Vierzig Jahre ist es nun her, dass wir das letzte Mal einem Hufschmied bei der Arbeit zusehen konnten. Wo genau das in Deutschland stattfand, können wir mit Bestimmtheit heute schon nicht mehr sagen.
Nur das es immer ein wirkliches Ereignis war, wenn der Hufschmied auf den Hof kam, das drang sofort wieder in das eigene Bewusstsein zurück. Dabei war das Beschlagen der Pferde mit Hufeisen früher ein alltägliches Geschäft, ja der Beruf „Hufschmied“ selbst ein wirklicher Lern- und Ausbildungsberuf mit vierjähriger Ausbildungszeit. Heute selten geworden, beobachten wir nun den extra aus Antalya angereisten Hufschmied hier in Alanya an der türkischen Riviera bei seiner Arbeit an zwei Reitpferden.
Der Hufschmied heute eine Sonderqualifikation
In Deutschland gilt der Hufschmied heute als Sonderqualifikation des Metall verarbeitenden Handwerks. Weitere Sonderqualifikationen sind Huftechniker, Huforthopäden, Hufpfleger und sogar Hufheilpraktiker. Alle diese zuletzt genannten Richtungen sind nicht gesetzlich geregelt, folglich darf sich jeder so nennen. Auf unsere Frage nach der speziellen Ausrichtung seiner Ausbildung, erfolgt, wie schon erwartet, eher nur ein Achselzucken. „Learning by Doing“ heißt die Devise in der Türkei, lediglich einige wenige Handwerker haben im Sinne des Wortes ihr Handwerk wirklich gelernt. Eine mit Deutschland vergleichbare Ausbildung gibt es zwar an einigen Orten, aber die breite Masse lernt nach wie vor auf der „Baustelle“ im Tagesgeschehen. Na ja, muss ja nicht von vorn herein schlecht sein.
Autorisierte Hufschmiede für die Pferdehufe
In der Tradition des Hufschmieds wurde zunächst der Huf des Pferdes zugerichtet, das Hufeisen hergestellt, angepasst und aufgenagelt. So kam es nicht selten vor, dass die Arbeiten, z. B. auf Grund des Verlusts eines Hufeisens, auch nur an einem Huf durchgeführt wurden. Heute kümmert man sich in der Regel nicht mehr nur um einen Huf oder auch um alle vier Hufe sondern um das ganze Pferd, denn eine Vielzahl von Einflüssen können hier maßgeblich sein: Nutzung des Pferdes, anatomische Besonderheiten, Reitweise, Vorerkrankungen der Gliedmaßen, usw. Alle diese Faktoren spielen bei der Wahl des Beschlags eine große Rolle. Aufgrund dieser Ausweitungen dürfen heute nur noch autorisierte Hufschmiede die Arbeiten an den Pferdehufen durchführen. Selbst am eigenen Pferd ist die Arbeit an den Hufen für den Eigentümer nicht mehr erlaubt.
Anbringen des Hufeisens
Wenn Pferde zur Arbeit an Fahrzeugen als Zugpferde eingesetzt werden oder wenn Pferde auf hartem Boden zum Reiten eingesetzt werden, werden die Hufe schneller abgenutzt als sie nachwachsen können. Hier beginnt das Arbeitsfeld des Hufschmieds. Da mit dem Anbringen des Hufeisens natürlich der Wachstumsprozess der Hufe nicht aufhört, sollte Hufeisen in regelmäßigen Abständen abgenommen und die Hufe ausgeschnitten werden. Wenig zur Arbeit eingesetzte Pferde oder Reitpferde, die nur auf weichem Untergrund geritten werden, brauchen keine Hufeisen. Allerdings muss auch hier der Fachmann regelmäßig die Hufe ausschneiden. Frei lebende Pferde, wie wir sie auch schon in Ibradi auf der Yaila beobachten konnten, brauchen natürlich ebenfalls keine Hufeisen.
