Gerade in der letzten Zeit gibt es in den Medien verstärkt Artikel und Reportagen zur Intelligenz der Tintenfische, die biologisch als eine Teilgruppe der so genannten Kopffüßer (Cephalopoda) gelten.
Sind es auf der einen Seite Berichte, die eher fragwürdig die Vorhersage zu Ergebnissen der Fußballweltmeisterschaften medienwirksam prognostizierten, so sind es auf der anderen Seite hoch wissenschaftliche Experimente und Versuche, die eindeutig auf die Intelligenz dieser so ungewöhnlichen Tiere verweisen. Hier ist uns insbesondere die Reportage aus einem Versuchslabor in Italien in Erinnerung geblieben, wo wirklich außergewöhnliche Tests mit Tintenfischen vorgestellt wurden.
Tintenfische haben nur eine rudimentäre Schale
Dazu später mehr, denn eigentlich ist schon der Begriff Tintenfisch biologisch gesehen sachlich falsch, denn Tintenfische sind keine Fische, da diese zu den Wirbeltieren zählen. Richtiger wäre, sie mit Tintenschnecken zu bezeichnen, wie es auch in einigen allgemein- und populärwissenschaftlichen Arbeiten getan wird. "Tintenfische" besitzen als Skelett lediglich ein von Weichteilen umschlossenes, rudimentäres Gehäuse, keine Wirbel wie die Fische. Zwar gibt es auch den Kopffüßern die Unterklasse der Perlboote und Ammoniten, die ein außenschaliges, skelettartiges Gehäuse besitzen, diese verfügen allerdings nicht über einen Tintenbeutel.
Die ältesten Funde, die man sicher den Tintenfischen zuordnen kann, stammen aus dem Unteren Karbon aus Nordamerika. Derzeit kennt man aus den heutigen Meeren etwa 800 Arten und laufend werden noch weitere neue Arten aufgefunden und beschrieben. In den Berichten über die Fossilienfunde sind weitere, etwa 2000 Arten beschrieben worden. Umgangssprachlich und historisch wird häufig nur eine Teilgruppe der Coleoidea, die Sepien, als Tintenfische bezeichnet. Die Sepien (Sepiida) bilden gemeinsam mit den Kalmaren (Teuthida) und den kleineren Ordnungen der Zwergtintenfische (Sepiolida) und Posthörnchen (Spirulida) die Gruppe der Zehnarmigen Tintenfische (Decabrachia), die von den Achtarmigen Tintenfischen (Vampyropoda), zu denen die Kraken (Octopoda) und die Cirrentragenden Kraken (Cirroctopoda) und die Vampirtintenfisch ähnlichen (Vampyromorpha) gezählt werden, unterschieden wird. Zu den Tintenfischen (Coleoidea) werden auch die ausgestorbenen Belemniten oder Donnerkeile (Belemnoidea) gerechnet, da bei einigen vollständigen Exemplaren Tintenbeutel nachgewiesen wurden.
Besonders Tintenfische „lernen“ durch Beobachtung ihrer Artgenossen
In ihrer Körpergröße, der Bewegungs- und Reaktionsfähigkeit überragen die Tintenfische alle anderen Mollusken deutlich. Sie haben nach den Wirbeltieren eine der höchsten Organisationsformen im Tierreich und zählen somit zu den intelligentesten Weichtieren. Ihr Nervensystem zeigt einen hohen Grad an Zentralisierung und bildet ein Gehirn im hinteren Teil des Kopfes. Alle Coleoiden besitzen zwei Nieren, ein Herz und zwei bronchiale oder Kiemenherzen (Vorhöfe).
Doch nun zurück zu den Versuchen um die Intelligenz der Tintenfische. Zunächst ist einmal klar zu stellen, das man Tests mit Tieren nur unter bestimmten Voraussetzungen und Bedingungen ausführen darf. Es geht hier also keinesfalls um so genannte Tierversuche. Artgerechte Haltung, Versorgung und Pflege muss immer im absoluten Vordergrund stehen. Ist dies gewährleistet, lassen sich Tests am Besten mit Beute in Form von Belohnung realisieren. So auch in den Tests, die wir hier anführen wollen.
Die Tintenfische leben in einem Großaquarium, werden mehrfach untersucht und vermessen, so das Körpergröße und Gewicht exakt bekannt sind. Für die geplanten Versuche ist es notwendig, besonders die exakten Kopfmaßes der Tiere zu wissen, so das der Versuchsaufbau entsprechend konzipiert werden kann. Des weiteren will man durch das Hinzufügen frisch gefangener Tintenfische vermeiden, das allein durch die Versuche mit den bereits vorhandenen Tieren "Lerneffekte" zu den Versuchsergebnissen führen. Außerdem ist bekannt, das besonders Tintenfische durch Beobachten von Artgenossen auch "Lernen".
