YouTube-Sperre verstieß klar gegen Menschenrechte

Türkei: YouTube-Sperre verstieß klar gegen Menschenrechte

Auch wenn es sich "nur" um eine Entscheidung im Nachhinein handelt und der eine oder andere jetzt sagen mag "Schnee von gestern", immerhin wird durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte die wirkliche Ausrichtung der türkischen Regierung hinsichtlich der Presse- und Meinungsfreiheit offiziell erkennbar, auch wenn viele Politiker im Westen es immer noch nicht wahr haben wollen:

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die jahrelange Sperrung von YouTube durch türkische Behörden für rechtswidrig erklärt. Es ist allerdings kaum zu erwarten, das sich damit hinsichtlich der katastrophalen Lage hinsichtlich der Medien- und Pressefreiheit in der Türkei etwas verändert, denn dies ist nur durch massiven Druck von außen, sprich von Europa, möglich.

Vom Mai 2008 bis Oktober 2010 war in der Türkei der Zugang zu den YouTube Kanälen vollständig gesperrt. Einer der Gründe hierfür waren Videos, die nach Ansicht der Regierung das Andenken an den Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk verletzten. Aber auch das Thema Verunglimpfung des Türkentums wurde zur Begründung angeführt. Interessanterweise kamen allerdings besonders aus hohen Regierungskreisen besondere schwere Verunglimpfungen in eben dieser Richtung, in denen beispielsweise Atatürk als "Säufer" dargestellt wird.

Die Richter und Richterinnen sahen in der Sperrung der YouTube Kanäle eine Verletzung der Meinungsfreiheit, wie sie in Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention niedergeschrieben ist. Die Kläger, drei Juraprofessoren aus der Türkei, hätten glaubwürdig nachweisen können, dass ihr Recht auf Informationsfreiheit durch die jahrelange Sperrung verletzt worden sei. Bei der Videoplattform handele es sich um eine bedeutende Informationsquelle für politische und soziale Themen, die in den herkömmlichen Medien nicht "vorkommen" würden (aufgrund Zensur?). Alle drei waren zunächst erfolglos vor türkische Gerichte gezogen, was nach den Geschehnissen der letzten Jahren auch nicht wirklich verwundert, um dann der höchsten europäischen Instanz ihre Beschwerden vorzutragen.

Neben den Verhaftungen namhafter Journalisten großer Pressehäuser gibt es Repressalien der unterschiedlichsten Art, die sich gegen die Medien- und Pressefreiheit in der Türkei richten. Auch die Blockade von Webseiten gehört fast schon zur Tagesordnung, wobei sich manchmal Journalisten noch "glücklich" schätzen können, wenn sie "nur" wegen Beleidigung vor die Gerichte zitiert werden. Gerade die jüngsten Fälle zeigen, das es auch immer wieder Versuche gibt, Journalisten, die doch ihren Aufgaben zur Offenlegung von Missständen nachgehen, mit Terrorismusanhängern gleichzusetzen, was mit drastischen Gefängnisstrafen einher geht. Ist der Weg der vorsichtigen Meinungsäußerung an dieser Stelle noch sinnvoll?

Nach der Urteilsverkündung sahen die türkischen Juraprofessoren das Urteil als einen wichtigen Meilenstein im Kampf gegen Internetzensur und für Meinungsfreiheit an. Eine deutliche Kritik seitens der Richter am türkischen Gesetz Nr. 5651 wäre allerdings wünschenswert gewesen, so zumindest Äußerungen der drei gegenüber dem Internet Policy Review.

In kaum einem der so genannten demokratischen Länder der Welt steht die Presse- und Meinungsfreiheit so zweifelhaft da wie in der Türkei. Gerade erst sind zwei Redakteure der Tageszeitung Cumhuriyet aufgrund ihrer Recherchearbeit hinsichtlich von Waffenlieferungen an Terroristen unter dem Vorwurf der Zugehörigkeit zu Terroristischen Vereinigungen verhaftet worden. Der Weg zurück zur Rechtsstaatlichkeit und damit zur Demokratie wird ein langer Weg werden.

Geschichte

Kultur

Leben | Outdoor