Die Wasserversorgung der antiken Großstadt Side
- Geschrieben von Portal Editor
An einem schönen Frühsommertag habe ich mich aufgemacht, eines der technischen Meisterleistungen der Antike zu erkunden, die römische Wasserleitung von der Dumanlı-Quelle im Oymapınar-Stausee bis zur Stadtmauer von Side,
von der aus die Versorgung der öffentlichen und privaten Wasseranlagen, der Nymphäen und Brunnen, der Thermen und der privaten Haushalte erfolgt ist.
Von der stadtinternen Wasserversorgung ist nur noch wenig erhalten.
Ein Meisterwerk römischer Ingenieurskunst
Sie speist den Manavgat-Fluss und ergießt sich heute in den Stausee, kann deshalb nicht mehr gesehen werden. D.h., dass bei einer Gesamtlänge der Wasserleitung von ca. 30 km und einem Höhenunterschied von ca. 35 Metern bis zum 7 Meter hoch gelegenen Einflussloch der Wasserleitung in der Stadtmauer von Side die Baumeister den natürlichen Geländeverlauf nur zu einem sehr geringen Teil nutzen konnten, sondern, um die Strecke möglichst kurz zu halten, durch Tunnel und Aquädukte den technisch realisierbaren kürzesten Weg finden und bauen mussten.
Die Wasserleitung von Side war eine Freispielleitung, d.h. man nutzte für den Transport des Wassers ausschließlich das natürliche Gefälle. Insgesamt waren 22 Aquäduktanlagen nötig, um das Wasser nach Side zu führen, von denen noch einige erhalten, die anderen nachweisbar sind.
Das Ergebnis ist eine faszinierende Anlage, auf deren Spuren ich mich begeben werde.
Die Fahrt geht zuerst nach Manavgat, wobei nach den Km 1.8, 2,2 und 2,6 rechts der Fahrstrecke die ersten Reste der Aquäduktbögen zu sehen sind. Man erreicht die Fernstraße Antalya - Alanya und fährt in Richtung Manavgat, biegt dann nach links ab, um zu den Wasserfällen (Selale) zu kommen, die man bei km 8,7 erreicht. Hier werde ich, wenn ich alles gesehen habe, eine Rast bei einem heißen Tee an den Ufern und dem Wasserrauschen derManavgat-Wasserfälle einlegen und meine Exkursion beenden.
Aus römischer Zeit stammt noch der 7m hohe Pfeiler sowie zwei weitere Pfeilerfundamente im Flussbett. Die malerische Lage und ein kleines Teehaus laden viele Einheimische und besonders Jugendliche zu einem Picknick an den Ufern des Flusses ein. Es ist ein beliebter Ausflugsort geworden.
Bei km 12,0 erreicht man die Reste einer doppelstöckigen Aquäduktbrücke über den Akcay-Fluss.
Die Tunnel von Side wurden in der in derAntike am häufigsten angewandten Qanat-Bauweise erstellt, die heute noch im Iran und in den Golfstaaten vorhanden sind und genutzt werden. Der Name Qanat bedeutet Wassergewinnungsstollen. Man teilte die gesamte Tunnellänge in kleiner Abschnitte ein und grub von oben Schächte, um mit Hilfe von Loten und Wasserwaagen das Gefälle so gering wie möglich zu halten und um die Tunnelführung möglichst ohne Richtungsabweichungen voran zu treiben. Das setzte eine exakte Vermessung voraus. Um die senkrechten Schächte möglichst kurz zu halten, musste man sich dem Geländeprofil anpassen und den Verlauf der niedrigsten Geländehöhe über den Berg finden. Das erklärt, warum die Trassenführung nicht genau gerade durch den Berg geführt worden ist, sondern einen versetzten Verlauf aufweist. Das kann man an dem Tunnelabschnitt bei dem Akcay-Aquädukt sehr gut beobachten.
Man kann von hier aus zu dem Dorf hinauf fahren und an der Weggabelung nach links zur malerisch gelegenen antiken Ruinenstätte von Seleukeia abbiegen oder sich rechts halten und nach wenigen km die Hauptstraße wieder erreichen.
Bei km 20,3 und 20,6 liegen auf der linken Seite die Reste von zwei weiteren Brückenbögen. Am besten stellt man den Wagen an einem einmündenden Feldweg ab und geht ca. 300 Meter in den niederen Wald hinein. Am Rande einer Lichtung liegen die recht verfallenen Baureste in reizvoller Lage, die Bögen von Alcakkemer und Mezarönü.
Die letzten zu besichtigenden Aquäduktbögen liegen hinter dem Kontrollpunkt, der zum Schutz des Oymapinar-Stausees zu passieren ist.
(Ausweis!) . Auf dem Weg zum Fuß der Staumauer liegt auf der rechten Seite, oberhalb eines Parkplatzes, der Rest dieser einstmals 88m langen Gözyani-Brücke, über die noch heute ein modernes Wasserrohr führt.
Von der Staumauer, die man über einen ausgeschilderten Fahrweg -nicht durchgängig befestigt- erreicht, hat man einen grandiosen Blick hinunter in das Tal des Manavgat-Flusses und über den Oymapinar-Stausse, in dessen Tiefe zwei weitere Brückenanlagen versunken sind und wo die Dumanli-Quelle entspringt. Mit etwas Geduld kann man in der rechten Felswand die Aquädukt-Galerie, eine technische Meisterleistung, erkennen.
Die Rinne selbst hat eine Breite von 1,8m und ist beidseitig von Felswänden eingefasst. Auf der Bergseite wurde die Rinne bis zu 10m aus dem Fels geschlagen und talseitig mit einer bis zu 3m hohen Brüstung versehen.
Die gesamte Anlage wurde in der Blütezeit des römischen Side, im 2. und 3. Jahrhundert n.Chr. erbaut.
Nach soviel Wasserbautechnik freue ich mich auf eine erholsame Rast am Wasserfall des Manavgat, trotz des touristischen Rummels, der bis hierhin seine Wellen schlägt. Auf der beeindruckenden Tagestour war ich fast ganz alleine unterwegs gewesen und konnte Natur und Technik in Ruhe in mich aufnehmen. Leider hat ein verheerender Waldbrand vor zwei Jahren die landschaftliche Idylle doch erheblich beeinträchtigt. Möge der Wald sich möglichst rasch wieder erholen und emporwachsen.
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- Wolfgang Dorn
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