Ayvalık - Historische Altstadt mit griechischem Flair
Ayvalık ist eine kleine aber lebhafte Stadt an der türkischen Ägäisküste mit etwa 30 000 Einwohnern. Sie liegt in einem geschichtsträchtigen Teil der Türkei, zwischen Pergamon und Troja, etwa 120 km von Izmir entfernt.
Große Sandstrände liegen in etwa 5 km Entfernung vom Stadtzentrum, der Yachthafen ist direkt am Ort. Die Stadt wird vor allem von türkischen Touristen aus Ankara und Istanbul besucht. Europäer sind hier nur vereinzelt als Individualtouristen anzutreffen. Das wirkt sich wohltuend auf die Preissituation aus. Zur Stadt gehören die vor gelagerten Inseln: Lale, Alibey und Patricia. Die Inseln sind durch einen Damm und eine Brücke mit dem Festland verbunden.
Die Gründung der Stadt geht auf die Ansiedlung äolischer Stämme zurück, die hier einwanderten. Historiker belegen, dass der Name sich auf Äolia/Aiolia zurückführen lässt. Die Stadt hatte eine bemerkenswerte Geschichte und eine Sonderstellung innerhalb des Osmanischen Reiches. Aufgrund militärischer Erfolge wurde der damals griechischen Bevölkerung gestattet, exklusiv in der Stadt zu siedeln, d. h. außer wenigen osmanischen Beamten war es türkischen Landsleuten nicht erlaubt, hier zu siedeln. Im Jahre 1891 lebten 21666 Griechen und 180 Türken in Ayvalık.
In Mai 1919 besetzten die Griechen im griechisch-türkischen Krieg Teile der ägaischen Küste. Nach der Niederlage der Griechen im Herbst 1922 gegen die türkische Armee und dem darauf folgenden Bevölkerungsaustausch wurden Griechen aus Ayvalık gegen die Teile der türkischen Minderheiten von den ägaischen Inseln (meist aus Kreta und Lesbos) und aus Nordgriechenland ausgetauscht. Noch heute wird in Ayvalık, meist auf der Halbinsel Cunda (Ali bey adasi), die zu Ayvalık gehört, teils griechisch gesprochen. Man findet heute in Ayvalik in vielen Restaurants die kretische, griechische und bosnische Küche wieder. In einem kleinen Dorf namens Küçükköy (8 km von Ayvalık) wurden ab 1908 und danach in mehreren Gruppen Flüchtlinge aus Bosnien angesiedelt, die heute noch unter sich bosnisch sprechen.
Da viele Griechen auf eine Wiederkehr hofften, hatten sie ihre Wertgegenstände oft im Keller ihrer Häuser, vornehmlich im Kamin oder in der Zisterne versteckt. Einige dieser „Schätze“ wurden in der Tat von den späteren Besitzern oder auch darauf spezialisierten Einbrechern entdeckt.
Die griechische Bauweise hat sich bis heute bewahrt: Dicke Natursteinmauern gegen die kühlen Winde im Winter und die Hitze im Sommer. Funktionierende Kamine. Große kühle Keller mit Zisternen und Amphoren zur Aufbewahrung von Nahrung. Wohnräume im Hochparterre und im 1. Geschoss. Zwei Eingänge: Ein repräsentativer Eingang in die Wohnung, ein Seiteneingang in den Keller, der bei den meisten renovierten Häusern inzwischen auch als Wohnraum genutzt wird, da er nicht tief in der Erde liegt und normale Außenfenster besitzt.
Die Einmaligkeit dieser griechischen Häuser wurde von einigen Liebhabern aus Europa, aber auch aus Istanbul, erkannt. Mehr und mehr Häuser werden als Altersruhesitz gekauft und liebevoll restauriert. Dies ist in der Türkei mit vergleichsweise wenig Geld möglich, da Material und Arbeitslöhne billig sind. Man braucht nur Mut und Zeit.
Nun stehen noch einige griechische Häuser zum Verkauf, die meisten in unrenoviertem Zustand und suchen einen Besitzer.
In Ayvalık (gr. "Kydonies") gab es bereits im 19. Jahrhundert eine Druckerei, eine Apotheke und es waren verschiedene Konsulate hier ansässig, unter anderem das deutsche, das französische und das holländische Konsulat. Es gab eine Akademie und verschiedene Gymnasien und Berufsschulen. Die noch existierenden Herrenhäuser lassen den damaligen Wohlstand der Stadt erahnen. Aufgrund der Sonderstellung behielt die Stadt die Steuerrechte, und man musste keine Abgaben an das Osmanische Reich zahlen.
Noch heute finden sich in der Umgebung der Stadt vielfach Überreste griechischer Gebäude und Klöster, die sich teilweise in einem schlechten Zustand befinden. Viele Vereine in Ayvalık fordern mittlerweile von den örtlichen Behörden die Restaurierung der Klöster und Kirchen, um die Kulturgüter der Stadt zu erhalten.
Die Altstadt von Ayvalik bietet die schönsten Beispiele der neo-klassischen Architektur des "Greek Revival". Sehenswert sind besonders die Herrenhäuser an der Küstenstraße.
Einige ehemaligen Kirchen werden heute als Moscheen genutzt und sind daher gut erhalten. Damals wie heute lebt ein großer Teil der Bevölkerung vom Olivenanbau. Mit 2.000.000 Olivenbäumen ist hier das größte Olivenanbaugebiet der Türkei. Die verschiedenen Sorten konkurrieren bestens mit Ölen aus der Toskana. Das ägäische Meer hat immer noch ein reiches Fischvorkommen und somit ist die Fischerei weiterhin erhalten geblieben.
In den nostalgischen und verwinkelten Gassen findet man immer noch Olivenöl-Seifenhersteller. Insbesondere im Winter, wenn die Oliven geerntet und gepresst werden, riecht es sehr nach Ölivenöl in der Stadt. Jeden Donnerstag findet in Ayvalık ein Basar statt, zu dem auch gerne die Nachbarn aus Lesbos anreisen.
Leider lies das Wetter während unseres Rundgangs doch zu wünschen übrig. Allerdings hatten es uns die kleinen, liebevoll eingerichteten Pensionen wirklich angetan.
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