Nach unserer doch ausgiebigen und schweißtreibenden Bergwandertour hatte uns Rino während der Abfahrt in einem Bergdorf noch auf ein Erfrischungsgetränk eingeladen.
Üblicherweise wurde ein Radler bestellt, das auch in Mazedonien von hier ansässigen Firmen produziert und vertrieben wird und das, neben den Weizenbieren und sonstigen isotonischen Softdrinks bekannter Maßen als exzellenter Durstlöscher gilt. Unsere Aufmerksamkeit fiel allerdings auf ein Getränk am Nachbartisch, das uns weder aufgrund seiner Farbe noch seiner Konsistenz bisher bekannt war: Boza.
Ein durstlöschender, isotonischer Drink - Boza
Natürlich folgte die unmittelbare Nachfrage und so war auch schnell eine Runde Boza, das in normalen Getränkegläsern der Größe 0,2 Liter serviert wurde, bestellt. Erst nach einem zunächst vorsichtigen Probieren waren wir überzeugt, einen Softdrink gefunden zu haben, der zusätzlich alle Qualitäten eines gesunden Softdrinks mit sich brachte, durstlöschend und belebend. Zumindest was die Inhaltsstoffe angeht, waren wir uns sicher, denn die überwiegenden Anteile des Getränks bestanden aus der Mälze des Mais und des Weizens, die fermentiert ausgeschenkt werden. Boza ist in seiner Konsistenz eher etwas dicker, hat einen sehr geringen Alkoholanteil von meist unter einem Prozent und ist im Geschmack leicht säuerlich. In vielen Staaten des Balkans ist Boza als sommerliches Erfrischungsgetränk bekannt, zumal es auf eine lange Historie verweisen kann.
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Bereist Xenophon berichtet von fermentierten Getreidegetränken
Fermentierten Getreidemehl in flüssiger Form als Getränk wurde erstmals in Aufzeichnungen der Bewohner Anatolians und auch von den Mesopotamiern im 9. und 8. Jahrtausend vor Christus erwähnt. Später, im 4. Jahrhundert vor Christus, erwähnt auch Xenophon, wie die Einheimischen Vorbereitungen zur Herstellung für dieses Getränk trafen, das dann in irdene Töpfe gefüllt, die eingegraben werden, reifen konnte. Aus Akkadian und in sumerischen Texten sind Hinweise zu erwähnen, die "Boza-ähnliche Getränke" als fermentierte Hirsegetränke beschreiben. Später breitete sich Boza über den Kaukasus und auf dem Balkan aus. Er genoss seine Blütezeit unter den Osmanen und die Boza Herstellung wurde zu einem der wichtigsten Berufe in Städten und Gemeinden der frühen osmanischen Zeit.
Sultan Selim II verbietet das Getränk Boza
Bis zum 16. Jahrhundert wurde Boza überall im osmanischen Großreich getrunken, aber der Brauch der so genannte Tartaren, die Boza mit Opium versetzten, erweckte den Zorn der religiösen Behörden und so wurde Boza von Sultan Selim II (1566-1574) letztendlich verboten. Im 17. Jahrhundert verbietet Sultan Mehmed IV (1648-1687) alle alkoholischen Getränke, worunter auch Boza fällt und somit auch alle Boza Produktionsstätten geschlossen werden müssen. Dieses Verbot wurde im Laufe der Geschichte des Reiches einige Male verstärkt und dann wieder gelockert. Im 17. Jahrhundert berichtet der türkische Reisende Evliya Çelebi, dass Boza aber weiterhin getrunken wurde und dass es in Istanbul mehr als 300 Boza Geschäfte gab, die mehr als tausend Menschen beschäftigten.
Die Janitscharen und das Boza Getränk
Zu dieser Zeit wurde Boza hauptsächlich von den Janitscharen der osmanischen Armee getrunken, denn es enthielt nur ein geringes Maß an Alkohol. Und so lange, wie die Janitscharen es nicht in großen Mengen konsumierten um Trunkenheit zu verursachen, wurde es mit der Begründung toleriert, dass es eine Erwärmung und Stärkung für Soldaten bedeutete. Wie Evliya Çelebi im ersten Band ("Istanbul") seiner Seyahatname erklärte: "Es gibt eine Vielzahl von Boza Konsumenten in der Armee. Um eine vergleichbare Intoxikation wie durch den Konsum von Wein auch durch Boza zu bewirken, müsste Boza in so großen Mengen getrunken werden, das niemand es tun würde. Deshalb sollte man den Weinkonsum als sündhaft proklamieren und Boza gestatten."
Boza Produktion und Geschäft in Istanbul
Im 19. Jahrhundert wurde das süße und leicht alkoholische Boza im osmanischen Palast wieder gestattet und erlangte zunehmende Beliebtheit, während die saure und stärker alkoholische Art von Boza aus der Mode geriet. Im Istanbuler Stadtteil Vefa gründeten 1876 die Brüder Haci Ibrahim und Haci Sadik ein Boza Geschäft in der Nähe des damaligen Zentrums der Unterhaltung in Direklerarası. Diese Boza, mit ihrer dicken Konsistenz und dem herben Geschmack, wurde in der ganzen Stadt berühmt und ist in der heutigen Geschäftswelt das einzig verbliebene Boza Geschäft aus dieser Zeit. Diese Firma wird noch heute von Haci Sadik und Haci Ibrahim Ur-Urenkel weiter betrieben.
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