Urartäer bis Timur - Zur Geschichte von Erzincan
Erzincan hat eine weit in die Vergangenheit zurückreichende Geschichte. Obgleich bis heute keine hethitischen Siedlungen gefunden wurden, wird Erzincan als zum hethitischen Reich zugehörig benannt.
Nach dem Niedergang des Hethiterreichs herrschten ab 900 v. Chr. die Urartäer. Im Jahr 1953 wurden in der Nähe der Stadt bei einer Grabung urartäische Funde gemacht. 600 v. Chr. erlangten die Meder die Oberherrschaft über Erzincan. Die Schlacht zwischen dem Mederkönig Kyaxares II. und den Lydern hat sich vermutlich in der Region um Erzincan abgespielt. Ab 550 v.Chr. wurden die Meder von den Persern abgelöst.
70 v. Chr. unternahmen die Römer Feldzüge nach Ostanatolien und eroberten Erzincan. Aber kurze Zeit später (68 v.Chr.) konnte das „Reich von Pontus“ den Römern das Gebiet um Erzincan abnehmen. In den folgenden Jahrhunderten gehörte Erzincan zu dem Gebiet, das zwischen dem Byzantinischen Reich und den iranischen Reichen der Parther und Sasaniden umkämpft war. Im Jahre 629 eroberten die Byzantiner unter dem Kaiser Herakleios Erzincan zurück.
Im Jahre 655, während der islamischen Expansion, eroberte der arabische Feldherr Habib bin Mesleme Erzincan. Mit dem Niedergang der Sasaniden kämpften jetzt die Byzantiner in Ostanatolien gegen die Araber. So konnte 859 der Statthalter der Abbasiden in Malatya Omar bin Abdullah das Gebiet um Erzincan wieder von den Byzantiner zurückerobern.
Türkische Eroberer kommen nach Ercinzan
Als im 11. Jahrhundert die Türken nach Anatolien kamen, schlugen diese, unter König Alp Arslan, 1071 die Byzantiner bei der Schlacht von Manzikert. Durch diesen Sieg siedelten sich die Türken dauerhaft in Anatolien an. Einer der Generäle Alp Arslans, Mengücek Ahmet Ghazi, erkundete und eroberte unter anderem das Gebiet von Erzincan. Er herrschte bald über das Gebiet von Erzincan, Kemah, Divriği und Şebinkarahisar. Kemah wurde sein Hauptsitz.
Seine Nachfolger begründeten das Beylik der Mengücek, das bis 1228 existierte. Unter den Herrschern der Mengücek und ganz besonders unter Fahrettin Bahram Schah, der zwischen 1165 und 1225 herrschte und Schwiegersohn des seldschukischen Sultans Kılıç Arslan II. war, erlebte Erzincan eine wirtschaftliche und kulturelle Blüte. Mit der Eroberung von Erzincan und Kemah beendete 1228 Kai Kobad I. die Herrschaft der Mengücek. Kai Kobad I. kämpfte wenig später 1230 in der Schlacht von Yassı Çemen in der Nähe von Erzincan gegen den letzten Choresm-Schah Dschalal ad-Din, der auf der Flucht vor den Mongolen mit seinem Gefolge nachAnatolien kam. Kaikobad I. ging als Sieger aus der Schlacht hervor.
Ständige Schlachten und Kriege im Mittelalter
Erzincan war in den folgenden Jahren stets zwischen den lokalen Fürstentümern, die teilweise die Unterstützung anderer großer Staaten hatten, umkämpft. Später erhoben sowohl die Osmanen als auch Timur Anspruch auf Erzincan. Timur besiegte die Osmanen unter Bayezid I. 1402 bei Ankara und konnte so über den größten Teil Anatoliens regieren.
Die Osmanen konnten erst unter Fatih Sultan Mehmed II. wieder an Einfluss gewinnen. Aber zwischenzeitlich konnten die Qara Qoyunlu 1419 Erzincan erobern. 1455 eroberte Uzun Hasan die Stadt und die Qara Qoyunlu wurden von den Aq Qoyunlu verdrängt. Als am 11. August 1473 die Osmanen unter Mehmed II. Uzun Hasan bei der Schlacht von Otlukbeli besiegten, kam Erzincan unter osmanische Herrschaft.
1502 aber errichte der erste Safawidenschah Ismail in Erzincan ein Hauptquartier. Die Safawiden mussten jedoch nach der Schlacht von Tschaldiran 1514 Ostanatolien und damit auch Erzincan räumen, so dass die Osmanen wieder Erzincan kontrollierten. Süleyman I. besuchte die Stadt zweimal, einmal 1534, als er gegen Täbriz, die Hauptstadt der Safawiden, zog und einmal 1540, als er wieder gegen den Iran zog.
Die Überreste der früheren Stadt liegen in der Nähe des Flughafens an der Straße nach Cağlayan. Die Stadtmauer, für deren Unterhalt bis zum 16. Jahrhundert gesorgt wurde, umschloss eine Fläche von etwa 200 × 150 Metern. Einzelne kurze Abschnitte in geringer Höhe lassen ihre Lage erkennen. An der Südwestecke blieb ein sechseckiger Wehrturm bis zur ersten Etage aufrecht stehen, 20 Meter nördlich ist ein großes Torgebäude aus osmanischer Zeit ebenfalls erhalten. Zwei breite Hamame mit flachen Kuppeldächern stehen in 50 Meter Abstand zwischen Gemüsefeldern. Eine weitere Gebäuderuine wird als Medrese angesprochen. Die beiden Hamame und die Medrese werden derzeit (2018) restauriert. Das eine wird zu einem Museum umgebaut, das andere soll gemäß seinem ursprünglichen Zweck als Bad dienen.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Gegend auch von Armeniern bewohnt, die um 1915 ermordet oder vertrieben wurden. In den Sommermonaten des Jahres 1915 wurde Erzincan von russischen Truppen unter General Judenitsch besetzt. 1939 wurde durch ein katastrophales Erdbeben fast die gesamte Stadt zerstört. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Stadt zur Garnison ausgebaut, ohne dass nennenswerte Industrie angesiedelt wurde.
Bitte lesen Sie auch:
Skanderbeg - Albaniens Mythos im Drang nach Freiheit
Györ - Die Archäologische Bedeutung Arrabonas