Helenistisch - römische Stadt Ephesos / Efes
Immer wieder ein besonderes Erlebnis ist die Besichtigung der Ausgrabungen der hellenistisch - römischen Stadt Ephesos zwischen Izmir und Kusadasi, die wir während unserer Reisen mehrfach besucht haben.
Der obere Eingang an der Straße zum Marienhaus ist der günstigste Beginn des Rundwegs. Dort fällt das sehr gut restaurierte Odeon auf. Es hat 1400 Sitzplätze und sieht aus wie ein Theater, weshalb es oft das kleine Theater genannt wird. Ein Odeon war ein überdachtes Theatergebäude für meist musikalische Veranstaltungen, eine Art Konzertsaal. Aus einer Inschrift, die im Odeon von Ephesos gefunden wurde, geht hervor, das es als Ratshalle von Ephesos gestiftet wurde.
Kuretenstraße - die Straße zum Marienhaus
Über die Kuretenstraße geht man an zahlreichen Denkmälern vorbei abwärts bis zur Celsus-Bibliothek. Der Name dieser Straße erinnert an die Kureten, eine höhere Priestergemeinschaft der Antike in Ephesos, über deren Kulte man zahlreiche Inschriften gefunden hat. Die Kuretenstraße war die Hauptstraße der antiken Stadt. Links und rechts der Straße befanden sich hinter Säuleneingängen Geschäfte und Schenken. Dahinter führten Treppenwege zu den Hanghäusern. Die Straße entlang standen Statuen berühmter Persönlichkeiten. Prachtvolle Brunnen und der Hadrianstempel vervollständigten das Bild dieser prunkvoller Straße.
Bei der wieder aufgebauten Fassade der Celsusbibliothek endet die Kuretenstraße. Hinter der Fassade der Celsusbibliothek sind auf Schautafeln - auch in deutscher Sprache - die Geschichte der Bibliothek sowie der antiken Bautechniken erläutert. Von der Celsusbibliothek bis zum großen Theater geht man am unteren Marktplatz entlang auf der Marmorstraße, einer ehemaligen Säulenarkadenstraße.
Das große Theater im antiken Ephesos
Der Höhepunkt des Besuches der antiken Stadt ist die Besichtigung des großen Theaters. Von den oberen Sitzreihen hat man einen prächtigen Blick über die marmorgepflasterte Hafenstraße, die Arkadiane, zum ehemaligen Hafen von Ephesos. Das Theater wurde renoviert, so dass in den Sommermonaten Konzerte stattfinden können. Wenn das Theater bei diesen Vorstellungen bis auf den letzten Platz gefüllt ist, gehen die Gedanken zurück an die Zeit des Apostels Paulus, als die Stimmung auf den Rängen nicht so friedlich war. Heute ist etwa ein zwanzigstel des Gebietes der antiken Stadt freigelegt. Wer bis zu den oberen Rängen des Theaters hinaufsteigt und einen Blick über das heutige Ausgrabungsfeld wirft, erhält einen Eindruck von der gewaltigen Ausdehnung der antiken Stadt Ephesos.
Links der von Selçuk zum Marienhaus führenden Straße trifft man am oberen Eingang auf das Grab des Lukas. Dort findet man die Ruinen einer Basilika aus dem 4. Jahrhundert, die auf einem antiken Rundbau erstellt wurde. Weil auf einem Pfeiler der Kopf eines Stieres, ein Symbol des Evangelisten Lukas, dargestellt war, hat man das Gebäude als Lukasgrab bezeichnet.
Die frommen Jünglinge in der Grotte der Siebenschläfer
Zwischen dem antiken Ephesos und der modernen Stadt Selçuk liegt die Grotte der Siebenschläfer. Eine Legende berichtet von sieben frommen Jünglingen von Ephesos. Diese wurden in der Zeit der Verfolgung durch Kaiser Decius (249 - 251) in die Grotte eingemauert. Sie fielen in einen tiefen Schlaf und wachten erst wieder auf, als das Christentum unter Kaiser Theodosian II. (408 - 450) schon Staatsreligion war. Durch ein Erdbeben wurden sie befreit und nach ihrem Tod auf Anordnung des Kaisers wieder in der Grotte ihres langen Schlafes beigesetzt. Über der Grotte wurde eine Kirche gebaut. Die Ruhestätte der Siebenschläfer entwickelte sich zu einem Ziel der Pilger.
Da die 18. Sure des Koran einen ähnlichen Bericht enthält, verehren auch viele Muslime diesen Ort. Als der Apostel Paulus Ephesos verlassen hatte, bat er Timotheus darum, in der Stadt zu bleiben (1 Tim 1, 3). Die Überlieferung machte Timotheus zum ersten Bischof der Stadt. Er soll 96 n.Chr. gesteinigt worden sein, nachdem er es wagte, die zügellosen Ausschweifungen bei Festen anzuprangern. Sein Grabmal wurde in Ephesos auf dem Bülbül - Dagi, dem Nachtigallen-Berg, verehrt. Unter Konstantin dem Großen wurden Teile seiner Gebeine 356 nach Konstantinopel überführt. Damit die Wunderwirkungen, die vom Grab des Timotheus ausgegangen sein sollen, auch in Ephesos weiter anhalten konnten, ließ man einige Gebeine in seinem Grab in Ephesos zurück. So berichten apokryphe Schriften über Timotheus, den treuesten Schüler des Paulus.
