Die Idee kam spontan am Vormittag, als uns die Recherche im Internet darauf aufmerksam werden lies, das die Römer während ihres Feldzugs gegen die Markomannen ja auch am Main aktiv waren.
So war denn auch schnell der Entschluss gefasst, die wenigen Kilometer bis in das Örtchen Marktbreit zu fahren, wo ein etwa 2,5 Kilometer langer Rundweg entlang eines ehemaligen Römerlagers zum Spaziergang einlädt. Um es gleich vorweg zu nehmen, Ausgrabungen mit Überbleibseln des Römerlagers dürfen Sie nicht erwarten, denn es ist, zumindest sichtbar, keine Ruine vorhanden. Aber es ist ein interessanter Rundweg, der mit anschaulichen Infotafeln zum Römerlager aufwarten kann und dabei einen herrlichen Blick auf das Maintal bis nach Kitzingen und Ochsenfurt ermöglicht. Hier steht der entspannte Spaziergang entlang des mit "Blauer Schmetterling" bezeichneten Wegs im Vordergrund.
Operationsbasis für das Lager in Marktbreit
Es war schon eine kleine Sensation, als man im Jahr 1985 durch Luftbildarchäologie auf dem Kapellenberg hoch über dem beschaulichen Städtchen Marktbreit das aus augusteischer Zeit stammende Römerlager entdeckte, das wohl zwischen 5 v. Chr. und 9 n. Chr. errichtet worden war. Zwei exakt parallel geführte Gräben im Getreide eines Feldes hatten die frühere Existenz des Römerlagers verraten. So weit östlich des Limes hatte man ein solch imposantes Römerlager nicht vermutet, denn es lag weit im "freien" Germanien und mit seiner Größe von mehr als 37 Hektar war es eines der größten Feldlager überhaupt. In seiner Umrissform, so zeigen die Luftbilder, ähnelt es dem etwa 140 Kilometer entfernten Legionslager von Mainz am Rhein, das wohl auch die Operationsbasis für das Lager in Marktbreit war. Die Historiker vermuten, das dieses Römerlager wohl der Sicherung des römischen Anspruchs auf besiegtem und befriedetem germanischem Gebiet diente und gleichzeitig auch zur Vorbereitung des Feldzugs gegen die Markomannen eine wichtige Rolle spielte. Aus der Art und Weise des Aufbaus des Lagers lässt sich allerdings schließen, das dieses Lager nicht auf Dauer genutzt werden sollte. Es gab lediglich aufgeschüttete Erdwälle mit Holzpalisaden zur Befestigung, so das man vermutet, da es keine nennenswerten Eroberungen in der Region gab, das man das Lager nicht weiter befestigte und später sogar komplett wieder verlies.
Das Lager wurde von zwei Spitzgräben gesichert
Nach den Entdeckungen durch die Luftbildarchäologie wurden zunächst magnetische Prospektionen auf der Oberfläche des Bodens durchgeführt. Hierbei wird das Messinstrument auf einem Wagen befestigt, der nur aus Holz oder Kunststoff bestehen darf, der dann über das Gebiet gezogen wird. Die magnetischen Störungen im Boden zeigen dann auf, das es bauliche Veränderungen im Boden gibt. Das Lager wurde von zwei Spitzgräben sowie von einer zirka 3 Meter hohen und ebenso breiten Holz-Erde-Mauer gesichert. In gleichmäßigen Abständen befanden sich Türme, um die Umwehrung zu stärken und schneller auf heranrückende Feinde aufmerksam zu werden. Von den üblicherweise angelegten 4 Toren des Lagers konnten die Standorte des Südtors und des Nordosttores gefunden werden. Beide Tore hatten jeweils eine Breite von zirka 20 Metern und waren besonders befestigt.
