Das Museum der Fotografie: Eine Revision

Eine Revision

Seit Jahrzehnten geistert ein Phantom durch die Podien, Zeitschriften und Feuilletons: das Museum der Fotografie. Man brauche es, sagen die einen, „wirklich?“ erwidern die anderen. Der Chemiker und leidenschaftliche Sammler Erich Stenger (1878–1957) betrachtete Fotografien nie als Kunst, sondern als Belege einer Technik.

Seine Vision ihrer Präsentation war aber eine museale. Schon früh plädierte er für ein (Technik-)Museum der Fotografie, für das er sammelte und auch einen Ordnungsplan entwarf. Als einer der ersten trug er zusammen: Landschaftsfotografien des 19. Jahrhunderts, Portraits, Fliegerfotografien aus dem Ersten Weltkrieg, als Schmuckstücke eingefasste Bildnisse, preisgekrönte Tierbilder der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Karikaturen auf die Fotografie und etliches mehr. So wie Stenger als Naturwissenschaftler Daten sammelte und in Tabellen oder Diagramme übertrug, so sortierte es auch alles, was mit Fotografie zusammenhängt. Etwa hundert Anwendungsgebiete unterschied er: von der Architekturfotografie zur Zauberfotografie. Sein Museum sollte eine Enzyklopädie der Fotografie werden – da war er ganz ein Mann des 19. Jahrhunderts. Gezeigt hat er seine Sammlung in den großen Fotoausstellungen seiner Zeit, auch auf der „Pressa“ in Köln 1928.
Heute ist dieses „Museum im Museum“ Teil der Sammlung Agfa und damit ein wichtiger Bestand der Fotografischen Sammlung des Museum Ludwig, eines Kunstmuseums also.

Wie aber in einem Kunstmuseum mit dieser Sammlung umgehen? Unter verschiedenen Aspekten sind Teile einzelne Werke und Konvolute schon seit dem frühen 20. Jahrhundert zu sehen gewesen. Im Museum Ludwig in den Ausstellungen „Facts“ (2006), „Silber und Salz“ (1988), „An den süßen Ufern Asiens“ (1989) und vielen anderen. Jetzt soll aber Stengers eigene Sammlungsidee in den Fokus gerückt und überdacht werden. Schließlich sind Museen und Archive heute Gegenstand hitziger Debatten und intensiver Selbstreflexion. Sie bilden und regulieren das kulturelle Gedächtnis. Sie nehmen Einfluss auf unsere Sicht der Vergangenheit und Gegenwart, Fotografie im Museum ganz besonders. Als die Sammlung Stenger 2005 zum nationalen Kulturgut erklärt wurde, wurde diese Funktion quasi amtlich. Grund genug, sie einer Revision zu unterziehen und zu untersuchen, was nach welchen Kriterien gesammelt wurde und wie man heute in einem Kunstmuseum mit diesen Objekten umgehen möchte.

Die Ausstellung umfasst ca. 250 Fotografien und Objekte.
Es erscheint ein Katalog im Kehrer Verlag: „Photographien führen wir nicht… Lebenserinnerungen des Sammlers Erich Stenger (1878–1957)“.
Die Ausstellung wird unterstützt von der Ernst von Siemens Kunststiftung, dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) und der Kunststiftung NRW.

Kuratorin: Miriam Halwani

Kontakt: Museum Ludwig
Anne Niermann / Leonie Pfennig
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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