Meryem Ana und das Bad des Varius
Ephesos ist die spektakulärste antike Stadt im Westen Anatoliens. Zwei große Eingänge ermöglichen es vielen Besuchern gleichzeitig, die Grabungsfelder zu betreten, einer der Eingänge liegt fast unmittelbar an der Schnellstrasse von Selcuk nach Pamacak, der andere obere Eingang wird Meryem Ana (Mutter Marie) Eingang genannt. Wenn Sie vom oberen Eingang aus in das Gelände kommen, sehen Sie zunächst das östliche Gymnasium, das Bad, die Kampfarena (modern Wrestling- und Körpertrainingsbereich), das Grab vom heiligen Lukas, eine der Brunnenanlage und das Odeon als die ersten Sehenswürdigkeiten vor Ihren Augen.
Anschließend kommen Sie zum Bad von Varius, zwei Tempel in einem Rechteck mit Säulen an drei Seiten, der heilige Weg, der mit dem Weg Curetes verknüpft ist, einer imposanten Brunnenanlage, dem Monument von Memmius, der Prachtstrasse, die das Monument und die Celsus Bücherei verbindet, die Brunnenanlage von Trajan an der Prachtstrasse, der Brunnen von Hadrian mit dem Bad des Scholastika rechts dahinter mit gegenüber liegenden antiken Häusern, die für ein extra Entgeld besichtigt werden können.
An der Kreuzung der Curetes und der heiligen Strasse befindet sich das Liebeshaus, die Bibliothek von Celsus.
Viele weiterführende Informationen zu Ephesus finden Sie auf der offiziellen Webseite des Österreichischen Archäologischen Instituts, die für aktuelle Grabungen in Ephesos zuständig sind.
Die neue Chefin von Ephesos - Sabine Ladstätter endlich als Grabungsleiterin bestätigt
Die vergangenen zweieinhalb Jahre waren für Sabine Ladstätter wohl nicht immer ganz einfach: Eigentlich sollte die renommierte Archäologin schon seit damals Grabungsleiterin in Ephesos sein. Eine Berufungskommission hatte sie als die ideale Nachfolgerin vom langjährigen Kopf dieser wichtigen Forschungsarbeiten, Friedrich Krinzinger, vorgeschlagen. Doch ein von nicht ganz so weit vorgereihten, österreichischen Kollegen initiiertes Intrigenspiel gegen sie, verhinderte die Bestellung. Das Gerücht, Ladstätter könnte sich mit Menschen umgeben, die eine antitürkische Einstellung haben, wurde den türkischen Behörden zugetragen, die der Besetzung zustimmen müssen. Die Unterschrift wurde prompt verweigert. "Ein absurder Vorwurf, weil er gar nicht zu meiner persönlichen Einstellung passt", sagt Ladstätter heute, die man wohl zurecht als turkophil bezeichnen darf.
Die Expertin für antike Wirtschaft und Keramik wurde danach immerhin als Stellvertreterin in Ephesos akzeptiert: Eine "elegante Lösung", wie es der damalige Wissenschaftsminister Johannes Hahn nannte. Es war klar, dass man wieder versuchen würde, die Unterschrift der türkischen Behörden zu bekommen. Ladstätter sagt heute, sie habe die Zeit genutzt, um sich zu beweisen. Was wissenschaftlich gesehen wohl gar nicht mehr nötig war: Als Leiterin der Grabungen am Hanghaus 2 konnte sie nachweisen, dass dieses Gebäude bereits beim Erdbeben 262 unserer Zeitrechnung zerstört wurde, und nicht, wie angenommen, 350 Jahre später.
Viele Wissenschafterinnen können das Bild von der "gläsernen Decke", an die sie stoßen, gar nicht mehr hören. Die 1968 geborene Kärntnerin Ladstätter hat sie im Oktober 2009 erstmals durchstoßen: Damals übernahm sie als erste Frau in der 109-jährigen Geschichte des Österreichischen Archäologischen Instituts dessen Leitung. In Ephesos, in der Nähe der türkischen Stadt Izmir, will sie, die nun von "einem emotionalen Moment" spricht, in die Zukunft schauen und dabei nur mehr die wissenschaftlich interessante Vergangenheit betrachten. Eines ihrer Ziele: weg von der im deutschsprachigen Raum stark vertretenen positivistischen Archäologie, die sich auf Monumente konzentriert, hin zur Analyse der antiken Wirtschaft und der Strukturen innerhalb eines städtischen Gefüges. Auch das Hinterland der Metropole soll nun endlich genauer unter die Lupe genommen werden. (Peter Illetschko / DER STANDARD, Printausgabe, 8./9. 5. 2010)
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