Octopus gleitet, Kopf nach hinten, schnell und geschmeidig durch die engen Schleifen
Da gibt es zunächst einen gläsernen Großbehälter, der über gläserne Röhren unterschiedlichen Durchmessers mit einem zweiten Behälter in Verbindung stehen. Der zweite Behälter wird mit einem Beutegut bestückt. In den ersten Behälter wird ein Tintenfisch gesetzt, der über die Glaswände die Vorgänge im zweiten Behälter beobachten kann. Vorhanden sind weiterhin drei gläserne Verbindungsröhren, von denen nur eine im Querschnitt groß genug ist, auch den Kopf des Tintenfisches passieren zu lassen. Die beiden anderen Röhren sind unwesentlich kleiner, dafür aber in der Länge ohne Windungen, so das sie den kürzeren Weg zur Beute darstellen. Aufgrund der für den Tintenfisch sichtbaren Beute könnte man annehmen, das der Tintenfisch jetzt versucht, durch eine der kürzeren Röhren möglichst umgehend an seine Beute zu gelangen. Das Gegenteil ist der Fall. Ganz in Ruhe wird der vordere Teil eines seiner Fangarme in die erste Röhre geführt, die quasi ertastet wird. Schon nach wenigen Sekunden wendet sich der Tintenfisch der zweiten Röhre zu, ohne den Versuch gemacht zu haben, sich durch die enge Röhre zur Beute zu begeben. Das gleiche Prozedere der Ertastung beginnt an Röhre zwei. Erst an der dritten Röhre zeigen seine Tastbewegungen die Zufriedenheit und der Tintenfisch gleitet, den Kopf hinten an, schnell und flüssig durch die engen Schlaufen der Röhre zu seiner Beute.
Mehrfach wird dieser Versuchsablauf mit verschiedenen Tintenfischen durchgeführt und man ist hoch erstaunt über die Möglichkeit des Tastsinns der Tintenfischarme. Wie kann durch bloßes Ertasten auf die notwendigen Querschnittsfläche für den eigenen Kopf geschlossen werden? Bislang gibt es nur Vermutungen der Experten, Belege und Nachweise fehlen.
Jeden Morgen geht ein Mitarbeiter der Versuchsanstalt zum örtlichen Hafen und holt dort einige frisch gefangene Tintenfische von den Fischerleuten ab. Zurück im Labor werden auch diese Tiere exakt vermessen.
Eine Gehirnentwicklung und damit eine Intelligenz, die der des Menschen mindestens nahekommt
Zu dem bereits beschriebenen Versuchsaufbau wird ein zweites Aquarium hinzugefügt, in das der frisch gefangene Tintenfisch eingesetzt wird. Jetzt erfolgt wieder die Bestückung des Versuchsaufbaus mit Beute und einem "erfahrenen" Tintenfisch, der aufmerksam von seinem neuen Nachbarn beobachtet wird. Schnell wird wieder die richtige Röhre gefunden und so der Weg zur Beute frei. Jetzt wird der frisch gefangene Tintenfisch in den Versuchsaufbau gesetzt und neue Beute eingebracht. Als wenn die Bewegungen seines Vormachers kopiert werden, findet auch der Neuling erstaunlich schnell den richtigen Weg zur Beute. Kein Versuch, den direkten Weg einzuschlagen oder wohlmöglich gar direkt durch die Glaswände zur Beute zu gelangen.
Ist das alles nur Zufall? Uns fiel in dem Zusammenhang wieder ein Ereignis ein, wie in Afrika bestimmte Affenarten gefangen werden, denen man ja nachsagt, das ihre Gehirnausbildung und damit ihre Intelligenz den Menschen zumindest nahe kommt. In Sichtweite einer Affengruppe werden einige Nüsse in eine Nistöffnung in einen Baum gelegt. Die Öffnung ist gerade groß genug, das die schlanke Affenhand hindurch passt. Jetzt entfernt sich der Affenfänger vom Baum zu seinem Versteck. Es dauert nicht lang, bis der erste Affe sich neugierig der Öffnung nähert und schnell nach der Nuss greift.
Dies ist das Zeichen für den Affenfänger, der sich schnell nähert und so den Affen greifen kann. Erstaunlicherweise lässt nämlich der Affe die "Beute", die er nun in seiner Hand hält, nicht mehr los. Bekanntermaßen ist aber die geballte Faust vom Umfang her größer als die schlanke Hand, so das der Affe sie nicht mehr aus der Öffnung herausziehen kann. Natürlich könnte er einfach die Beute fallen lassen, um zu entkommen. Hier allerdings ist seiner Intelligenz eine Grenze gesetzt.
Sind, bleibt die Frage, Tintenfische also die intelligenteren Lebewesen? Immer wieder kann man nur verwundert und erstaunt zusehen, was an Wunderbarem in der Natur und Umwelt möglich ist. Längst noch nicht wissen wir von unzähligen Möglichkeiten und Ressourcen, die unsere Umwelt zu bieten hätte. Überall fehlt es an Forschung, Erkenntnis und daraus resultierenden Umdenkprozessen.
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