Von Mainz aus 278 km über den Wasserweg zum Kapellenberg
Das Lager war für zwei Legionen mit ca. 12000 Mann Besatzung ausgelegt. Die Anlage befand sich in einem weit fortgeschrittenen Ausbauzustand oder war bereits fertig gestellt, wahrscheinlich war sie jedoch nie, oder nur für kurze Zeit vollständig belegt. Dies würde die Fundarmut in den Abfallgruben und auf dem gesamten Areal begründen. Das Lager bei Marktbreit war verkehrsgeographisch sehr günstig an einer natürlichen Wasserstraße, dem Main, in West-Ost-Richtung gelegen. Wasserwege waren in der Römerzeit die günstigsten Transportwege, um größere Gütermengen zu befördern, die zur Versorgung der Legion zwingend notwendig waren. Somit war die Wasserverbindung zum Rhein für die Römer von entscheidender Bedeutung. Per Schiff konnten militärischer Nachschub sowie Getreide, Amphoren, Eisenwerkzeug, Nägel usw. herangeschafft werden. Diese Versorgungsgüter mussten von Mainz aus 278 km über den Wasserweg zum Kapellenberg gebracht werden. Die Luftlinie beträgt zwar nur ca. 140 km, dennoch war der Weg auf dem Wasser einfacher zurück zulegen (entnommen huthofer.com).
Unterwerfung Galliens unter Caesar
Eine architektonische Besonderheit ist ein axial auf die Principia (Stabsgebäude) bezogenes und mit diesen verbundenes Prätorium (Kommandantenwohnung). Ein solcher zentraler Stabsbau findet sich analog im Römerlager Haltern. Wie schon der unregelmäßige Grundriss und die Gestaltung der Torbereiche sichert diese Einzelheit die Datierung in augusteische Zeit, sechs Münzen und ein Terra Sigillata-Stempel genauer auf die Jahre 5 bis 9 n. Chr. Darüber hinaus konnten Mannschaftsunterkünfte (contubernia), Umwehrung und Toranlagen untersucht werden.
Als Gegner des Römischen Reiches, welches sich nach der Unterwerfung Galliens unter Caesar bis an die Rheinlinie ausgedehnt hatte, sind für den Zeitraum des Bestehens des Marktbreiter Stützpunktes die Sugambrer, die Usipeter-Trenkterer, die Cherusker, die Sueben sowie die Chatten bekannt. Die Offensiven rechts des Rheins zwischen Nordsee und Alpen könnten sich auch gegen konkrete Gegner im Inneren Germaniens gerichtet haben, die Stoßrichtungen folgten der Logik des Krieges. Ob der Vorstoß entlang des Maines eine strategische Parallele zur Bewegung entlang der Lippe ist, kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden.
Stammbelegschaft zur Sicherung von Aufmarsch und Versorgung
Das Lager Marktbreit passt genau in dieses Szenario, vielleicht nicht so sehr als Durchgangslager mit einer kleinen Stammbelegschaft zur Sicherung von Aufmarsch und Versorgung während des Feldzugs, sondern angesichts der Größe und der repräsentativen Gebäude als geplantes Zentrum nach einer großflächigen Eroberung.
Dazu ist es nicht gekommen, was die extreme Fundarmut erklärt. Ob der Ausbau jemals vollständig abgeschlossen war, ist noch nicht geklärt, die großen Gebäude haben aber sicherlich Eindruck auf die Bewohner der Gegend gemacht.
Jedenfalls wurde nach dem Abbruch des Feldzuges die Befestigung als nicht mehr benötigt durch Brand niedergelegt (entnommen huthofer.com).
Die recht anschaulich gefertigten sieben Schautafeln entlang des Wanderwegs erlauben einen tiefen Einblick in die römische Geschichte hier auf dem Marktbreiter Kapellenberg, der durch die im Museum Malerwinkelhaus untergebrachte Ausstellung der Fundstücke im Rahmen einer Dauerausstellung zum Leben und Wirken der Legionäre im Römerlager gut ergänzt wird.
Wenn Sie Ihr Wissen hinsichtlich der Römer in dieser Region weiter vertiefen möchten, empfehlen wir auch den Besuch des Fränkischen Freilandmuseums in Bad Windsheim. Im dortigen Museum gibt es zahlreiche weitere Skizzen und Modelle des Römerlagers bei Marktbreit. Wir werden auch über das Fränkische Freilandmuseum noch berichten.
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Viele praktische Tipps zu Kirchen und Palästen, zu Weinstuben und Winzern, zu Familienhotels und Landgasthöfen hat Hans-Peter Siebenhaar in seinen Reiseführer gepackt. Leben wie Gott in Mainfranken!
Hans-Peter Siebenhaar - Michael Müller Verlag, 336 Seiten, farbig, 137 Fotos, 44 Detailkarten, ISBN 978-3-95654-369-2, 6. Auflage 2020