Laktase – Woher kommt die Laktoseintoleranz?
Ist Ihnen auch schon einmal aufgefallen, das in der Türkei der Konsum von Milch wesentlich weniger stark verbreitet ist als im Norden Europas?
Milchviehwirtschaft befindet sich noch in den Anfängen und nur vereinzelt gibt es Farmen für die Milchproduktion.
Meist findet man Kühe nur in der Einzeltierhaltung von kleinen Farmen oder Kleinbauern. Dies liegt nicht etwa daran, das die Milchproduktion bislang wenig bekannt ist, sondern vielmehr daran, das viele Menschen hier einfach keine Milch vertragen.
Mit der Geburt fast jedes Menschen auf der Erde ist dieser in der Lage Milch, also Laktose, zu verdauen. Nur bei ganz wenigen Menschen mit sehr seltener Genomvariante, denen das Gen zur Laktaseproduktion fehlt, können neugeborene Kinder in der Stillzeit und bis in die ersten Kinderjahre Milch und deren direkte Produkte ohne Probleme verdauen. Im Laufe der Jahre nimmt diese Fähigkeit aber bei vielen Menschen immer mehr ab und die Laktaseaktivität sinkt um bis zu 90%.
Warum verträgt ein Teil der Menschheit Laktose, ein Anderer nicht?
Eine Gruppe von Menschen, denen die Laktase über die Stillzeit hinaus und über die Lebensdauer gut erhalten bleibt und eine Gruppe, bei denen ihre Aktivität nach den ersten Lebensjahren fast gänzlich zum Erliegen kommt.
Der Grund dieser Zweiteilung liegt ca. 5000 Jahre vor Christus, eine Zahl die am University College London errechnet wurde. Dieser Berechnung zu Folge entwickelte sich um 5000 vor Christus eine neue Genomvariante des Laktoseverdauenden Menschen, die parallel zur Entwicklung der Viehzucht und der Herdenwirtschaft auftrat. Unsicher ist aktuell, ob es nur im Balkan oder auch im nordeuropäischen Raum und in anderen Regionen der Welt zu einer solchen Mutation kam. Durch das Bevölkerungswachstum und die Völkerwanderungen gen Zentraleuropa verbreitete sich diese Menschengruppe in Zentraleuropa.
Diese Menschengruppe konnte auch nach den ersten Lebensjahren und über eine große Spanne ihres Lebens Laktose ohne Probleme verdauen, auch wenn die Laktoseaktivität alterbedingt dennoch abnahm.
In den Mittelmeergebieten und dem Rest der Welt, mit Ausnahme einiger afrikanischer Stämme und einiger Nomadenvölker in Asien, war jedoch die Menschengruppe der Laktoseunverträglichen ansässig. Milch wurde hier gar nicht oder nur als fermentierter und damit laktosefreier Käse genossen. Hauptschwierigkeit in Zentraleuropa ist für Laktoseunverträgliche im Grunde der Rückgang der Laktaseaktivität über die Lebensspanne in einem Umfeld, in dem Milch seit Jahrtausenden zum Grundnahrungsmittel gehört.
Sie liefert Vitamin D in den weniger sonnigen Gefilden Europas, wo die körpereigene Produktion nur bedingt ausreicht. Sie ist Calcium und Proteinlieferant und half 5000 Jahre vor Christus zu Überleben und mehr Nahrung aus kleineren Herden zu ziehen.
Kaum eine Mutation hatte solchen Einfluss auf die Kultur, die Essgewohnheiten der Menschen in Zentraleuropa (in einem EU Forschungsprojekt werden diese kulturellen Einflüsse seit 2008 untersucht).
Entsprechend schwierig ist es für die laktoseunverträgliche Menschengruppe oder Menschen, deren Laktaseaktivität in der späteren Lebensspanne absinkt, sich in einem solchen Umfeld zurecht zu finden.
Fakt bleibt jedoch, Laktoseunverträglichkeit ist keine Absonderlichkeit sondern die Norm. Zwischen 10-15 % der deutschen Bevölkerung, so wird berichtet, vertragen keine Laktose. Im nördlichen Europa sinkt diese Zahl weiter bis unter 5%, während sie im außereuropäischem Raum und dem Mittelmeerraum stark ansteigt.
Quelle: University College London