Die römischen Thermen und das antike Badewesen
Zwischen Mensch und Wasser besteht ein Verhältnis, das uns in die frühesten Zeitalter unserer Geschichte zurück führt.
In vorgeschichtlicher Zeit, d.h. vor dem Übergang vom Nomadentum zum permanenten Siedlungsbau war der Umgang mit dem Wasser ein relativ unbeeinflussbarer Teil der Natur.
Damit ist gemeint, das sich die Urmenschen keine Mühe machten, das Wasser und dessen Vorkommen so in den Griff zu bekommen, das es, für unsere Verhältnisse, bequem nutzbar sein würde. Erst mit der permanenten Ansiedlung der Menschen an einem bestimmten Ort und den damit verbundenen landwirtschaftlichen Aktivitäten, trat die Auseinandersetzung mit dem Wasser in ein neues Stadium.
In den Siedlungsgebieten entstand ein konzentrierter Wasserbedarf, der nur mit dem lokal vorkommenden Wasserangebot gedeckt werden konnte. Es tauchten Probleme auf, die mit Einfallsreichtum und Intelligenz gelöst werden mussten. Die zeitgenössischen Techniker waren dazu verpflichtet immer neue Quellen und Vorkommen zu erschließen und Nutzbar zu machen. Das Wasser musste gelagert werden und schnell den immer größer werdenden Menschenmengen zur Verfügung stehen (siehe römische Aquädukte bei Aspendos, Oymapinar – Side). Auch die Problematik der Abwasserbeseitigung bedurfte einer Lösung. Die zivilisatorische Entwicklung der Menschheit war also von Beginn an begleitet von Planungen und Bauten großen Maßstabs zum Nutzen des Wassers und zum Schutz gegen das Wasser. Dabei steht fest, das die altertümlichen und antiken Menschen keine fundierten und hochwissenschaftlichen Grundlagen über die Chemie und Physik des Wassers besaßen, sondern das sie vielmehr intuitiv mit dem Wasser umgingen. Das Wasser "zu zähmen" war also vielmehr eine Kunst als eine Wissenschaft.
Die Entwicklung der Thermen
Mit der zunehmenden Verbesserung der Technik und der langsam beginnenden Auseinandersetzung mit der Physik des Wassers, besonders im römischen Reich, entwickelte sich eine richtige Wasserkultur. Die Aufgaben in Bezug auf die Nutzung des Wassers erhöhten sich ständig, nicht allein wegen der hygienischen Anforderungen der größer werdenden Städte. Mit der Errichtung der Aquädukte war das Wasser bald überall und jederzeit im Imperium Romanum zu Nutzen. So lag der Gedanke öffentliche Waschstellen zur Körperpflege einzurichten auch nicht mehr all zu fern. Es entwickelten sich zunächst kleine Badestuben (balnea), die zwar noch sehr primitiv waren, ihren Zweck aber erfüllten. Der Ursprung dieser öffentlichen Badestuben und kleineren Badeanlagen lag im alten Griechenland und lässt sich auf ungefähr 400 - 300 v. Chr. datieren. Den Einzug in die Kultur des römischen Reichs machten diese Einrichtungen ca. 300 - 200 v. Chr. Eine der frühesten öffentlichen Anlagen sind die Terme Stabiane in Pompeiji, deren erste Phase ins 3. Jh. v. Chr. zurückreicht.
Seneca schreibt Mitte des 1.Jh. als das Badewesen schon relativ weit entwickelt war: "Aber einst, da gab es nur wenige Bäder, und diese waren jeglichen Schmuckes bar. Warum hätte man auch Schmuck verwenden sollen auf eine Sache, die bloß ein viertel As kostet und die für das Bedürfnis und nicht für das Vergnügen erfunden war? Es wurde kein Wasser nachgefüllt, und es strömte nicht immer frisch...zu...Aber... wie interessant ist es, jene finsteren, nur mit gemeiner Tünche überzogenen Badestuben der alten Zeit zu betreten, wenn man weiß, das hier ein Cato...als Ädil mit eigener Hand das Wasser auf seinen Wärmegrad zu prüfen pflegte."
Man sieht also deutlich, das es unter den mittlerweile verwöhnten Römern, in Bezug auf das Baden; auch einige Kritiker gab.