Hufeisen durch Feuer noch zusätzlich verformt
Unser Hufschmied aus Antalya hat zunächst das alte Hufeisen sowie die dazugehörigen Nägel entfernt. Mit einer Zange wird jetzt der Huf etwas zu Recht gezwickt, dann erfolgt das Glätten und Ausschneiden der Huf Sohle mit einem Hufrinnmesser. Jetzt entfernt unser Hufschmied noch kleine Unebenheiten an der Sohle mit Hilfe einer Raspel. Im nächsten Arbeitsschritt legt der Hufschmied das mitgebrachte Eisen auf die Unterseite des Hufs und mittels Hammer und Amboss wird das Hufeisen noch leicht angepasst. Unser Hufschmied kennt bereits beide Pferde und wusste wohl auch in etwa Form und Gestalt der Hufe, so war nur wenig Anpassungsarbeit nötig. Wir konnten uns auch noch an Arbeiten erinnern, wo das Hufeisen durch Feuer noch zusätzlich verformt bzw. geschmiedet werden musste. Keinesfalls wird ein noch glühendes Hufeisen auf den Huf „aufgebrannt“.
Ob der Hufschmied sein Handwerk versteht.
Allerdings gibt es ein Verfahren, das sich mit Heißbeschlag bezeichnet. Hier wird das Hufeisen nach der formenden Bearbeitung tatsächlich stark erhitzt und dann auf den Huf aufgepasst. Dieses Verfahren wird allerdings heute nur in Ausnahmefällen angewendet, wenn z. B. noch kleine Unebenheiten am Tragrand des Hufs entfernt werden sollen. Die Verfahrensweise des Heißbeschlags ermöglicht dem Hufschmied allerdings die genaue Kontrolle der Nagellöcher, die genau auf der weißen Linie des Hufs liegen müssen, da sich kleine Abdrücke im Huf bilden. Der Heißbeschlag, wenn richtig ausgeführt, bedeutet keinerlei Schmerz für das Pferd, da nur die Oberfläche des Horns heiß wird. Es ist also wirklich entscheidend, ob der Hufschmied sein Handwerk versteht.
Bearbeitung mit einer Nagelpfeile
Nach all diesen Vorbereitungen kann das Hufeisen jetzt mit Nägeln am äußeren Rand des Hornteiles befestigt werden. Mit dem sogenannten Beschlaghammer nagelt man in der weißen Linie durch den Tragrand des Hufes durch, so dass die Nägel oberhalb des Tragrands wieder aus der Hufwand austreten. Das überschauende Ende des Nagels wird dann abgekniffen. Unter dem Nagelstumpf wird dann mit dem Unterhauer oder auch mit einer Raspel etwas Hufhorn in Form einer Mulde entfernt, in die dann mit Hilfe einer Nietzange der Nagelstumpf versenkt werden kann. Den Abschluss bildet dann die Bearbeitung mit einer Nagelpfeile, die noch alle hervorstehenden Kanten beseitigen soll.
Heute werden neben den altbewährten Hufeisen aus Eisen auch solche aus Aluminiumlegierungen und Kunststoff verwendet. Besonders im Rennsport haben sich aufgrund der Gewichtsersparniss sowie einer gewissen Dämpfungswirkung Hufeisen aus Kunststoff durchgesetzt. Auch die Durchblutung des Hufs soll beim Einsatz von Kunststoffhufeisen besser funktionieren. Einen weiteren Vorteil sehen die Experten in der direkteren Fühlung des Pferdes zum Boden, so dass ein besserer Kontakt erhalten bleibt.
Ob nun aufgrund der geschickten Hände unseres Hufschmieds oder der wirklichen Seelenruhe der Pferde war in unserem Fall die ganze Hufeisenaktion relativ schnell erledigt. Beide Pferde ließen sich nicht die geringste Anspannung anmerken, was also wohl überwiegend dem Können sowie auch den Worten des Hufschmieds zu verdanken war, der immer auf die Pferde einsprach, sehr ruhig und gelassen.
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