Wie in unserem Artikel zu den Harzer Wandernadeln bereits berichtet, hatten wir zunehmend Interesse an der gezielten Erwanderung der so vielschichtigen Stempelstellen zu den besonderen Höhepunkten der Harzer Wanderwege gefunden und damit auch beschlossen, uns selbst mit Wanderpässen auszustatten und durch die verschiedenen Stempel zu ergänzen.
Wir werden sehen, wie weit wir damit kommen. Gleichzeitig möchten wir auch Ihnen ans Herz legen, es uns nach zu tun, so werden wir in loser Folge einige dieser Highlights vorstellen.
Für uns von Bedeutung ist auch die Möglichkeit die E-Bikes mit einzusetzen, denn wir möchten gern unseren Hauptstandort auf dem Campingplatz Prahljust beibehalten, möglichst wenig den PKW einsetzen bzw. durch das E-Bike ersetzen. Mit seiner Fläche von immerhin 2.226 km2 wären die Entfernungen zu den einzelnen Stempelstellen im Harz zu erwandern teilweise zu weit entfernt. So werden wir zunächst Stempelstellen der näheren Umgebung erkunden, später dann die Anfahrten zu den ausgewählten Wanderrouten zunächst mit den E-Bikes anfahren und dann die Wanderung beginnen. Erst im späteren Frühjahr planen wir die Stempelstellen der Mehrtagetouren mit ein. Zu „überraschend“ war der noch komplett verschneite „Ackerweg“ von der Hanskühnenburg zurück nach Clausthal-Zellerfeld Mitte März.
Vom Campingplatz Prahljust zur „Huttaler Widerwaage“
Der Wasserwanderweg "Hutthaler Widerwaage" führt auf einem etwa 6 Kilometer langen Rundweg an einst für den Oberharzer Bergbau besonders bedeutsamen wasserwirtschaftlichen Bauwerken vorbei. Ausgangs- und Endpunkt dieses thematischen Rundwanderweges für uns ist der Campingplatz Prahljust südöstlich von Clausthal-Zellerfeld.
Fast unmittelbar neben der Einfahrtsstraße zum Campingplatz Prahljust befindet sich der Waldweg mit Parkplatz in Richtung Huttaler Widerwaage, der zunächst leicht ansteigend ist, dann nach links, leicht unscheinbar, in einen engeren Pfad mündet. Von hier geht es bergab bis zum Teich oder Wasserbecken, oder wie man hier vor Ort sagt: bis zur Widerwaage. Da sich am Parkplatz einige Wege gabeln, bitte den Weg zur Huttaler Widerwaage wählen.
Wie aus den Bildern ersichtlich, wird das Wasser hier durch ein hölzernes Wehrbauwerk, einem sogenannten Fehlschlag angestaut. Dieser Teich ist durch den so genannten Huttaler Wasserlauf mit dem auf der anderen Seite des Höhenzuges befindlichen Hirschler Teich verbunden und kommuniziert mit diesem. Aus dem Huttaler Graben wird der Widerwaage Wasser vom Schwarzenberg sowie vom Polsterberger Hubhaus zugeführt. Ist das Wehr hochgestaut, wird das Wasser durch den Huttaler Wasserlauf zum Hirschler Teich weitergeleitet. Dort konnte es in der Vergangenheit zur Kraftwasserversorgung der sehr ergiebigen Grube Caroline und Grube Dorothea genutzt werden. Hier befindet sich die Stempelstelle 127 der Harzer Wandernadeln.
Auch Hochwasserschutz für den Stadtteil Clausthal
Bei Hochwasser können die Einsatzbretter des Wehres entnommen werden. Dann kehrt sich das Fließgefälle um und Wasser aus dem Hirschler Teich fließt durch den Huttaler Wasserlauf und durch die Huttaler Widerwaage ins Huttal und dann weiter in Richtung Söse ab. Dadurch konnte die Hochwassersituation in Clausthal entscheidend entschärft werden.
Die Huttaler Widerwaage entstand durch die Not, dass die beiden ertragsreichsten und höchstgelegenen Gruben Dorothea und Carolina mehr Aufschlagwasser für die Kehr- und Kunsträder zur Erzförderung und Wasserhebung benötigten.
Durch den Bau der Widerwaage in den Jahren 1763 bis 1776 und die Erweiterung des Einzugsgebiets bis etwa 1860 war es möglich, Wasser aus dem Sösegebiet über den Kautztaler Graben, den Alten Polsterberger Wasserlauf, den Schwarzenberger Graben und den Grüneberger Graben, über den Huttaler Wasserlauf, dem Hirschler Teich zuzuführen. Durch das größere Wasserangebot konnten nun die beiden Kehrräder der Schächte in ihre unmittelbare Nähe gebaut werden.
Der Huttaler Wasserlauf wurde bereits 1767 aufgefahren. Er hatte zunächst ein Sohlgefälle zum Hirschler Teich und konnte das Wasser auch nur in eine Richtung, nämlich zum Hirschler Teich führen. Etwa um 1850 sah man die Notwendigkeit, den Hochwasserschutz für die Bergstadt Clausthal zu verbessern, und nun baute man den Huttaler Wasserlauf dazu um, gegebenenfalls auch große Mengen Wasser in umgekehrter Richtung vom Hirschler Teich in das Sösegebiet ableiten zu können. Hierzu wurde der Stollenquerschnitt erheblich aufgeweitet auf etwa 2,0 m Breite, hydraulisch störende Kurven wurden begradigt. Das Sohlgefälle wurde umgekehrt. Dazu musste der Wasserlauf im Bereich des Huttales um etwa 1,0 m vertieft werden. Aus dieser Zeit stammt auch das heutige relativ aufwändig gestaltete Bauwerk.
Die Polsterberger Hubkunst und Dr.-Martin-Schmidt
Nach einigen Fotos vor Ort setzen wir den Weg fort und gelangen nach wenige Kilometer weiter an den Dr.-Martin-Schmidt-Platz, idyllisch gelegen mit einer Bank zum Vespern kann hier eine Pause eingelegt werden. Auf einem Hinweisschild zu den Aktivitäten des Doktor Martin Schmidt wird explizit hingewiesen. Wem dies zu spartanisch ist oder wer sein Pausenbrot vergessen hat, möge bitte den Weg fortsetzen und gelangt wenig später an das Polsterberger Hubhaus. Im Jahr 1801 wurde die Polsterberger Hubkunst angelegt. Durch die Hubkunst konnte Wasser aus dem Dammgraben in das Huttaler Widerwaage-System gepumpt werden und in den Hirschler Teich fließen.
Hier besteht zudem die Möglichkeit der Einkehr verbunden mit dem Genuss einiger Harzer Spezialitäten. Es gilt allerdings, die Öffnungszeiten bei der Planung zu beachten.
Wir setzen unseren Weg fort und gelangen wenig später an die Schutzhütte „August Weppner Hütte, auch wieder idyllisch an einem Stauteich gelegen und mit der Stempelstelle 128 ausgestattet. Wenig später haben wir den bereits mehrfach angesprochenen Hirschler Teich erreicht von dem aus wir den Weg zurück zum Campingplatz Prahljust angehen.
Eine prachtvolle Tagestour mit großen Lerneffekten und der Erkenntnis, dass das Harzer Wasserregal etwas wirklich Außergewöhnliches in der Baukunst für den Bergbau und die Bewohner bedeutet und damit zurecht ein Weltkulturerbe darstellt.
Wir freuen uns bereits auf weitere Erkenntnisse am Wegrand.
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