Als Nachfolger der kleinen und primitiven Badestuben traten langsam die "richtigen" Thermen in Erscheinung. Dazu sei allerdings gesagt, das sich von den Badestuben der Anfangszeit im Römischen Reich, nur wenig bis gar keine Reste oder Ruinen finden ließen. Ein gutes Beispiel für die Weiterentwicklung der Thermen insbesondere der Architektur sind die Thermen des Agrippa. Sie wiesen zwar noch nicht die spätere typische Symmetrie auf, galten aber als eine der frühesten Großbauten. Sie wurden schätzungsweise 20 v. Chr. in Betrieb genommen, als die Aqua Virgo, eine neue Wasserleitung, fertig gestellt war. Diese Wasserleitung ermöglichte offensichtlich erst einen Badebetrieb, da dieser mit einem immensen Wasserverbrauch verbunden war. Die Thermen des Agrippa zählten zum sogenannten Reihentyp, was sich auf die Anordnung der Räume bezieht. Es ist aber trotzdem nicht ganz bestätigt, das die Thermen des Agrippa zu diesem Typ gehörten, da eine Einteilung nach dem bekannten Schema, sich nicht auf alle Thermen des Mittelmeerraums anwenden lässt.
Zuweilen wurden den antiken Architekten große Freiheiten in Bezug auf die Gestaltung der Thermen gelassen. Woher wahrscheinlich die Vielfalt der einzelnen Typen rührt. Dieses Entwicklungsstadium kann man nach Meinung der meisten als das Mittelstadium der Thermenentwicklung betrachten. Generell kann man die Thermen des Mittelstadiums als mäßig große, nicht immer sehr gut ausgestattete Anlagen bezeichnen, die zwar immer ihren Zweck erfüllten, aber nicht immer als luxuriös galten. Beispiele dieser Thermen findet man heut noch in den Ruinenfeldern von Perge/Antalya, Hierapolis/Denizli, İlyasbey/Miletos, Seleukeia/Manavgat, Salamis/Famagusta wo die Ausgrabungen einen guten Einblick in die Hypokaustensysteme zur Beheizung der Thermen ermöglichen. Die meisten der nun folgenden und später gebauten Thermen lassen sich zum Endstadium, mit dem sogenannten Kaisertyp zählen.
Mit dem zunehmenden Reichtum des römischen Imperiums und der verbesserten Technik und Bauweise der Ingenieure ließen sich immer monumentalere Gebäude errichten. Ausschlaggebend war außerdem der Wettstreit der verschiedenen römischen Kaiser, die als Zeichen ihrer Macht nicht nur viele Provinzen zu unterwerfen gedachten, sondern auch, und das zeigt ein soziales Bemühen um die Bevölkerung; nach Möglichkeit große und monumentale Badeanlagen zu errichten suchten. Daher trugen viele Thermen im römischen Reich den Namen eines Kaisers, ihres Bauherren.
Ein gutes Beispiel für den fortgeschrittenen Typ sind die Thermen des Nero, die sich ganz in der Nähe der Agrippa-Thermenbefanden. In ihnen zeigte sich zum ersten Mal der sog. Kaisertyp, d.h. eine streng axial ausgerichtete Anlage mit einer Reihe von Räumlichkeiten zusätzlich zu den eigentlichen Badesälen. Auch die Größe der gesamten Anlagen nahm mit diesem Bautyp erheblich zu, bis sie sich schließlich ins Unermessliche steigerten. Ein charakteristisches Beispiel hierfür ist auch die Thermenanlage in Sardes /Manisa, wo noch heute der technische Aufwand in den Wandverkleidungen mit Marmor und die Mosaikbeläge der Fußböden einen exzellenten Einblick in die damalige Baukunst ermöglichen. Für das Endstadium der Königsthermen sind die großen, zuweilen auch monumentalen Gebäude charakteristisch, die oft durch eine großzügige, luxuriöse Ausstattung hervortraten.
