Edelkastanien - Ernte und Verköstigung in Rapsani
- Geschrieben von Portal Editor
Nach unserem Zusammentreffen mit Nikos am Bahnhof von Rapsani waren wir hinauf in Richtung Ortskern gefahren, wo uns das weibliche "Ernteteam" aus den USA an einer Kastanienplantage bereits erwartete.
Und auch wenn deren Ergebnis der Kastanienernte vielleicht nicht unbedingt Nikos Erwartungen entsprach, so war der Tragekorb zumindest zur Hälfte mit Esskastanien gefüllt. So wurden die Körbe verladen und es ging weiter hinauf zum Farmgelände.
Bereits in prähistorischer Zeit war die Edelkastanie oder Marone im kaukasisch-armenischen Gebiet weit verbreitet, als Frucht bekannt und gegessen und das Holz verarbeitet. Die erste Kultivierung der Kastanie als Obstbaum dürfte in der Zeit zwischen 9. und 7. Jahrhundert v. Chr. im Gebiet zwischen Kaspischem und Schwarzem Meer erfolgt sein. Von hier verbreitete die Esskastanie rasch nach Kleinasien, Griechenland und auf den Balkan.
In der griechischen Antike wurde die Edelkastanie verbreitet kultiviert, in Sparta etwa wurden daraus schwarzes Brot, Mehl und Suppen hergestellt. Erwähnt werden Kastanien in den Werken von Jesaja, Homer, Xenophon und Hippokrates. Griechen, Phönizier und Juden handelten die Früchte im ganzen Mittelmeergebiet. In Großgriechenland (Magna Graecia), besonders in Kalabrien, wurde die Edelkastanie in Plantagen angepflanzt.
Die Römer verbreiteten die Edelkastanie im ganzen Römischen Reich bis hinauf nach Britannien, neben Kastanien und Holz wurden auch der Honig und als Medizin Rinde, Blätter und Blüten verwendet. Viele Schriftsteller beschäftigten sich unter verschiedensten Aspekten mit der Edelkastanie, so Plinius der Ältere, Columella, Vergil, Ovid und Dioskurides. Kaiser Augustus' Koch Apicius überlieferte sogar Kochrezepte. Generell stand Edelkastanie in hohem Ansehen.
Im frühen Mittelalter war die Edelkastanie im südlichen Europa eine sehr bedeutende Nahrungspflanze. Der Langobarden-König Rothari führte sie 641 in seiner Liste der geschützten Bäume auf und Ende des 8. Jahrhunderts befahl Karl der Große im Capitulare de villis ihren Anbau auf Königsgut. Im 10. Jahrhundert waren die castagnatores eine eigene Form der Bauern. Klöster ließen in vielen Mittelgebirgslandschaften Edelkastanien pflanzen. Kastanien waren zu dieser Zeit jedoch nur ein Grundnahrungsmittel von vielen. Sie wurden frisch und getrocknet, roh oder gekocht, geröstet oder als Mehl verspeist. In Berggebieten war sie besonders im Winter eine wichtige Kohlenhydratquelle. Im 11. bis 13. Jahrhundert intensivierte sich aufgrund des Bevölkerungswachstums der Kastanienanbau in den Gebieten, wo kein Getreide angebaut werden konnte, Kastanien wurden immer mehr das Brot der Armen. Die wichtigste Konservierungsmethode war damals das Trocknen, teilweise durch Räuchern. Das Mehl war ein bis zwei Jahre haltbar. Im 12. Jahrhundert kam in der Lombardei das Wort Marroni auf, mit dem Kastanien der besten Qualität, groß, süß, schmackhaft und leicht zu schälen, bezeichnet wurden.
Gegen Ende des Mittelalters wurden Kastanien mit schlechter Verdauung, Kopfschmerzen, Blähungen und verstärktem Sexualtrieb assoziiert. Daher wurden sie als Nahrung für die arbeitende Bevölkerung und zur Schweinemast angesehen, weniger als Nahrung für die höheren Stände.
Die Früchte sind glänzende, dunkelbraune Nüsse. Die Früchte eines Teilblütenstandes sind von einem stacheligen Fruchtbecher umgeben, der sich aus der schuppigen Scheide entwickelt. Die Stacheln sind anfangs grün und zur Reife gelbbraun. Bei der Wildform hat der Fruchtbecher einen Durchmesser von fünf bis sechs Zentimetern, bei Kulturformen kann er bis zehn Zentimeter erreichen. Bei Vollreife öffnet sich der Fruchtbecher mit vier Klappen und entlässt die ein bis drei Früchte. Bei manchen Sorten fällt der Fruchtbecher mitsamt den darin enthaltenen Nüssen ab.
Die Nüsse haben einen hohen Gehalt an den Kohlenhydraten Stärke und Saccharose. Der hohe Zuckergehalt zusammen mit dem hohen Wassergehalt frischer Früchte macht sie leicht verderblich. Der hohe Kohlenhydratgehalt unterscheidet die Kastanien von den meisten anderen Nüssen, die vorwiegend Fette enthalten. Der Proteinanteil ist frei von Prolamin und Glutenin, Kastanienmehl ist daher nur in Mischungen mit anderem Mehl backfähig. Der Gehalt an für den Menschen essentiellen Aminosäuren ist hoch. Der Proteingehalt ist sogar höher als in Kartoffeln, aber geringer als in Getreide. Der Fettgehalt ist gering, hat aber einen hohen Anteil an Linolsäure.
Als wir dann am Abend auf der Nachbarfarm am wärmenden Kaminfeuer saßen, beschäftigte sich Nikos Nachbar zunächst mit dem Schälen der Kastanien, die dann in einer metallischen Griffschale in das offene Feuer zum Rösten gegeben wurde. Schon nach wenigen Minuten waren die ersten Kastanien fertig geröstet und konnten serviert werden. Eine leckere Nachspeise zum Knabbern oder einfach nur als Knabberei zum Wein.
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