist das Pulen zu Hause heute nur noch für den Privatgebrauch zulässig. Die einstige Heimarbeit für viele im Bereich der Fischerdörfer ist damit entfallen, so auch die Wettkämpfe im Schnellpulen, die es früher regelmäßig gab. Auch im sogenannten „Ostfriesenabitur“ ist das Krabbenpulen eines der „prüfungsrelevanten“ Kriterien zum Bestehen des Abiturs.
Ob die heutige Lösung sich allerdings noch lange halten kann, mag an dieser Stelle auch erwähnt werden: Welch ein Unsinn ist es aus ökologischer Sicht, die Krabben per LKW nach Marokko, Polen oder Weißrussland zu liefern um sie dort pulen zu lassen um dann die gepulten Krabben zurück nach Deutschland zu bringen. Leider haben all die kritischen Äußerungen vieler Gleichdenkender noch keine Änderung dieser sonderbaren Regelungen gebracht. Zieht man eine ökologische Gesamtbilanz, kann das sicherlich nicht das optimale Ergebnis sein.
Schon seit der Einführung der Maschinentechnik haben sich zahllose Entwickler auch an Maschinen versucht, das Krabbenpulen maschinell zu erledigen. Heute gibt es gar einige Standorte, an denen solche Maschinen tatsächlich funktionieren. Aber wie sagt der Branchenkenner so treffend: „Eine Krabbenschälmaschine zu bauen ist etwas für Überzeugungstäter ... Bei dem Versuch sind einige verrückt geworden. ... Es ist so schwierig, denn jede Krabbe ist anders“.
Frische Krabben direkt vom Kutter kaufen
Wir können nur empfehlen, sich wenn möglich, frische Krabben direkt vom Kutter zu kaufen und sie selbst zu Hause zu pulen. Schnell sind die Mengen erreicht, die für einen kräftigen Brot Belag ausreichen. Und gesellig in der Familie oder gemeinsam mit Freunden ist das Krabbenpulen außerdem, denn schon nach wenigen Versuchen braucht man sich auf diesen Vorgang nur noch wenig zu konzentrieren und hat somit ausreichend Zeit für intensive Gespräche.
Guten Appetit möchten wir an dieser Stelle noch hinzufügen, gleich ob sie Ihre Krabben als Brot Belag oder als Salat, angemacht mit Mayonnaise oder Öl, vorziehen.
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