Verkehrsprivilegien für türkische Abgeordnete?

Langsam und in kleinen Schritten hatten sich zumindest die Mehrzahl der türkischen Autofahrer an bestimmte Regeln im Straßenverkehr gewöhnt, halten tatsächlich vor roten Ampeln und beachteten die Höchstgeschwindigkeiten.

Zusammen mit der eingeführten TÜV-Prüfung für alle KFZ waren große Schritte in Richtung Sicherheit auf türkischen Straßen erfolgt. Dabei sind längst noch keine Standards erreicht, die aus Europa bekannt sind: so werden Fußgänger in der Regel kaum beachtet, ein Überqueren der Straße selbst auf extra markierten Übergängen ist teilweise lebensgefährlich, wenn man sich darauf verlässt, das der Fahrer des PKW oder LKW anhält.

Es ist also ein absolut falsches Zeichen der Politik, wenn jetzt Politiker für sich selbst Sonderregeln einführen, die das straffreie Überqueren roter Ampeln oder die Missachtung der Höchstgeschwindigkeit ermöglichen. In wirklich ungewöhnlicher Eintracht aller vier Parteien im türkischen Parlament hat man sich auf diese Verkehrsprivilegien für Politiker geeinigt. Die zwangsläufige Folge wird sein, dass der türkische Fahrer für sich im Unterbewusstsein gleiches Recht in Anspruch nehmen wird und die gerade erst gewonnene Sicherheit auf den Straßen wird sich wieder rapide vermindert. Verkehrsregeln müssen für alle gleich gelten, ausgenommen sind immer Einsatzfahrten von Polizei, Krankenwagen und Feuerwehr. Keiner kann für sich die Ausrede gegenüber der Polizei in Anspruch nehmen, dass er dringend zur Arbeit musste, wenn er bei Rot über die Ampel oder mit zu hoher Geschwindigkeit gefahren ist. Jeder wird, zu Recht sagen, fahre einfach früher los. Plane die Zeiten so, dass sie einhaltbar sind.

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Zu Recht wird in den Zeitungen, in den sozialen Medien und bei Verbänden scharfe Kritik an der Neuregelung geübt, da sie als Sonderrecht für Politiker gewertet wird, das noch dazu ein falsches Signal an die Öffentlichkeit sendet. Man würde sich hier wünschen, dass mit mehr Umsicht die Vorbildfunktion der Politiker eingesetzt werden würde, noch bestehende Missstände auszumerzen anstatt Neue zu produzieren. So könnten Politiker verstärkt an Zebrastreifen auf die Rechte der Fußgänger hinweisen, die Polizei könnte es ebenso tun. So könnte man dafür sorgen, dass Ampeln verkehrsgerecht geschaltet werden und nur bei echtem Bedarf den fließenden Verkehr stoppen, was recht einfach über Induktionsschleifen in der Fahrbahn regelbar wäre. Für eine, wenn auch kleine Gruppe von Personen Privilegien einzuführen, ist der falsche Weg, wenn noch viele weitere Schritte in Richtung Verkehrssicherheit im Argen liegen.

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