Kurztrip am Geyik Dagi zu den Libanon-Zedern
Wenn unser Co-Autor Wolfgang Dorn in dieTürkei anreist, ist das meistens mit einem kurzen Zusammentreffen zu einem Kurztrip an eines der vielen möglichen Ziele entlang der Türkischen Riviera verbunden.
So auch am vergangenen Wochenende, als Wolfgang aus seinem Hotel in Okurcalar anrief und von einem „Ausflug“ über Güzelbag und Gündogmus nach Pembelik auf die Hochalm am Fuße des 3002 Metern hohen Geyik Dagi sprach, da es dort noch Restbestände der Libanon-Zeder geben soll. Ob denn Schneeketten noch notwendig seien war unsere Gegenfrage, die aber glücklicherweise verneint wurde.
So trafen wir uns am Sonntag in Okurcalar und fuhren Richtung Alanya bis zur Abzweigung nach Peyallar und Güzelbag. Schnell steigt die Straße an und schon bald müssen wir erste Serpentinen meistern. Fieberhaft wird oberhalb von Peyallar am Ausbau der Straße gearbeitet, selbst am Sonntag sind Lastwagen und Bagger aktiv. Einen ersten Stopp legen wir an einem Hinweisschild auf einen Wasserfall am Kargi Cayi ein, wo sich auch ein angeblich „geöffnetes“ Teehaus befinden soll. Der Abstieg in das Tal des Baches ist zwar gut beschildert, aber doch recht anstrengend.
Am Bach angekommen finden wir einige sehr eigentümlich aber interessant konstruierte „Freizeitmöbel“ vor, die aus dem Treibgut des Baches gefertigt sind. Ansonsten liegt das Gelände brach, wir werden lediglich von einer schmusebedürftigen Katze begrüßt. Etwas verwundert sind wir jedoch, als wir auf einem Tisch eine große Menge frischer Gurken vorfinden. Nach einigen Fotos der doch außergewöhnlichen Ausstattungsgegenstände steigen wir ohne einen Tee wieder zum Fahrzeug hinauf.
Landschaftlich wird es jetzt immer schöner und natürlicher mit ausgedehntem Pinienwald entlang der Straße, die immer höher in die Berge führt. Nach etwa 30 Kilometern über häufig enge Routenführung und scharfe, teilweise nicht einsehbare Kurven aber herrlichen Ausblicken gelangen wir nach Güzelbag, einem verschlafenen Bergdorf, das wir allerdings nur in Richtung Gündogmus durchqueren. Nach einem ersten Höhenzug, der uns bis auf etwa 1.100 Höhenmeter bringt, führt die Straße zunächst hinab in das Tal des Alara Cayi, um dann allerdings gleich wieder stark ansteigend auf über 1.200 Meter am Fuße des Sögüt Dagi anzusteigen. Interessant ist hier die Brückenkonstruktion, die noch vorhandene Segmentbögen aus seldschukischer Zeit nutzt, auf die einfach eine Betonkonstruktion aufgesetzt wurde. Auch der Fluss Alara selbst zeigt sich in der Frühlingssonne sehr farbenprächtig glitzernd, allerdings auch eiskalt.
Nach einigen Fotos an der Brücke geht es noch etwa 10 Kilometer weiter nach Gündogmus, wo uns einige alte, fast eingefallene Häuser ins Auge fallen. Typische Steinfachwerke, die lose auf Brettern aufgeschichtet sind, darauf Balken- und Bretterlagen mit Erde bedeckt, die als Dachabschluss dient. Erstaunlicherweise bemerken wir, das einige dieser Häuser tatsächlich noch bewohnt sind. Sicherlich aufwendig zu renovieren, aber welch ein Unterschied zu den sonst so eintönigen, immer gleich langweiligen Betonstützenkonstruktionen im „modernen“ Gündogmus. So viele Details fallen ins Auge, die auf ehemals liebevolle Bauausführung und der Verwendung von Holzgefachen im Mauerwerk, von wunderschönen Holztüren und Fenstern mit Klappläden schließen lassen. Welch ein Unterschied zum kalten, lieblosen Beton. Und doch zerfällt diese Substanz weiter.
Wir durchqueren Gündogmus in Richtung Pembelik. Reichlich Schneefelder rechts und links der Straße weisen noch auf den gerade überstandenen Winter hin. Bei etwa 1.400 Höhenmetern und etwa 8 Kilometern nach Gündogmus geht es dann links zum Dorf Pembelik. Auch hier ist kaum jemand im Dorf zu sehen, lediglich eine Frau mit Kind auf dem Rücken, so das wir noch ein Stück weiter den Berg Geyi Dagi hinauf fahren. Leider hörte schon im Dorf der feste Straßenbelag auf und etwa 500 Meter nach dem Dorf gibt es nur noch eine schmierige Piste, die kurz zuvor von einer großen Ziegenherde benutzt worden war. Tausende Fußspuren, den Weg entlang. Wir sehen eine der riesigen Libanon-Zedern direkt am Wegrand und beschließen hier einige Fotos zu machen.
Selbst in großen Höhen kann die Libanon-Zeder zwischen 30 und 50 Meter hoch werden, ein Alter von 1.000 Jahren ist nicht selten. Schon vor mehr als 5.000 Jahren wurde das relativ leicht zu bearbeitende, aber sehr resistente und dauerhafte Holz der Libanon-Zeder zum Palast- und Tempelbau genutzt, wodurch die Bestände drastisch reduziert wurden. Mit der verstärkten Nutzung auch im Schiffsbau gingen die Bestände so drastisch zurück, das man heute Mühe hat, diesen außergewöhnlichen Baum zu finden. Für die Phönizier galt die Libanon-Zeder als Königin des Pflanzenreichs, die sogar zur Volksmedizin genutzt wurde. Noch heute setzen Bauern Kienöl bei der Wundbehandlung und als Mittel bei Hautkrankheiten ein. Auch die Ägypter setzten vor allem importierte Libanon-Zedern für den Schiffsbau ein.
Mittlerweile hat sich glücklicherweise die Erkenntnis durchgesetzt, das diese Baumart absolute Vorteile gegenüber den schnell wachsenden Pinienarten hat und man sorgt sich um die wenigen Restbestände. Auch in der Wiederaufforstung setzt man heute verstärkt auf die Libanon-Zeder, allein in der Türkei werden jährlich etwa 300 Quadratkilometer mit der Zedernart bepflanzt.
Wir haben etwas Respekt vor dem weiteren Anstieg zum Berg Geyi Dagi und da sich auch langsam der Abend nähert, beschließen wir unsere kleine Expedition zu beenden und nach Okurcalar zurück zu kehren. Ein Tagesausflug, der einmal mehr die Vielfalt der Landschaft, ihrer Kultur und Bewohner gezeigt hat.