Ausgrabungen in der äußerst fruchtbaren Region des Göksu Deltas zeigen etliche frühgeschichtliche Relikte, so dass die Besiedlungshistorie bei Silifke zumindest bis in die Bronzezeit zurückverfolgt werden kann.
Ein sehr früher Besiedlungsort war das heutige Silifke, dessen Name auf einen der Diadochen Alexanders des Großen zurückgeht, Seleukus Nikator. Nach der Aufteilung des Großreichs Alexanders erhielt Seleukus Nikator unter anderem auch Kilikien als Reich zugewiesen. Auch Kaiser Barbarossa stand in enger Verbindung mit Silifke, leider ertrank er während seines Feldzugs in das Heilige Land im Jahr 1190 im Göksu Fluss etwa 7 Kilometer von Silifke entfernt. Mehr als eintausend Jahre zuvor lebte und wirkte allerdings die Heilige Thekla, die eine Schülerin des Apostels Paulus war, etwas außerhalb von Silifke in einer Höhle, die am besten von der Straße nach Mut aus zu erreichen ist (den Hinweisschildern folgen).
Die Legende um die heilige Thekla
Entsprechend der Legende soll sich eine vornehme Jungfrau aus Ikonion von dem Apostel Paulus zum Christentum habe bekehren lassen. In der Folge zog diese, als Mann verkleidet, mit Paulus durch das Land. Wie seiner Zeit üblich, flohen viele Christen auf der Flucht vor den Römern in unterirdische Höhlen, um Schutz zu suchen. Nach längeren Verfolgungen während des ersten Jahrhunderts nach Christus war dann eine ebensolche Höhle bei Silifke der letzte Zufluchtsort der später heilig gesprochenen Thekla, die auch hier verstarb und beerdigt wurde. Früh schon nutzten erste Pilger diesen Ort mit seinem Schrein für ihre Gebete. Im 2. Jahrhundert wurde dann oberhalb der Höhle eine erste Kirche errichtet und die Höhle zur Kirche umgebaut. In kleinen Schritten entstanden so weitere Kultgebäude, die zu einem heiligen Bezirk anwuchsen. Die Schreibweisen der Heiligen Thekla sind dabei recht unterschiedlich, so gibt es die Form Ayatekla und Ayathekla, allerdings aus dem griechischen auch Hagia Thekla für Heilige Thekla und Meriamlik in der türkischen Version des Namens der Wallfahrtstätte.
Mitte des vierten Jahrhunderts wurde die christliche, isaurische Adlige Bassiane im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen Römern und Isauriern im unterirdischen Heiligtum als Geisel gehalten. Bassiane, zu dem Zeitpunkt hochschwanger, vertrug das feuchtheiße Klima in der Höhle nicht besonders und fiel entsprechend der Legende in eine tiefe Ohnmacht. Sie wurde von der Heiligen Thekla gerettet, womit der Ort endgültig seinen Mythos erlangte und zum vielbesuchten Wallfahrtsziel, vor allem weiblicher Pilger wurde. Im Jahr 374 verbrachte Gregor von Nazianz einige Zeit in den Räumlichkeiten der Höhle, 10 Jahre später blieb die geweihte Jungfrau Egeria für einige Zeit in der Kultstätte nachdem sie während der Rückreise aus dem Heiligen Land durch Silifke kam. Die Jungfrau Egeria berichtet in ihrem Itinerarium über die Kirche und die vielen Mönchszellen in der Umgebung des Heiligtums. Egeria berichtet auch von einer starken Mauerbefestigung des gesamten Pilgerbereichs zum Schutz gegen Überfälle von räuberischen Isauriern. Nur wenig später wurde der Heiligenschrein in eine andere Höhle verbracht, die am Südhang des Hügels bereits mit einer dreischiffigen Krypta ausgebaut worden war. Der oströmische Kaiser Zenon lies im Jahr 476 das Heiligtum weiter ausbauen, indem er eine weitere Basilika anbauen lies. In den beiden folgenden Jahrhunderten gab es weitere Nebengebäude in Form eines öffentlichen Bads, mehrerer Zisternen sowie zwei weiterer Kirchen. Eine Vielzahl von weiteren Hinweisen auf die Heilige Thekla fand man bei Grabungen in Korasion, Korykos, Olba, Seleukia und Anemurion auf Grab- und Weihinschriften.
Auch im islamischen Glauben ein Heiligtum
Im islamischen Glauben der Osmanen wurde das heilige Gebiet der Maria zugerechnet woraus sich der noch heute gebräuchliche Name Meriamlik ableitet. Als der französische Reisende Victor Langlois im Jahr 1861 seinen Bericht über die Reise durch Kilikien veröffentlicht, taucht der Name Meriamlik als Ortsbeschreibung auf.
Im sogenannten heiligen Bezirk von Silifke im Süden der Stadt gibt es eine Vielzahl von Höhlen und Grabhöhlen, da das Gelände überwiegend aus Kalkstein besteht. Vom Parkplatz aus gelangt man direkt in den Eingangsbereich der unterirdischen Kirche, die als dreischiffige Säulenkirche von 17 Metern Länge ausgebildet ist. Durch einen Narthex mit Tonnengewölbe betritt man das Mittelschiff, das durch zwei Reihen dorischer Säulen von den Seitenschiffen abgetrennt ist. Sich an das Mittelschiff anschließend gelangt man in die natürlichen Höhlenräume. Laut der Überlieferung befanden sich in diesem Teil die Wohnräume der Heiligen Thekla.
Wie bereits erwähnt, befand sich oberhalb der Höhle die sogenannte Thekla-Basilika, die aufgrund der Funde während der Ausgrabungen einst eine Stattliche Größe von 70 x 40 Meter gehabt haben muss. Auch die Thekla Basilika war als dreischiffige Säulenbasilika erbaut worden, der man jedoch ein Narthex mit Freitreppe vorgelagert hatte. Die Seitenschiffe waren mit je 15 Säulen vom Mittelschiff abgetrennt. An den Resten der Apsis lassen sich noch vier halbrunde Doppelfenster erkennen. In südlicher Richtung war der Basilika auf gesamter Länge eine Vorhalle angebaut, die wohl rein repräsentativen Zwecken gedient hat.
Innerhalb des Temenosbezirks, der von einer hohen Mauer umgeben war, gab es ein weiteres Kloster sowie auch einige Zisternen. Zum Zeitpunkt des Besuchs war zumindest eine Zisterne freigelegt, so dass man sie besichtigen konnte. Außerhalb des heiligen Bereichs gab es mindestens zwei weitere Kirchen, von denen eine noch gar nicht ausgegraben ist. Die Kuppelkirche aus dem späten 5. Jahrhundert ist eine dreischiffige Emporenkirche mit vorgelagertem halbrunden Atrium und Narthex. Bis heute sind sich die Archäologen aber uneinig, ob die Kuppelkirche tatsächlich mit Steinquadern überkuppelt war oder man ein achteckiges hölzernes Pyramidendach aufgesetzt hatte. Beim Bau des Alahan Manastır war man entsprechend vorgegangen, wie Balkenschuhe und Einlagerungen bewiesen haben.
Jedes Jahr im September wird ein Fest der orthodoxen Christen in der unterirdischen Kirche gefeiert. Bei mystischer Stimmung in einer Höhle ein beeindruckendes Erlebnis, nicht nur für orthodoxe Christen.
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