Klettern im Taurusgebirge bei Antalya
Während unserer letzten Tour von Antalya Richtung Skigebiet Saklikent kamen wir in einem grünem, bewaldeten Hochtal an einem Bergsteigercamp mit einer Reihe von Blockhütten und Zelten vorbei, das sogleich unser Interesse weckte.
Kurz entschlossen legten wir einen Zwischenstopp ein und lernten Herrn Tobias Hauk, einen der Geschäftsführer des Camps Josito, kennen. Schnell waren wir in ein interessantes Gespräch zum Thema Bergsteigen und Klettern verwickelt. Tobias erläuterte zum Einen das Angebot seines Camps und zum anderen auch die Unterschiede dieser allgemein mit Klettern bezeichneten Sportart, die zunehmend an Beliebtheit, auch der türkischen Besucher, gewinnt.
Klettern, so Tobias, wird heutzutage hauptsächlich als Sport und Freizeitbeschäftigung am Fels oder in der Halle in unterschiedlichen Varianten betrieben. Zu meist werden dabei im Fels bestimmte Kletterrouten durchklettert. Üblicherweise wird der Kletternde von seinem Kletterpartner mit einem Bergseil gegen Absturz gesichert. Ein idealer Sport für Paare also, denn der Gewichtsunterschied spielt bei der Seilabsicherung kaum eine Rolle.
Das Sportklettern ist eine Variante des Freikletterns, bei der der sportliche Aspekt im Vordergrund steht. Sportkletterrouten sind meist mit zahlreichen fest angebrachten Sicherungspunkten abgesichert, um das Risiko bei einem Sturz zu minimieren. Sportklettern wird sowohl an künstlichen Anlagen (Kletterhalle) als auch an natürlichen Felsen, in so genannten Klettergärten, betrieben.
Das Camp in Nähe Antalyas bietet solche Klettervarianten in der freien Natur mit der Möglichkeit direkt im Klettergelände zu campieren oder eine der Blockhütten zum Verbleib anzumieten. Ausgestattet auch mit einer kleinen Restauration in natürlich belassener Holzbauweise findet der sportlich orientierte Kletterer hier ein Angebot, das wohl bislang einzigartig in der Türkei ist. Schon aufgrund der vielsprachigen Atmosphäre und dem Ansehen der Besucher wurde uns klar, das man hier auf Besucher aus allen Kontinenten der Erde traf. Besonders in den Wintermonaten wird das Camp stark frequentiert, da die Wintersonne einen angenehmen Nebeneffekt zur Kletterei darstellt. Mit 600 verschiedenen Klettertouren versehen, die in einem eigenen Parcoursführer beschrieben sind, bietet das Camp Schwierigkeitsgrade für jeden Kletterer, ob Anfänger oder Profi.
Beim Freiklettern (engl. Free Climbing) dürfen zur Fortbewegung nur der Fels und der eigene Körper genutzt werden. Seil und technische Hilfsmittel dienen lediglich zur Sicherung gegen Abstürze (der Begriff bezeichnet also nicht das Klettern ohne Sicherung, das man in diesem Zusammenhang als “free solo“ bezeichnet). Diese Art des Kletterns wurde schon seit Ende des 19. Jahrhunderts in der Sächsischen Schweiz praktiziert und dort seitdem beibehalten. Von dort aus wurde es durch den Deutschamerikaner Fritz Wiessner in die USA „exportiert“. In Europa geriet das Freiklettern außerhalb der Sächsischen Schweiz mit dem aufkommenden Technischen Klettern ins Hintertreffen, und wurde erst in den 70er und 80er Jahren von den westeuropäischen Kletterern wiederentdeckt, die es in der Sächsischen Schweiz und den USA abgeschaut hatten. Es ist heute die populärste Form des Kletterns.
Klettern ist eine vom Menschen seit jeher angewandte Fortbewegungsform. Dabei wurden auch immer schon Felsen bestiegen, sei es aus kulturellen Gründen (z.B. als religiöser Ort), sei es aus praktischen Gründen wie dem Ausschau halten nach Tieren oder Feinden. So wurden auf dem Rabenfels in der Fränkischen Schweiz Tonscherben gefunden, die belegen, dass dieser Fels 800 bis 400 v. Chr. bestiegen wurde. Die damaligen Bewohner bewältigten dabei bereits den dritten Schwierigkeitsgrad. Im Mittelalter bekamen Felsen eine zunehmende strategische Bedeutung. So wurden exponierte Felsen als Spähwarte zum Schutz vor Feinden oder als Signaltürme zum Weiterleiten von Nachrichten genutzt.
Durch die Besteigung immer unzugänglicheren Gipfeln ab ca. 1800 musste auch beim Bergsteigen zur Überwindung von Graten und Felsstufen zunehmend geklettert werden, dies geschah jedoch meist technisch. Als Geburtsstunde des sportlich motivierten Kletterns gilt die Besteigung des Falkensteins in der Sächsischen Schweiz durch Schandauer Turner im Jahr 1864. Ab etwa 1890 entwickelte sich in der Sächsischen Schweiz das Freiklettern, bei dem versucht wird, auf künstliche Hilfsmittel zur Fortbewegung beim Klettern gänzlich zu verzichten. Durch die steigende Leistungsorientierung entstand Ende der 1960er und Anfang 1970er insbesondere in den USA das Sportklettern, das 1975 in den rotpunkt-Gedanken von Kurt Albert mündete.
Für uns war dieses Treffen nicht nur sehr lehr- und aufschlussreich hinsichtlich der neu gewonnenen Kenntnisse und Erfahrungen aus dem Bereich Klettern sondern auch ein tolles Erlebnis beim Beobachten der Kletterer in den Steilwänden und Überhängen der grandiosen Bergwelt bei Antalya vom sicheren Kaffeetisch aus. Ein lohnendes Ziel, auch wenn man selbst nur Zuschauer bleiben möchte.
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