Abderitismus - Schildbürger der Antike in Abdera
- Geschrieben von Portal Editor
Unsere Recherche über die antike Stadt Abdera an der griechischen Ägäisküste hatte uns gezeigt, wie eng das Netz der Besiedlung bereits vor Christus geknüpft und damit die Handelsbeziehungen verknüpft waren.
Ein weiterer, interessanter Gesichtspunkt unserer Recherche war die Erkenntnis, dass die damaligen Bürger der Stadt Abdera einen vergleichbar den Schildbürgern „einfältigen“ Ruf in der Antike besaßen. Wer als Bürger zugab, aus Abdera zu stammen, war gemeinhin zunächst einmal als etwas einfältiger Trottel angesehen. Noch heute wird deshalb der Begriff „Kleinstädterei“ oder besser Schildbürgertum auch mit Abderitismus beschrieben. Und das trotz der Anwesenheit berühmter griechischer Philosophen und Dichter wie Leukipp, Demokrit, Protagoras, Anaxarch und Anakreon.
Schildbürger, wohnhaft im fiktiven Ort Schilda
Die Schildbürger, wohnhaft im fiktiven Ort Schilda, sind Hauptakteure einer ganzen Reihe von kurzen Erzählungen, den Schildbürgerstreichen. Die Schwanksammlungen zu den Schildbürgern sind neben denen zu Till Eulenspiegel die bekannteste deutsche Sammlung von Schelmen-Geschichten in Romanform.
Eine Sammlung bzw. ein Volksbuch mit Schildbürger-Schwänken zum Inhalt erschien 1597 erstmals unter dem Titel „Das Lalen-Buch. Wunderseltzame/ Abentheurliche/ unerhörte/ und bißher unbeschriebene Geschichten und Thaten der Lalen zu Lalenburg“. Bekannt wurde die zweite Ausgabe von 1598 mit dem Titel „Die Schiltbürger“: mehrere Autoren sind als ihr Urheber im Gespräch, u. a. Friedrich von Schönberg. Wie der Till Eulenspiegel oder der Faust geht auch das Lalebuch nicht auf eine fremdsprachige Vorlage zurück. Vielmehr wurden Schwänke und Erzählungen, die im Umlauf waren, aufgegriffen und kunstvoll, mit vielen gelehrten Andeutungen gespickt, zu einem Ganzen verarbeitet.
Entsprechend dieser Anschauung der Abderiten wird auch Kleinstädterei beziehungsweise Schildbürgertum als Abderitismus bezeichnet. In Anspielung darauf lokalisiert noch Christoph Martin Wieland seinen satirischen Roman in Abdera. Sein Roman stellt die typisierte Narrheit der Abderiten als menschliche Grundkonstante dar, die, zu allen Zeiten an allen Orten zu finden, gleichsam kosmopolitisch ist. Auch Friedrich Dürrenmatt lokalisiert sein satirisches Hörspiel "Der Prozess um des Esels Schatten" (1951) in Abdera. In seinem 1922 erschienenen utopischen Roman "Die Inseln der Weisheit" verteidigt Alexander Moszkowski die angebliche Blödheit der Abderiten als eine unserer Zeit überlegene Vernunft:
Abdera ist überall, ist kosmopolitisch.
"Wir halten es für ausgemacht, dass Abdera eine Brutstätte der Dummheit gewesen ist, und die bekannten Beweise genügen uns.
Folglich ist es vernünftig, die Abderiten für Blödlinge zu halten. Ich brauche nur den Gesichtswinkel etwas zu verschieben, und die Dinge verkehren sich ins Gegenteil... waren die Abderiten wirklich so wie sie geschildert werden, dann repräsentieren sie einen höheren Menschenschlag, und wir haben alle Ursache, sie zu beneiden."
Heute weiß man, dass diese technische Entwicklung in eine völlig falsche Richtung gelaufen ist, so problematisch sind Folgekosten und sogenannte „Endlagerung“.
Der Stamm der Abderiten ist in die Neuzeit weitergezogen. Und dies ist nur ein Beispiel von Vielen.
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