Die Badekultur
Nachdem wir die architektonischen und technischen Aspekte der römischen Badekultur ausreichend besprochen haben, können wir uns nun den sozialen und kulturellen Aspekten zuwenden. Römischer Städtebau spielte in derAntike eine übergeordnete und herausragende Rolle, wie es keine andere Kultur im Stande war zu planen und auszuführen, dies gilt noch bis in das 18. Jahrhundert für viele Kulturen unserer Erde. Die besondere Aufmerksamkeit, die der römische Städtebau somit erzielte, ist auch auf die außerordentlich gute, technische und kulturelle Entwicklung der Städte zurückzuführen. Die Einwohner römischer Städte waren schon früh an einen gewissen Standard in Bezug auf das Wasser gewohnt. So ist es nicht sehr verwunderlich, das die römischen Bürger die außerordentliche Anzahl an Thermen und Bäder als normal empfanden. Einfache Leute gingen meistens in sogenannte Pachtbäder (Balnea meritoria). Pachtbäder waren Badeanlagen mittleren Stils, die oft von einer Privatperson erbaut worden waren und anschließend an einen Pächter vergeben wurden. Die Pachtbäder dürften der Kosten wegen nicht all zu groß gewesen sein, da sich Privatleute häufig nicht im Besitz von Vermögen befanden, wie es die Kaiser und Feldherren hatten. Besuchten sie nicht die Pachtbäder, so waren es die kleinen öffentlichen Bäder, die sogenannten Balnea publica, die den Menschen die nötigen hygienischen Einrichtungen boten. Balnea publica waren staatliche Anlagen, die wie alle anderen Bäder auch, von Beamten betrieben wurden.
Wohlhabende Bürger besuchten aber meistens die großen öffentlichen Thermen, die Thermä, in denen der Eintritt, der sogenannte Obolus, etwas teurer gewesen sein dürfte als in den Pachtbädern. Die Thermä waren große, von den Kaisern oder anderen reichen Personen gestiftete Badeanlagen. Sie boten oft ein reichhaltiges Angebot an Freizeitbeschäftigung. Von diesen großen Thermen gab es zur Blütezeit der Badekultur 11 Anlagen allein in Rom. Natürlich standen die Thermen jedermann zur Verfügung, wurden aber oft nur von Bürgern bestimmter Schichten genutzt. Sklaven z.B. ließen sich nicht in den Thermen finden, außer sie waren von ihrem Herrn mitgebracht worden, um ihm vielleicht den Rücken zu Bürsten, oder ihn mit Heißwasser zu übergießen. Die meisten wirklich reichen Bürger aber besaßen oft große Villen, die mit eigenen Privatbädern ausgestattet waren. Diese Villen und mit ihnen auch die Bäder konnten oft große und luxuriöse Ausmaße annehmen. Somit hatten die Bewohner es nicht nötig, sich zum Waschen in die Öffentlichkeit zu begeben.
Aber Waschen und Baden waren nicht nur notwendige Körperpflegemaßnahmen, sondern auch Freizeitgestaltung und Vergnügen. Mit der zunehmenden Größe und Ausstattung wurde das Baden immer angenehmer. Die Menschen trafen sich zum Beispiel zum Sport, zum Spiel, zur Unterhaltung oder zum Faulenzen. Dabei wurden Neuigkeiten ausgetauscht, Verträge gemacht, Staatsmänner bestochen, Intrigen und Verschwörungen begangen, geplaudert und getuschelt. In den großen Thermen, wie zum Beispiel denen des Diokletian hatten so viele Menschen Platz, das diese zu richtigen Kommunikationszentren wurden. Man konnte sich zwar auf den großen Piazzen treffen und dort Kommunizieren, aber dies brachte nie die Atmosphäre die in den Thermen geherrscht hat. Sie boten eben Wasch-,Sport-, Spiel- und Unterhaltungsgelegenheiten, und gaben die Möglichkeit zu studieren und sich medizinisch versorgen zu lassen. Demnach waren sie also multifunktionelle Gebilde, die große Anziehungskraft auf die Menschen ausübten. Das die Menschen der damaligen Zeit einen anderen Tagesablauf hatten, der weniger Arbeit beinhaltete und der ihnen mehr müßige Stunden bescherte als unser Tagesablauf heute, ist anzunehmen, da sonst , man stelle sich einen japanischen 15 Stundenarbeitstag im alten Rom vor, keiner mehr Zeit gehabt hätte dieThermen zu besuchen. Ein altes römisches Motto erläutert diese Frage recht treffend:
"Sechs Stunden Arbeit genügen; die folgenden Stunden des Tages rufen mit deutlicher Schrift: "Lebe!" den Sterblichen zu."
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