Lystra und Isauria Vetus – zwei Ziele jenseits des Taurus
Einmal mehr verspricht der wolkenlose Himmel an der türkischen Riviera bei Alanya gute Wetterbedingungen für einen Ausflug über das Taurusgebirge in Richtung Konya.
Da der Winter auch im Hochgebirge vorüber ist, entschließen wir uns erneut für die Strecke Mahmutlar in Richtung Taskent.
Zu beeindruckend ist der Blick von Alacami zurück in das Dim Cayi Tal und auch die Straßenführung entlang der Überhänge der Felsen bietet ein wenig Abenteuer. Bei Seyhler überqueren wir den noch Hochwasserführenden Fluss Gevne Cayi, der an einem der höchsten Berge in dieser Region, dem Geyik Dagi (3002 Meter) entspringt und kurz hinter Ermenek in den Gezende Stausee mündet. Von hier fließt das Wasser durch den Ermenek Cayi direkt in den Göksu Nehri, der bei Silifke ein riesiges Delta mit beeindruckender Vogelpopulation bildet.
Wasserfall an der Strasse nach Taskent
Aus der antiken Geschichte der modernen Region Bozkir im Süden Kleinasiens wissen wir, das hier Volksgruppen der Isaurer, die wohl ursprünglich aus den Luwiern hervor gegangen sind, die Vorherrschaft hatten und die Zwillingssiedlungen „Isaura Palaea“ (aus dem lateinischen Isaura Vetus für „Altes Isaura“) und Isaura Nea (Isaura Nova für „Neues Isaura“) am Fuße des Taurus angelegt hatten. Die als wildes Bergvolk bekannten Isaurer waren unabhängige und von den mazedonischen und später römischen Besatzern gefürchtete Kämpfer, manche sagen auch Banditen, die oft für Überfälle und Chaos in den Städten verantwortlich waren. Die eigentliche Keimzelle der Isaurer befand sich nördlich des hier stark ansteigenden Taurus direkt im Süden der bekannten antiken Städte Iconium und Lystra, die weiter Richtung Konya bedeutende Handelsplätze waren. Bei drohender Gefahr zogen sich die Isaurer weiter in den Taurus bis zur Wasserscheide zurück, die auch mit Zengibar Kalesi bezeichnet wird.
Prokonsul P. Servilius folgten mit römische Truppen
Mit dem Vordringen der Römer im frühen ersten Jahrhundert vor Christus, betrachteten diese das gesamte Gebiet der Regionen Isaurien und Kilikien Trachea als eine Einheit und das Becken von Calycadnus mit seinen Städten wurde mit „Isaurischer Decapolis“ bezeichnet. In den Jahren 76 – 75 vor Christus könnten die Römer zumindest teilweise eine gewisse Kontrolle über die Isaurer aufbauen, die nach wie vor die Piraten an der Küste im Kampf gegen Rom unterstützten. Unter dem Prokonsul P. Servilius folgten römische Truppen den Isaurern bis zu ihren befestigten Städten und zwangen sie so dazu, sich den Römern zu unterwerfen. Diese strikte Vorgehensweise brachte dem Prokonsul den Beinamen Isauricus ein.
Jetzt kehrte zumindest vorübergehend Ruhe ein und das Volk der Isaurer wurde dem König Amyntas, König von Galatien, unterstellt. Bereits wenige Jahre später setzten die Isaurer allerdings ihre räuberischen Gewohnheiten wieder um, nicht zuletzt aufgrund ihres Drangs nach völliger Unabhängigkeit. Sie gewährten sogar dem rebellischen Eroberer Trebellianus, der von den Römern gejagt wurde, Unterschlupf und Schutz.
Isaurer als barbarisches Volk
Während die antike Stadt Isaura Nea fast vollständig verschwunden ist (es gibt nur vereinzelte Segmente und Inschriften auf Steinen, die man im modernen Dorf Dorla wieder eingebaut in den Häusern aufgefunden hat), sind die Ruinenfelder und Befestigungsanlagen von Isaura Palaea schon weithin sichtbar. Hier gibt es eine Vielzahl von Ruinen der Stadt und ihrer Befestigungen, die zumindest teilweise durch Grabungen des W.M. Ramsey im Jahr 1901 entdeckt und archiviert wurden.
Um unser nächstes Ziel zu erreichen, müssen wir laut unserer Karte „nur“ einen Höhenzug überwinden, der uns immer weiter hinauf in das Gebirge führt. Schmaler und enger wird der Weg, selbst die Befestigung fehlt als wir plötzlich in einem kleinen Bergdorf landen. Herrliche Aussicht in das gerade durchquerte Tal und das Treffen auf ein freundliches Ehepaar mit seinen Kindern lässt uns die Fahrt unterbrechen. Wir fragen nach dem Weg, der uns bestätigt wird und werden auch sofort in das Haus der Familie zu einem späten Frühstück eingeladen. ES ist immer wieder herrlich die Gastfreundschaft zu erleben. Später fahren wir dann über Avdan in Richtung Akören und weiter nach Catören und Hatunsaray (etwa 57 Kilometer) hinter Bozkir. Von hier sind es nur wenige hundert Meter zu den Ruinenfeldern von Lystra.
48 nach Christus kam der Apostel Paulus
Während seiner ersten Missionsreise im Jahr 48 nach Christus kam der Apostel Paulus gemeinsam mit Barnabas auf ihrer Flucht von Iconium nach Lystra um das Christentum weiter zu verbreiten. Paulus konnte dort angeblich einen von Geburt an Lahmen heilen, worauf hin das gemeine Volk ihn als Gottheit „Hermes“ gemeinsam mit seinem Helfer Banabeus als Zeus ansah. So wollte man ihnen Opfergaben bringen. Paulus und Barnabas widersprachen heftig, entledigten sich daraufhin ihrer Kleidung um zu zeigen, das sie menschlich waren. Jetzt waren die Anwesenden erst recht aufgebracht und begannen Paulus zu steinigen. Aber der Apostel überlebte die Steinigung auf wundersame Weise und konnte gemeinsam mit Barnabas entfliehen. Im Jahr 51 kam Paulus im Rahmen seiner zweiten Missionsreise nach Lystra zurück und berief Timotheos es ihm gleich zutun.
Um das Jahr 370 wurde Lystra der Region Lycaonia zugeschlagen und bereits 10 Jahre später wurde es Bischofssitz. Nachgewiesen ist heute, das auch am Konzil von Chalkedon der Bischof von Lystra anwesend war. Noch heute wird Lystra als Titularbistum in der Römisch-Katholischen Kirche geführt.
Heute dämmert das Ruinenfeld von Lystra vor sich hin. Echte Untersuchungen oder gar gezielte Ausgrabungen gibt es nicht. Hier in Lystra finden wir antike Ruinen einer großen Kirche, worin noch ein großes Kreuz auf die religiöse Vergangenheit verweißt, Ruinen von Häusern, einer Weinmanufaktur sowie weiterer Kirchen. Einige der antiken Funde aus Lystra kann man in einem kleinen Museum im Dorf Hatunsaray besichtigen, wo auch wir unsere Exkursion beenden. Auf direktem Weg geht es über Seydisehir, diesmal auf der Hauptstraße in Richtung Antalya zurück.
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