Istanbul - Marmaray-Eisenbahn-Tunnel eröffnet
- Geschrieben von Portal Editor
Der Traum begann bereits während des Osmanischen Reichs im Jahr 1860: Mit Hilfe eines Tunnelbaus bei Istanbul sollten Asien und Europa unter dem Bosporus miteinander verbunden werden.
Seinerzeit verhalfen die so genannte Bagdad-Bahn und die Anatolische Eisenbahn der an Infrastruktur schwachenTürkei zu wirtschaftlichem Aufschwung um den Anschluss an Europa zu finden. Selbst die wohl situierten Passagiere des legendären Orient-Express mussten mit der Fähre vom europäischen zum asiatischen Teil Istanbuls übersetzen, wenn sie ihreReise Richtung Bagdad fortsetzen wollten.
Damals dachten die Ingenieure über eine Art Röhrensystem nach
Doppelröhre aus Beton unter dem Marmara-Meer
In den kommenden Jahren soll die „Marmaray“-Strecke in Europa und Asien um mehr als 60 Kilometer an ebenerdigen Gleisen ausgebaut werden. Dann, so sagt die Planung voraus, wird die Fahrt zwischen den Endhaltestellen Gebze auf der asiatischen Seite im Istanbuler Südosten nach Halkali im europäischen Westen der Stadt etwa eine Stunde und 45 Minuten dauern – rund die Hälfte der Zeit, mit der man derzeit rechnen muss. „Marmaray“ soll in das ebenfalls im Ausbau befindliche Metronetz von Istanbul integriert werden. Bis zum Jahr 2030 will die Stadt über knapp 800 Kilometer an Nahverkehrsschienen verfügen; derzeit sind es 124 Kilometer. Die im Zweiminutentakt verkehrenden Züge sollen bis zu 75 000 Menschen pro Stunde befördern. Das fast fünf Milliarden Dollar teure „Marmaray“-Projekt soll auch dem internationalen Reise- und Güterverkehr neue Impulse verleihen.
Staatspräsident Abdullah Gül, Regierungschef Tayyip Erdogan und fast das ganze Kabinett sind zur feierlichen Eröffnung des Tunnels am 90. Jahrestag der Gründung der türkischen Republik angereist. Aus Tokyo reiste Japans Ministerpräsident Shinzo Abe an – der Tunnel wurde von einem türkisch-japanischen Firmenkonsortium gebaut.
Einige Tunnelbauer und türkische Regierungsvertreter äußern sich, als hätten sie Asien und Europa erstmals verbunden. Das ist allerdings falsch: Schon jetzt kann man im Zug von London über Berlin und Moskau nach Peking fahren. Im Ural passiert die Transsibirische Eisenbahn die Grenze zwischen Europa und Asien. «Marmaray» ist somit eine mögliche Alternativstrecke.
Aber die Türkei denkt schon weiter. In einem zweiten Schritt wird der Bahntunnel auch für den Fernverkehr ausgebaut. «Mit dem Marmaray-Projekt sind Peking und London mit einem Schienenkorridor verbunden», hatte Süleyman Karaman, Chef der staatlichen türkischen Eisenbahngesellschaft TCDD, erklärt. Die Strecke soll auch Teilstück einer «eisernen Seidenstrasse» zwischen Asien, dem Nahen Osten und Europa werden.
Wissenschaftler kritisieren außerdem, dass die Arbeiten an dem Tunnel unter dem Meeresboden der Unterwasserwelt desMarmara-Meeres schweren Schaden zugefügt haben. Die von Erdogan autoritär durchgedrückten Großprojekte sind immer wieder heftig umstritten. Bürger protestieren nicht nur weil für den Bau der dritten Bosporus-Brücke kostbarer Wald, der als Wasserspeicher der Stadt Istanbul galt, abgeholzt wird. Ein weiterer Groß-Flughafen ist auf der europäischen Seite geplant, mit dem Istanbul unter die wichtigsten Drehkreuze im weltweiten Luftverkehr aufrücken will. Zudem will Erdogan das Schwarze Meer und das Marmarameer mit einem Kanal verbinden. Für den Schiffsverkehr soll westlich von Istanbul eine Art zweiter Bosporus gegraben werden.
Der Bau, den Erdogan selbst mit Stolz als "verrücktes Projekt" bezeichnet, soll zum 100. Geburtstag der Türkischen Republik 2023 fertig sein.
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Die Stadt ist der türkische Schmelztiegel an Innovation, moderner Lebensfreude und jugendlicher Aufmüpfigkeit. Am Bosporus boomt die Wirtschaft, herrscht reger Handel und Wandel und werden die neuesten Trends des Landes zwischen Orient und Okzident, zwischen Kommerz und Koran vorgegeben. Gleichzeitig pflegt man liebevoll sämtliche Klischees aus 1001 Nacht: mit illuminierten Kuppeln und Minaretten, orientalischen Basaren und glitzernd-rasselnden Bauchtänzerinnen.