Während unserer umfänglichen Touren durch Südostanatolien und den mehrfachen Besuchen der mittlerweile weltbekannten Grabungsstätte von Göbeklitepe hatten wir auch weitere Grabungsstätten besucht, so auch die am Karahan Tepe, der etwa 55 Kilometer südöstlich liegt.
Wie in Göbeklitepe waren auch diese Hügel kaum als natürliche Erhebungen erdgeschichtlich zu erklären, so dass man auch hier von menschgemachten Hügeln ausgehen musste. Die ersten Hügel bzw. besser deren „Inhalt“ wurden 1997 von Bahattin Çelik in der Nähe des Kargalı-Viertels im Tek-Tek-Dağları-Nationalpark entdeckt worden. Diese Gegend ist bei den Einheimischen auch als „Keçilitepe“ bekannt.
Feuerstein, Obsidian und Steinschalen als Fundstücke
Erste Ausgrabungen fanden bereits im Jahr 2000 statt und danach wieder 2011. Wie so oft fehlte das notwendige Kapital für breiter angelegte Ausgrabungen. Während dieser Grabungen wurden über 600 kleinere Funde gemacht, die meisten Funde waren Steinwerkzeuge aus Feuerstein und Obsidian sowie Pfeilspitzen. Ferner wurden einige Steinschalen und Axtwerkzeuge aus Flusskieseln und Stößel aus Basalt gefunden. Daneben wurden hunderte T-Pfeiler vergleichbar denen in Göbeklitepe ausgegraben, die in Reihen aufgestellt waren und höchstwahrscheinlich alle direkt vor Ort aus dem Felsen geschlagen worden sind. Funde auf der Westseite des Hügels, welche halbfertige T-Pfeiler zeigen, weisen darauf hin. Die späteren Ausgrabungen zeigten auch T-Pfeiler mit eingravierter Schlange und andere T-Pfeiler mit Tierfiguren.
All diese Funde zeigen, dass Karahan Tepe nur während des Präkeramischen Neolithikums (9500 bis 6400 v. Chr., wahrscheinlich eher zwischen 8500 und 8000 v. Chr.) bewohnt war, also jüngeren Datums als Göbeklitepe.
Laut der Überlegungen des Bahattin Çelik lag der Hügel damals in einer günstigen Gegend für die Jagd, weil er zwischen der flachen Harran Ebene und der Hügellandschaft lag.
Aber das ist nur eine Annahme, die auf die zahlreichen Knochenfunde basiert. Irgendwann füllten die Bewohner die Stätte mit Erde und Schutt auf, wodurch T-Spitzen-Säulen erhalten blieben, die in das Grundgestein gehauen wurden.
Necmi Karul, ein Archäologe an der Universität Istanbul
Der Leiter der Ausgrabungen, Necmi Karul, ein Archäologe an der Universität Istanbul, sagte 2019 gegenüber der Zeitungsagentur Anadolu: „Letztes Jahr wurden die Ausgrabungsarbeiten in Karahan Tepe wieder aufgenommen und wir stießen auf Spuren von besonderen Strukturen, Obelisken, Tierskulpturen, sowie Ornamente und vergleichbare Symbole“.
Laut Daily Sabah wurden bis zum Jahr 2020 250 T-Pfeiler mit Tierfiguren freigelegt. Beide Stätten sind Teil des Göbeklitepe-Kultur- und Karahantepe-Ausgrabungsprojekts.
Im September 2023 haben türkische und deutsche Fachleute weitere Skulpturen der so genannten Tepeler-Kulturen entdeckt, die Statue eines Geiers und eine 2,3 Meter hohe anthropomorphe Statue. Die nackte Figur, die womöglich als sitzend dargestellt sein soll, umgreift mit beiden Händen ihren Phallus. Finger und Rippen wurden mit tiefen Ritzlinien angegeben, um den Hals hebt sich eine Art V-förmiger Kragen ab. Gerade dieses Motiv ist auch von anderen Fundstücken bekannt wie beispielsweise vom so genannten Urfa-Mann, einer etwa 1,8 Meter hohen Sandsteinstatue, die 1993 bei Bauarbeiten in der Stadt Şanlıurfa entdeckt wurde.
Grabungsleiter Prof. Dr. Necmi Karul gab an, dass die Ausgrabungen im Jahr 2024 abgeschlossen seien und dass sie sich in diesem Jahr insbesondere auf öffentliche Gebäude konzentrierten.
Karul sagte: „Wir arbeiten weiterhin an dem öffentlichen Gebäudekomplex, den wir zuvor weitgehend freigelegt haben.
Hier gibt es ein zentrales Gebäude und wir wussten, dass es kleinere Gebäude für öffentliche Zwecke gab, die nicht angebaut wurden. In einem von ihnen haben wir letztes Jahr mit den Ausgrabungen begonnen und dieses Jahr weitergemacht.
Als wir das Erdgeschoss des Gebäudes erreichten, stießen wir auf einen raumähnlichen Bereich, der durch Obelisken auf einer Bank abgetrennt war.
Wir sahen, dass das Innere dieses Bereichs mit roter, steriler Erde gefüllt war und parallel zu diesem Füllvorgang Steinbehälter und Teller im Raum zurückgelassen wurden. Die Gefäße bestehen aus schwarzem Chloritstein und sind komplett mit geometrischen und tierischen Mustern verziert. Gleichzeitig stießen wir in diesem Zusammenhang auch auf unterschiedliche Fundgruppen wie Steinobjekte und Perlen, die wir Schlagstöcke nennen. In diesem Zusammenhang sahen wir viele Wolfskiefer, Leoparden-, Geier- und Fuchsknochen. Wir stellten fest, dass die Füchse mit ihren Häuten im Kontext blieben. Aber da es im restlichen Teil des Gebäudes viele Feuerstellen gab und große Stierhörner und sogar Totenköpfe auf dem Boden zurückblieben, begriffen wir, dass dieser Bereich eine Funktion im Zusammenhang mit dem Kochen hatte und Teil des öffentlichen Gebäudekomplexes war. Wir sind auch auf Öfen im Gebäude gestoßen.“
„Die Tatsache, dass es in der Struktur, die wir in Karahantepe ausgegraben haben, viele Feuerstellen gab, zeigte uns eine Umgebung, der wir zum ersten Mal begegneten“, sagte er. Prof. Dr. Karul erklärte, dass diese Funde wichtige Hinweise auf die öffentlichen Strukturen in der Region liefern und dass sie Zeit für weitere Auswertungen benötigen. Quelle: AA (08.11.2024)
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