Der Wald ist kein Freizeitpark!
Beginnen wir die Geschichte so: Auch unser Freund Patrick gehört zu den Menschen, die mit dem einsetzenden Verfärben der Blätter im Herbst sehr gern in den Wald geht, um nach Pilzen für eines seiner immer wieder überzeugenden Gerichte zu suchen, die wir mehrfach gemeinsam genießen konnten.
Die Region um Straßburg bietet dazu auch wirklich beste Gelegenheiten.
Da Patrick auch sonst viel und vor allem "bewusst" fast lautlos in der Natur unterwegs ist, hat er immer auch seine Kamera "schussbereit" bei sich. Oft schon hat er uns mit herrlichen Fotos überrascht, so auch dieses Mal. Beide, Patrick und der Hirsch, waren sehr überrascht, als sie aufeinander trafen. Doch war, da offensichtlich keine Gefahr von dem jeweiligen Gegenüber ausging, auch keine hektischen Fluchtversuche notwendig. Sehr gelassen betrachtete man sich gegenseitig eine Weile, jeder mit dem notwendigen Respektabstand zueinander, bis dann jeder wieder seinen eigenen Interessen nachging.
Die Deutsche Wildtier Stiftung fordert mehr Rücksicht auf Wildtiere
Nie sind unsere Wälder bunter als im Herbst. Die Meteorologen prophezeien bereits einen „Goldenen Oktober“. Bunte Blätter, wärmende Sonnenstrahlen – der Herbst lockt gerade jetzt am „Brückentag-Wochenende“ viele Menschen aus dem Haus: Pilzsammler, Mountainbiker, Hundehalter, Wanderer und Geocacher sind unterwegs. Die einen suchen Steinpilze und Pfifferlinge für die Pfanne, die anderen spüren mit GPS-Empfängern kleine Behälter in Höhlen oder zwischen Baumwurzeln auf, um bei der elektronischen Schnitzeljagd ein Geocache zu finden. Fitness-Freunde haben dagegen auf dem Mountainbike jede Menge Spaß, indem sie querfeldein durchs Gelände strampeln. Ganz gleich ob Gourmet, Radfahrer oder Schatzsucher: Wer die Wege verlässt, dringt in das Revier der Wildtiere ein und ist für sie ein Störenfried.
Der Lebensraum der Tiere wird zum Freizeitpark für Menschen. „Sport, Spaß und Spiel sind vor allem für unsere großen Wildtiere wie den Rothirsch eine unkalkulierbare Störung“, sagt Dr. Andreas Kinser, Forst- und Jagdexperte der Deutschen Wildtier Stiftung. „Störungen führen zur Flucht und damit zu Stress für ganze Rudel“, so Kinser weiter. Nimmt der Stress überhand, verlassen die Tiere nicht mehr das schützende Dickicht und müssen ihren Hunger an Forstpflanzen stillen. Aufgrund solcher „Schäden“ entbrennt dann häufig ein Streit um die Höhe der Rotwild-Population. Um den Konflikt zu lösen werden oft mehr Tiere als nötig abgeschossen.
„Es geht der Deutschen Wildtier Stiftung nicht darum, Menschen aus der Natur zu verbannen“, betont Kinser. „Es geht uns um die Rücksichtnahme auf Wildtiere.“ In unseren Wäldern sollten Bereiche ausgewiesen werden, in denen Pilze gesucht werden dürfen und andere Bereiche, in denen ein striktes Wegegebot herrscht, damit Wildtiere ungestört ihrem arteigenen Verhalten nachgehen können.“ Mountainbiker sollten ausgewiesene Routen nicht verlassen und Geocacher ihre „Schätze“ keinesfalls in Naturschutzgebieten oder im Dickicht verstecken. „Besonders in den frühen Morgenstunden und nach Sonnenuntergang sollte auf Freizeitaktivitäten im Wald ganz verzichtet werden.“ fordert Kinser. Denn durch die Aktivitäten der Menschen im Wald ist das eigentlich tagaktive Rotwild längst zum dämmerungs- und nachtaktiven Tier geworden.
Der Hirsch und der Mensch!
Damit der Konflikt um die Nutzung der Wildtierlebensräume gelöst werden kann, empfiehlt die Deutsche Wildtier Stiftung die Organisation aller Nutzergruppen in so genannten Hegegemeinschaften. Die Publikation „Der Hirsch und der Mensch“ mit Beiträgen zur Weiterentwicklung von Hegegemeinschaften ist Anfang September erschienen. Informationen finden Sie unter www.Rothirsch.org. Die Publikation können Sie unter Telefon 040-970 78 69 10 bestellen.
Eva Goris
Pressesprecherin
Deutsche Wildtier Stiftung
Billbrookdeich 216
22113 Hamburg