Nach einem Tag mit neuen Erfahrungen im Gleitschirmfliegen für Georg waren wir zu unserem Freund Oktay in Richtung Gazipasa gefahren, um in dessen Restaurant den Tag mit einem leckeren Fischgericht abzuschließen.

Hier zeigt man den Gästen schon beim Eintritt in das Restaurant, was der Fang des Tages "hergibt", so das der Gast sowohl die Fischart als auch die Art der Zubereitung selbst bestimmen kann. Besonders ist auch, das zumindest ein Teil des Frischfisches vom zum Restaurant zugehörigen Koch, Fischer und Taucher selbst harpuniert wird. Mit anderen Worten, hier erhält man den Fisch, der zuvor mit mehr oder weniger Glück selbst gefangen wurde.

Und wieder einmal war es, um es in wenigen Worten zu sagen, einfach nur lecker. Kein Wunder also, das es viele Gespräche zum Thema Fisch und das Tauchen gab, vielleicht auch ein Grund mit für Georg sich zukünftig immer mehr mit dem Tauchen zu beschäftigen. Nach dem Essen bot Oktay uns zum Abschluss des Essens den typisch türkischen Kaffee an, der ohne Filter in kleinen Portionsbehältern direkt auf dem Gaskocher aufgebrüht wird. Das Kaffeepulver, vergleichbar zum europäischen Mocca, ist so fein gemahlen, das es fast staubig wirkt. Je nach Wunsch des Genießers mit oder ohne Zucker wird das Kaffeewasser mit dem Kaffeepulver zusammen in einem kleinen Kännchen gemischt und aufgekocht. Nach dem Aufkochen wird der Kaffee dann in kleine Moccatassen gefüllt und den Gästen serviert. Da das Kaffeepulver nicht aus dem Kaffeesud herausgefiltert wird, gelangt es mit in die Tasse. Der Genuss für den Kaffeeliebhaber dauert dann noch ein wenig, denn nur langsam setzt sich das Pulver auf dem Boden der Kaffeetasse ab. Der Genießer trinkt dann den Kaffee in kleinen Schlucken, wobei der Bodensatz zurück bleibt und .... womit auch Oktay wieder ins Spiel kam.

Er hatte sich zu uns gesellt und auch einen Kaffee genossen. Die Gespräche flossen dahin und plötzlich nahm Oktay seine Kaffeetasse samt Untertasse in die Hand, drehte sie auf den Kopf, wodurch sich der Kaffeesatz vom Boden der Tasse löste und langsam auf die Untertasse lief. Jetzt stellte er das Konstrukt auf den Tisch zurück und meinte dann ganz nebensächlich: "Ich werde jetzt eure Zukunft vorhersagen", was im Türkischen mit "fal bakmak" oder "kahve fali" ausgedrückt wird, auf Deutsch: Kaffeesatz lesen!

Ein in der Türkei weit verbreitetes Ritual, das oftmals im Freundeskreis zur Unterhaltung vorgetragen wird. Überrascht ist man allerdings, wer denn das Kaffeesatzlesen und damit den Blick in die Zukunft wagt. Oktay in diesem Fall.

Oktay hatte inzwischen Kaffeetasse und Untertasse wiederum gedreht und dann die Untertasse zunächst beiseite gestellt. Natürlich, so wird man im ersten Augenblick sagen, eine Kleckerei in der Tasse und auch auf der Untertasse, den der braune Kaffeesud hinterlassen hat. Doch Oktay begann zunächst die Kaffeetasse ausgiebig zu betrachten. Beim genauen Hinsehen sind Muster und Spuren durch den herabfließenden Kaffeesatz zurück geblieben, die jetzt mit viel Fantasie "gedeutet" werden. Die Figuren geben die Hinweise auf das zukünftige Geschehen im Leben der Hauptperson der jeweiligen Kaffeesatz Lesung. Was eher als Spaß und Ergänzung zum Gespräch begonnen wurde, endet oftmals in Diskussionen zum täglichen Alltag oder mündet gar in ganz neuen Ideen, die man dann in der Gruppe weiter diskutiert und entwickelt.

Sehr spannend erläuterte Oktay die Figuren und Linien, die auf die Wege des Lebens verweisen und was an Veränderungen auftreten werden, der Fantasie sind dabei kaum Grenzen gesetzt. Reicht die Geduld der Zuhörer weiterhin aus und auch in der Fantasie des "Deuters" ist noch kein Ende abzusehen, nimmt er sich als nächstes die Untertasse vor. Auch hier werden Figuren und Linien des Kaffeesuds untersucht und erläutert. Zum Abschluss steht oftmals der Wunsch nach Glück und Zufriedenheit im Mittelpunkt der Deutung. Ob und in welcher Form sich dann die Vorhersagen tatsächlich erfüllen, ist eine eigentlich nebensächliche Frage.