Zahllose Kirchen in Kappadokien - Ikinoklasmus
Die zahllosen Kirchen in der Region Kappadokien reichen von einfachsten, komplett schmucklosen Räumen in den unterirdischen Städten, die lediglich durch einen Altarstein als Sakralräume zu identifizieren sind, über Kreuzkuppelkirchen bis zur dreischiffigen Basilika.
Sie alle sind stark an die bekannte byzantinische Sakralarchitektur angelehnt. Sie haben meist einen kreuzförmigen Grundriss, eine oder mehrere Kuppeln, Tonnengewölbe oder Kombinationen all dieser Elemente. Der allen gemeinsame Unterschied zur gebauten Kirchenarchitektur besteht darin, dass die Erbauer nicht an statische Gesetze gebunden waren, sie mussten keine tragenden Wände oder Säulen einplanen, da sie aus dem vorhandenen Felsen nur – ex negativo – die zu schaffenden Räume herausnahmen. Trotzdem sind auch solche aus der klassischen bauenden Architektur übernommenen Elemente wie Säulen oder Pilaster anzutreffen, die aber keine tragende Funktion besitzen. Die Ausstattung der Kirchen wie Altäre, Sitzbänke, Taufstein, Chorgestühl und Chorschranken sind in den meisten Fällen ebenso aus dem Gestein geschaffen. Von außen sind sie durch ihre repräsentativen Fassaden mit Blendbögen, Giebeln und Säulen oft von Weitem sichtbar.
An der Ausgestaltung der Malereien kann bis zu einem gewissen Grad die Entstehungszeit der Kirchen abgelesen werden. Während die einfachen Kirchenräume in den unterirdischen Städten ohne jede Bemalung sind, zeigen die ersten oberirdisch geschaffenen Kirchen noch einfache figürliche Fresken. Ein Beispiel dafür ist die Ağaçaltı Kilesesi im Ihlara-Tal, sie wurde vermutlich im siebten Jahrhundert gebaut. Spätere Kirchen weisen nur schlichte geometrische Ornamente wie Kreuze, Zickzacklinien, Rauten oder Rosetten auf, die mit roter Farbe auf den Fels aufgetragen sind. Diese stammen aus dem achten und dem beginnenden neunten Jahrhundert, aus der Zeit des byzantinischen Bilderstreits (Ikonoklasmus). Möglicherweise unter arabisch-islamischem Einfluss waren unter Kaiser Leo III. sämtliche Darstellungen von Jesus, den Aposteln und Heiligen als Sünde verboten. In der zweigeschossigen Johanneskirche in Gülşehir sind im unteren Stockwerk noch die ikonoklastischen Muster zu sehen.
Im neunten Jahrhundert wurde der Bilderstreit beendet, und die von da an entstandenen Bauwerke wurden mit immer prächtigeren Fresken ausgestattet. Dabei wurden auch die älteren Kirchen zum großen Teil übermalt, sodass von der alten Bemalung nur noch relativ wenig erhalten ist. Bei manchen, nicht restaurierten Kirchen sind unter dem bröckelnden Putz die alten geometrischen Muster zu erkennen. Je detaillierter die Malereien ausgeführt sind, desto jünger können sie eingeschätzt werden. Man nimmt an, dass es für die Künstler Vorlagensammlungen gab, mit deren Hilfe die Umrisse der Gemälde vorgezeichnet und anschließend ausgemalt wurden. Die vorgegebenen Themen sollten in didaktischer Weise den Prediger bei der Belehrung der des Lesens unkundigen Gemeinde unterstützen. Am Verbreitesten waren Szenen aus dem Leben Jesu wie z. B. Geburt, Taufe durch Johannes, die Wunder, der Verrat durch Judas, die Verleugnung durch Petrus, Abendmahl, Kreuzigung, Grablegung und Auferstehung.
Viele der Fresken sind durch Steinwürfe stark in Mitleidenschaft gezogen, wobei vornehmlich die Augenpartien betroffen sind. Dies sind allerdings die Folgen von späterer, islamischer Bilderstürmerei. Seit den 1980er-Jahren werden allerdings verschiedene Kirchen aufwändig restauriert.
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